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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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hat von einem Edelmann gehört, daß eine gewisse Frau etwas Böses getan hat, und dann von einem anderen, daß er ihr vertraut und der festen Überzeugung ist, daß sie nichts dergleichen getan hat. Was meint Ihr dazu, ist die Frau schuldig oder nicht?«
    »Das würde davon abhängen, was sie getan hat und was die geheimen Absichten des fraglichen Edelmanns waren.«
    »Einer liebt sie.«
    »Dann würde ich ihm nicht trauen.«
    »Der andere ist ein Intrigant, möglicherweise sogar ein Mörder.«
    »Dann würde ich ihm genausowenig trauen. Angenommen, er hat insgeheim versucht, sie zu verführen, und als sie ihn abwies, hat er aus Rache das häßliche Gerücht ausgestreut?«
    »Möglich wäre es.«
    »Dann gibt es nur einen Weg, die Wahrheit herauszufinden. Ihr müßt die Frau selber befragen.«
    »Und wenn sie lügt? Aber wenn sie unschuldig ist… ich bin zu grausam gewesen, ich habe keine Antwort verdient.«
    »Und jetzt sage ich Euch etwas als Frau, Master Ashford. Mag sein, Ihr habt ihre Freundschaft verwirkt, aber sie wird sich trotzdem freuen, wenn Ihr Manns genug seid, diesen Flecken auf ihrer Ehre zu löschen.«
    »Oh… die Rede ist nicht von mir… ich habe nur ganz allgemein gesprochen, mehr nicht…«
    »Ach, und ich rede auch nicht von Euch«, sagte sie, legte sich das feuchte Tuch über den Arm und stocherte mit dem Schürhaken in der Aschenglut vom Feuer des vergangenen Abends herum. »Ich habe auch nur ganz allgemein gesprochen.« Sie drehte sich um und blickte ihn an. »Und als Frau muß ich sagen, Ihr seid so ungefähr der schlimmste allgemeine Fall, der mir jemals untergekommen ist. Wenn Ihr sie so gern habt, dann solltet Ihr Euch lieber entschuldigen und Euren Fehler wiedergutmachen, falls Ihr die Geschichte verbreitet habt. Ich meine, allgemein gesprochen und nach Ansicht dieser allgemeinen weiblichen Person.«

    Der heftige Regen hatte den Turnierplatz in aufgewühlten Schlamm verwandelt und die farbenfreudigen Zelte und die buntbemalten Tribünen durchnäßt. Doch zu guter Letzt war die Sonne wieder einmal durch die dicken Novemberwolken gedrungen, man hatte die Fahnen entfaltet, und die Tribünen füllten sich mit der Creme des französischen Hofes. Auf dem Ehrenplatz lag der König in einer Sänfte, neben sich seine schöne neue Königin. Die toten Pferde und toten Ritter aus den Begegnungen der vergangenen Tage hatte man ohne weitere Umstände fortgeschleift, denn dort, wo sie herkamen, warteten noch Hunderte, und Sterben brachte keine Ehre ein, sondern nur rasche Beseitigung. Was für ein Jammer, konnte man auf den Tribünen murmeln hören, daß die Engländer führten. Das lag vornehmlich am Duc de Suffoke, der fünfzehn Stechen siegreich bestanden, Lanzen zersplittert, Gegner vom Pferd geworfen und den Platz mit toten und verwundeten französischen Herausforderern übersät hatte. Es war beinahe schon ungerecht, daß ausgerechnet er, der so ungehobelt in der Konversation bei Tisch war und nicht einmal ein Gedicht auf eine Dame machen konnte, so viele Siege über Männer aus besserer Familie und von größerer Ritterlichkeit erringen konnte. Irgendwie ging das nicht mit rechten Dingen zu. Die Engländer mogelten. Und habt ihr gesehen, wie er vor der Königin Kratzfüße gemacht und sich aufgeblasen hat, so als ob er ihre Ehre verteidigte, wo er doch nur den Ruhm ihres jetzigen Volkes untergrub? Und die Königin klatschte, wenn er siegte. Jedermann konnte ihr an den Augen ablesen, daß sie den Siegeszug ihrer Landsleute mit ungebührlicher Begeisterung verfolgte.
    Unsichtbar für das menschliche Auge, zappelte ein halbes Dutzend kleiner Engel auf dem Baldachin herum, der die Königlichen Hoheiten Frankreichs schützte.
    »Wo ist Hadriel?« fragte eines der kleinen Wesen und schüttelte die blonden Locken.
    »Der kümmert sich wieder um den Laden. Auf wen setzt ihr?« fragte das mit den dunklen Augen und strich sich die schillernden Federn seiner Flügel glatt.
    »Dieses Mal auf die Franzosen. Ich setze drei.«
    »Was, nur drei? Ich setze fünf auf die Engländer.«
    »Fünf? Eine Menge guter Werke für einen einzigen Tag, vor allem seit Hadriel nur noch Arbeit, Arbeit, Arbeit kennt! Woher willst du die Zeit nehmen?«
    »Ich habe mehr als genug Zeit. Denn du tust die Arbeit, weil ich wette, daß die Engländer gewinnen.«
    »Und ich setze auf die Franzosen. Sie sind so schrecklich wütend. Und sie haben einen Plan ausgeheckt. Du wirst schon noch sehen.«
    »Es wird nicht gemogelt. Hadriel

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