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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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sie an Bord willkommen.

    Hoch oben in der Takelage der »Henri, Grace à Dieu‹ saß eine wunderschöne durchscheinende Gestalt in wehendem, farbenfreudig getüpfeltem Gewand und mit unsäglich häßlichen Schuhen. Unsichtbar für das gewöhnliche menschliche Auge reckte Hadriel die schillernden Flügel in den blauen Himmel und ließ sich genüßlich die Federn von der lebhaften kühlen Meeresbrise sträuben. Die Segel der ›Great Harry‹ waren mit Löwen und der Tudor-Rose bemalt, und ihre Leinenstander waren durch bestickte Seide ersetzt worden. Tief unter dem Sitz des fröhlichen Engels hob und senkte sich das Deck der Galeone in der ungestümen Dünung. Rings um das Schiff tüpfelte die Brautflotte mit geblähten weißen Segeln und flatternden Standern das graue Meer und die Schaumkronen wie junge Gänse, die hinter der Mutter herschwimmen. Hadriel freute sich so an dem Anblick, daß er zu singen begann, doch niemand dort unten hörte ihn. Der Wind fährt so eigenartig durch die Takelage, dachten alle.
    Am Himmel sammelten sich graue Wolken, und Hadriel hörte auf zu singen und blickte besorgt auf, als ihm ein Regentropfen auf die Nase fiel. Ungeduldig schüttelte er den Lockenkopf in Richtung der dunklen Wolken, und sie zogen weiter, um sich an anderer Stelle erneut zu sammeln. Dieses Mal drohte er ihnen mit der zarten, blassen Hand, und wieder riß der Wind sie auf. Die Seeleute unten blickten ungeduldig zum Himmel hinauf, und der Admiral des Flaggschiffs, der zu Ehren seines königlichen Passagiers noch immer seine Paradeuniform aus grünem und weißem Damast trug, erteilte Befehle, und sie flitzten davon. Wieder sammelten sich die mittlerweile schwarzen Wolken, und in der Ferne grollte der Donner.
    »Sofort aufhören«, rief Hadriel, faltete die Flügel und blickte empört hoch. »Belphagor, ich weiß, daß du da bist. Glaubst du etwa, ich hätte nicht gemerkt, daß du mich verfolgst? Hör auf, Wolken zu blasen. Seit diese Dummköpfe dich aus dem Kasten befreit haben, bist du einfach unausstehlich.«
    »Steck deine lächerliche kleine Nase nicht in meine Dinge«, knurrte eine übellaunige Stimme. »Flattere nach Haus, du Hymnen singender Schmeichler. Hier bist du nicht erwünscht.« Eine rauchige grünliche Gestalt wurde erkennbar, sie kauerte auf der Rahnock unter Hadriels Hochsitz – Belphagor, der Dämon, mit roten Augen, langer Nase und Wabbelbauch.
    »Hübsch hast du dich ausstaffiert, Belphagor. Dein kleines Pelzding da bringt das Grün gut zur Geltung. Aber findest du den Ton nicht ein wenig passé ? Ich meine, diese Galle-und-Senf-Farbe. Salatgrün wäre viel kleidsamer.«
    »Das ist mein Ziegenschwanz, du Hirnloser. Du weißt, daß ich keine Kleider trage. Das ist meine eigene Farbe. Unsereins ist nicht so eitel wie ihr himmlischen Heerscharen. Und du, du kannst ja kaum reden, mit den häßlichen Dingern an deinen Füßen.«
    Hadriel streckte die Füße aus, wackelte mit ihnen und bewunderte seine Schuhe. »Sie sind ein Geschenk, Belphagor. In zehntausend Jahren hat mir noch niemand ein Geschenk gemacht. Ich gebe und gebe, aber selber bekomme ich nichts. Mir gefallen sie. Hat dir schon einmal jemand etwas geschenkt?«
    »Du Kindskopf. Mir bringt man immerzu Opfergaben.«
    »Die Opfergaben bekommst du, damit du etwas tust. Das sind keine Geschenke ohne Hintergedanken. Und obendrein sind deine Opfergaben ziemlich geschmacklos. Was war das noch, als du letztens nicht widerstehen konntest? Ein toter schwarzer Hahn, wenn ich mich recht entsinne. Und dafür haben dich die Tempelritter dann eingesperrt. Billig, Belphagor, du hast dich billig verkauft. Aber diese hübschen Schuhe hier –«
    »Der war auch ein Geschenk. Er war ein Geschenk, weil… weil… weil sie mich nur um etwas gebeten haben, was ich ohnedies tun wollte. Und so was zählt nicht.«
    »Zerstörung säen und Vergeltung üben, meinst du? Dazu braucht man einen hellen Kopf, Belphagor, und als ich das letzte Mal hingeschaut habe, war nicht viel davon zu merken.«
    »Ich habe aber einen hellen Kopf. Und gerade in diesem Augenblick säe ich Zerstörung und übe Vergeltung. Ich werde diese Schiffe allesamt versenken. Ich hasse Hochzeiten. Nie werde ich dazu eingeladen.«
    »Und was würdest du tun, wenn man dich einlüde?«
    »Zerstörung säen und Vergeltung üben.«
    »Genau. Und deshalb wirst du auch nie eingeladen, du Trottel.« Da sich Belphagor auf die Unterhaltung konzentrierte, legte sich der Wind. Er erschrak, sah sich um und

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