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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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herzoglicher Page hielt. Erstaunliche Geschöpfe. Ihre Hufe wirkten wie aus massivem Stahl statt aus Horn und hatten keine weiche Stelle in der Mitte. Ihre Nüstern schienen in einem milden, leicht orangefarbenen Rot zu glühen, so als würden sie von einem inneren Feuerofen geschürt.
    »Warum sollte ich den Engländern siegen helfen, wo ich doch keiner Seite den Vorzug gebe?« fragte Belphagor den Ritter, der ihm das Angebot des Herzogs unterbreitet hatte.
    »Weil, wohledler Lord Belfagoro, unser Herr, der Herzog, auf dem Turnierplatz unbesiegt ist. Jetzt nutzen die Franzosen seine Ritterlichkeit aus und wollen ihn betrügen, sie wissen nämlich, daß seine Pferde nicht mehr mitmachen, und hoffen auf einen Sieg. Wenn Ihr uns also diese Pferde verkauft, könnt Ihr im französischen Lager hohe Wetten abschließen, die Gauner begaunern und obendrein eine hohe Summe kassieren.«
    Die Unterteufel grummelten sich etwas in ihrer eigenen Sprache zu, und der Junge, der sie hielt, spürte, daß ihm die Haare zu Berge standen.
    »Aha. Ein zweifacher Betrug und Reichtum obendrein. Abgemacht«, sagte Belphagor und nickte zustimmend. »Aber die Pferde sind nicht verkäuflich. Sie gehören sich selber. Ich kann Euch jedoch ihre Dienste für die Dauer des Stechens anbieten. Dafür erwarte ich allerdings eine anständige Bezahlung.«
    »Einhundert Pfund.«
    »Nichts zu machen.«
    »Und zwei Sitze auf der Tribüne.«
    »Wo auf der Tribüne?«
    »In der Mitte, wo die Damen sitzen.«
    »Nichts zu machen«, sagte Belphagor. »Ich bin keine Dame.«
    »Vor ihnen, neben den Prinzen von Geblüt.«
    »Darf ich, wohledler Lord Belfagoro, vorschlagen, daß Ihr dieses Angebot annehmt, da Euer Ansehen, wenn Ihr neben Prinzen von Geblüt sitzt, in den Augen anderer nur steigen kann.« Crouch, der dicht neben Belphagor stand, griff glattzüngig und diplomatisch ein.
    Belphagor nickte Crouch freundlich zu, doch dessen Miene zeigte blanken Abscheu. Wie merkwürdig, dachten einige der Gaffer. Einen so häßlichen Edelmann haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Seine Kniehose – viel zuviel Stoff; und seine Schuhe – groß wie Schleppkähne. Und was für merkwürdige Augen er hat, ganz eingesunken und rot unter den buschigen Brauen, und wie schrecklich behaart er ist! Weiß gepudert wie ein Hanswurst und – ist das möglich? Gar kein Hals. Gleichwohl, ein Mann, der solche Pferde besitzt, verdient Achtung, einerlei, wie er aussieht, selbst wenn er stellenweise verschwommen wirkt.
    »Fordert Ihr Schadenersatz, falls die Pferde dabei draufgehen?«
    »Die Pferde werden schon nicht draufgehen«, sagte Belphagor, und der Stallmeister nickte stumm. Nein, diese teuflischen Viecher nicht, dachte er.
    »Ich möchte sie gern ausprobieren«, sagte der Herzog.
    »Natürlich, Euer Durchlaucht«, stimmte Belphagor zu, und dann redete er leise mit den beiden Unterteufeln in ihrer eigenen Sprache. »Geht mit diesem Kerl. Macht ihm keine Scherereien. Verleiht ihm den Sieg. Ich, Belphagor der Große, verlange es von Euch.« Die Unterteufel knurrten, doch der vordere benahm sich lammfromm und ließ den albernen Sterblichen aufsitzen. Darauf ließ der Herzog ihn sämtliche Schritte ausführen: scharfe Kehren und Figuren, kurzer Rechts- und Linksgalopp, Anhalten in vollem Galopp. Erfreut probierte er die schwierigeren Manöver aus, die eine hervorragende Dressur erforderten: die Piaffe, die Levade und andere Figuren, die bei Paraden und im Krieg gebraucht wurden.
    »Vollkommen«, hauchte er. Das riesige schwarze Geschöpf unter ihm schwitzte nicht einmal von der Anstrengung.
    »Mylord, Euer Pferdeharnisch ist nicht groß genug«, sagte der Stallmeister.
    »Macht Euch deswegen keine Sorgen«, sagte Belphagor, »ich habe doch gesagt, die bringt nichts um.«
    Jäh erschauderte der Herzog, denn er war sehr abergläubisch. Um Himmels willen, auf was hatte er sich da eingelassen? Woher war ihm diese geheimnisvolle Eingebung gekommen? Was waren diese beiden großen schwarzen Wesen überhaupt? Pferde, schlicht und einfach Pferde, redete er sich ein und schüttelte die Stimmung ab, und siehe da, sie fraßen zufrieden Korn aus der Hand eines Stalljungen. Alles zu Ehren des Königs, unseres Herrn, redete er sich gut zu. Er würde nicht als Versager zu Heinrich VIII. zurückgekrochen kommen. Die Verhandlungen des Geheimvertrages kamen nur schleppend voran. Der alte König wollte Geld sehen, er schien verschlagen und wachsam zu sein. Mit seinem grauweißen Gesicht, dem

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