Die Suche nach dem Regenbogen
Schultern.
»Ich glaube nicht«, sagte der Haushofmeister.
»Ich glaube doch. Der Erzbischof hat einen sehr langen Arm. Und Ihr habt keine Ahnung, wie rachsüchtig er ist.«
Sie warfen sich noch einen Blick zu und hoben schon wieder die Schultern.
»Ein ausländischer Erzbischof, der sich um ein Künstlerhonorar kümmert? Das möchte ich bezweifeln«, sagte er.
»Die arme Herzogin Claude. Bei ihrer Ehrbarkeit würde es sie sehr betrüben, wenn sie erführe, daß ihr eigener Haushofmeister ein Spitzbube ist. Was meint Ihr, wie viele Illuminatoren und Gobelinmacher und Kaufleute wohl für mich eintreten würden, wenn es eine Untersuchung gäbe?«
»So bezahlt das ausländische Zankweib schon«, sagte der Lakai.
»Diese verfluchten Engländer. Je eher sie abziehen, desto besser«, hörte ich den Haushofmeister sagen, als ich mich auf die Suche nach Nan machte, denn ich wollte nach Haus.
»Nan«, sagte ich, während wir durch den Schneematsch zum Pont au Change stapften, »dieses Les Tournelles ist eine wahre Brutstätte von Feinden der Königin. Die würden alles darum geben, wenn sie Schande über sie bringen und beweisen könnten, daß ihr schmutziger Klatsch stimmt.«
»Das geht uns nichts an, Susanna. Die hohen Herrschaften sollen auf sich selber aufpassen, und wir kleinen Leute gehen ihnen besser aus dem Weg. Halte dich zurück, und lausche nicht mehr. Aber ich freue mich, daß du den widerlichen Kerl gezwungen hast, dein Honorar auszuspucken.«
Die Ärzte des Königs stritten sich an seinem Lager in Latein, und während sie disputierten, hielten sie ein Glasgefäß mit königlichem Urin in das Licht, das vom Fenster einfiel. Zu beiden Seiten seines Bettes scharten sich die Kammerherren grüppchenweise vor dem Arazzo und bemühten sich, die Sprachfetzen zusammenzuflicken, soweit sie diese verstanden.
»Sie sagen, noch eine Dosis Abführmittel, ich bin sicher, das war's.«
»Es ist der Urin. Ich glaube, sie haben gesagt, er hat einen Stein ausgeschieden.«
»Einen Stein. Von einem Stein kann man genesen.«
»Ich denke, sie haben Aderlaß gesagt.«
»Mit einem Aderlaß haben sie es bereits versucht.«
Die Ärzte in ihren langen Gewändern nickten gelehrt und redeten über Körperflüssigkeiten, die sich nicht im Gleichgewicht befanden, und was von einer Quecksilberarznei zu halten wäre, die man in solchen Fällen oft verschrieb.
Der König, um den sich alles drehte, durchlitt die Endphase eines Gichtanfalls. Man hatte die Decke über seinen Füßen und Beinen auf ein Gestell gebreitet, damit sie seine verzogenen unteren Gliedmaßen nicht berührte, doch er hatte sich die ganze Nacht gedreht und gewälzt und im Schüttelfrost gezittert. Die Ärzte hatten es mit Hitze versucht, dann mit Kälte. Am Ende hatten sie ihn wiederholt zur Ader gelassen, ihm bestimmte geweihte Medaillen aufgelegt und den Anfall mit einer Dosis Opium unter Kontrolle gebracht.
»Sagt, Duprat, hat sich meine Frau nach meinem Befinden erkundigt?«
»Nur die Anordnung der Ärzte konnte sie von Eurem Gemach fernhalten, Majestät.«
»Meine Angelegenheiten… es geht mir jetzt besser. Bringt mir meine ausländische Korrespondenz.«
»Euer Majestät«, sagte der Leibarzt entsetzt, »zur Genesung bedürft Ihr der unbedingten Bettruhe. Hört Ihr? Unbedingt. Und ganz leichtes Essen. Und ein geregelter Tagesablauf, wenn Ihr wieder auf den Beinen seid, Ruhe, keine Festlichkeiten. Die Anstrengung war zu groß, dieses späte Zubettgehen in den letzten Monaten, das Reisen…«
Der König quälte sich in eine sitzende Haltung. Sofort halfen ihm zwei seiner Kammerherrn und stützten seinen Kopf mit zusätzlichen Kissen ab. Über dem Bett schien ein widerlicher Geruch zu hängen. War das Schwefel? Die Herren jedoch fanden, es röche nach Krankheit oder Arznei.
Am Kopfende des Bettes hockte Belphagor und war ganz der alte, rauchig und zu durchsichtig, als daß man ihn hätte sehen können. Interessiert beugte er sich zum König hinunter und nahm die Szene in sich auf.
»Ruhe, Euer Majestät. Ihr braucht Ruhe, wenn Ihr gesund werden wollt«, sagte der erste Arzt.
»Ihr müßt die verpestete und rauchige Stadtluft meiden und zur Genesung nach Saint-Germain reisen«, sagte der zweite Arzt.
»Erkundigt Euch nach der Königin«, flüsterte Belphagor.
»Meine Frau, wie hat sie die Nacht verbracht?«
»Im Gebet, Majestät. Sie hat den ganzen Nachmittag mit Eurer Tochter Claude an dem Chorrock gestickt und ist am Abend in die Kapelle
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