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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Gesicht, und seine großen Flügel schlugen langsamer. Als sich das Schiffsdeck noch tiefer neigte, sprangen ihm die hungrigen Wellen entgegen. Rings um die beiden, den Dämon und den Engel, tobten die wütenden Winde. Unter ihnen fiel ein Seemann über Bord und ertrank.
    »Enepsigos?« Belphagor blickte bestürzt. »Aber was sage ich der bloß?«
    »Sag ihr, daß du zu dumm warst, dich von dem Zauberbann zu befreien, und warte ab, was geschieht«, erwiderte Hadriel, dessen Atem stoßweise ging.
    »Aber… aber… sein Haus ? Ich muß mich ja mit Ahnenforschung beschäftigen. Die vermehren sich doch wie die Ratten, diese Menschenwesen. Wer soll da noch mitkommen.« Hadriel schien es, als ob das Gewicht des Dämons nicht mehr so drückte. Das Schiff richtete sich wieder auf.
    »Fang an zu studieren. Keine Besuche mehr, bis du dich schlau gemacht hast.« Der Regen ließ nach, und der Donner rollte wieder in der Ferne.
    »Ich kann nicht lesen, Hadriel. Du mußt mir helfen.« Allmählich beruhigten sich die Wellen.
    »Dir helfen? Warum? Ich bin der Engel der Künste, nicht der Schutzengel der Dämonen. Außerdem hast du mich Federvieh genannt. Nein, Belphagor, das mußt du schon selber machen.«
    »Aber wo soll ich anfangen? Wie stelle ich das an?«
    »Laß von diesen Schiffen ab, Belphagor. Du mußt nach Paris reisen. Vielleicht einen hübschen Ausflug an die Loire machen und ein paar Klöster aufsuchen – französische Wappenkunde ist nämlich schwierig. Diese vielen Wappenfelder.« Die dicken Wolken begannen sich zu lichten. Die Schiffe hatten sich jetzt auf dem ganzen Ärmelkanal verteilt, nur drei befanden sich noch in Sichtweite des Flaggschiffs. Die verschwommene graue Linie vor ihnen am Horizont wurde höher und höher und erwies sich als der gezackte Umriß felsiger Klippen. Frankreich – und Sicherheit. Die Galeonen krängten gefährlich auf der wütenden See, und der anhaltende, böige Wind trieb sie immer weiter vom Ziel fort. Der Admiral zog die Signalflagge hoch, um seine Schiffe zu sammeln, und von Schiff zu Schiff klang Trompetenschall über den tödlich grauen Ozean und verhallte in der Leere.

    Vom Geschützdeck aus konnte man überhaupt nichts sehen, außer festgezurrten Kanonen und lauter Seekranken, weil das Schiff so rollte. Alle Passagiere weinten und beteten, und sogar die Pferde unten im Bauch gaben gräßliche Laute von sich. Fünfhundert Menschen hatte man in dieses Schiff gepfercht, und so gab es fast nichts, woran man sich festhalten konnte, und als das Schiff sich erst zur einen Seite neigte und dann zur anderen, wurden Nan und ich ziemlich durchgeschüttelt. Dann legte sich das Schiff so auf die Seite, daß wir Wasser durch die Löcher kommen sahen, wo eigentlich die Geschütze durchgeschoben wurden. Da betete ich und betete und zählte all meine Sünden auf und sagte, alles täte mir ja so leid, sogar daß ich häßlich zu Master Ashford gewesen war, obschon der es nicht besser verdient hatte. Aber es fiel mir schwer, beim Beten nicht an mich zu denken, denn es war gar zu schrecklich, in diesem beengten, dunklen Raum inmitten lauter krallender und klammernder Menschen zu ertrinken, die die Luken aufreißen wollten, doch die waren gut verschlossen, damit kein Wasser eindringen konnte.
    Aber dann hörten wir ein Knirschen und mächtiges Gefluche, das Schiff bewegte sich nicht mehr, und die Kanoniere sagten, wir wären auf Grund gelaufen. Das Schiff lag irgendwie schräg, doch wenigstens krängte es nicht mehr, daß alle seekrank wurden. Dann hörte ich oben viel Gerassel und Geklapper, Schritte und Stimmen, und da lugten Nan und ich aus einem der kleinen Löcher für die Kanonen, und siehe da, man ließ Boote zu Wasser, die sollten die Prinzessin und ihr Gefolge an Land bringen. Zunächst schickten sie Ritter vor, doch die Wellen gingen sehr hoch, und sie mußten tüchtig rudern, um mit den kleinen Booten an Land zu kommen, und dort mußten sie herausspringen und ans Ufer waten. Dann holten sie die Prinzessin und ihre Damen und Mutter Guildford, und alle zusammen waren nicht gerade wenig, und da kam eine große Welle und spritzte alle naß. Und jeder mußte durch das kalte Wasser ans Ufer waten, nur die Prinzessin nicht, die wurde von einem ihrer Ritter an den Strand getragen.
    »Ha, damit wird der sich verdient gemacht haben«, meinte Nan, die, was Ritterlichkeit angeht, eine Zynikerin ist und sagt, im Grunde genommen geht alles nur ums Geld.
    »Nan, er ist ihr treu ergeben. Es steht in

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