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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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schillernden Flügel blitzten auf, und schon war er fort.
    Susanna blickte Tom mit etwas schlechtem Gewissen nach. Ohne es zu wollen, war sie grausam gewesen. Gern wäre sie ihm nachgelaufen und hätte ihm gesagt, daß es ihr leid täte, aber sie wußte, damit machte sie alles nur noch schlimmer. Vor ihm konnte sie nicht verbergen, wie es um ihre Gefühle stand, und die galten nicht ihm. Robert Ashford. Er lebte. Es ist mir bestimmt, ihn wiederzusehen, dachte sie. Es hat so kommen sollen. Doch dann dachte sie, was ist, wenn ich mich irre? Was ist, wenn er nichts für mich empfindet? Was ist, wenn er mich haßt? Oder schlimmer noch, wenn ich ihn langweile? Was ist, wenn ich ihn bei unserem Wiedersehen gar nicht mehr mag? Was ist, wenn er niemals kommt? In ihrem Herzen herrschte Aufruhr, als sie durch den Morast nach Les Tournelles zurückstapfte, wo sie und Nan ihr Kleid auswaschen konnten. Auf einmal hatte das Turnier für sie seinen ganzen Reiz verloren.
    »Nan, was meinst du, können wir nach Calais reisen?«
    »Unfug, Susanna, du wirst von Tag zu Tag unbesonnener. Halte du dich an deine Arbeit, und was geschehen soll, geschieht.«
    Der Cherub entdeckte den französischen Pagen am Eingang zu dem prächtigsten Zelt und folgte ihm.
    »Was ist das?« sagte der Herzog von Suffolk. »Herzog Franz bittet mich, für ihn einzuspringen? Bei Gott, der Mann ist eine Memme. Wegen so eines Fingers würde nur eine Dame Theater machen.« Die Ritter um ihn lachten. Doch dann wurde Suffolks Miene ernst. Sein bestes Pferd lahmte, und dasjenige, das sein Ersatzpferd hätte sein sollen, hatte sich an dem französischen Getreide den Magen verdorben. Er brauchte ein frisches Pferd, und es mußte ein gutes sein.
    Gerade wollte er Dorset fragen, als eine glockenhelle Kinderstimme unmittelbar über seinem Ohr zu sagen schien: »Sucht draußen, Mylord, und nehmt Eure Börse mit.« Er spürte etwas wie eine Fliege an seiner Schulter und wollte sie verjagen, doch da war nichts.
    »Kommt einen Augenblick nach draußen, Mylord Dorset, mir ist da eine Idee gekommen«, sagte der Herzog von Suffolk. Als er mit großen Schritten inmitten seiner Gefolgsleute das Zelt verließ, erblickte er zwei groteske Reiter, die so prächtig beritten waren, daß sie geradezu lächerlich wirkten. Einer von beiden war so fett, daß er jedes Pferd, außer es war den Roßharnisch gewohnt, in die Knie gezwungen hätte. Der andere hockte zusammengesunken auf seinem Tier, seine Steigbügel waren zu kurz, und seine Zügel baumelten, als hätte er noch nie zu Pferd gesessen. Doch sein Reittier, ein großer Rappe mit glänzendem Fell, war so temperamentvoll, daß er Feuer zu speien schien, und wirkte dennoch lammfromm. Vollkommene Pferde mit bläulich-schwarzem Schimmer, die größten, die er seiner Lebtage erblickt hatte. Pferde, die einen wahren Krieger zum Sieg tragen würden. Rasch sagte der Herzog zu einem seiner Ritter: »Seht Ihr dort? Geht und bittet die Ritter, sich zu uns zu bemühen. Ich möchte eines oder beide Pferde kaufen.«
    Septimus Crouch genoß die Aufmerksamkeit, die man ihm zollte. Nachdem ihn einige der Gefolgsleute des Herzogs mit viel Mühe aus dem Sattel gewuchtet hatten, benahm er sich höchst affektiert. »Mylord, ich kann diese Pferde nicht verkaufen, nicht einmal für Englands Ehre. Sie gehören nicht mir, sondern meinem Begleiter, dem wohledlen fremdländischen Fürsten Belfagoro.« Crouch war blitzschnell aufgegangen, daß ein Kerl wie Suffolk die Namen wohl aller großen englischen oder französischen Adelshäuser kannte.
    »Belfagoro? Was für ein Name ist das?« fragte einer der Männer, die ihm vom Pferd geholfen hatten.
    »Ach – ach, italienisch. Belfagoro ist in seiner Heimat ein mächtiger Fürst.« Belphagor verneigte sich ein wenig. Der Herzog verneigte sich auch ein wenig.
    »Und welches Land ist das?« fragte Suffolk, der es hinsichtlich Rangordnung sehr genau nahm.
    »Ach, ei, ja, hm, Tartaros. Er ist Erzherzog.«
    »Tartaros? Nie gehört.«
    »Ah ja, einer der kleinsten italienischen Staaten. In den… hm, Bergen, sehr abgelegen. Der Erzherzog ist im Kriege unbesiegt, aber er… hmm, konzentriert sich dieser Tage mehr auf die Pferdezucht.« Belphagor genoß das alles sehr. Früher wäre er fünfzig Fuß hochgeschossen und hätte Feuer gespien, um den Mann einzuschüchtern, doch da er inzwischen kultiviert war, genoß er das Spielchen um Rangordnung. Inzwischen prüfte der Stallmeister des Herzogs die beiden Rösser, die ein

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