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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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nur jemand Zugluft mit einem Geist verwechseln –, und die anderen Damen überboten sich mit Geistergeschichten und vergaßen mich völlig, und das war mein Glück. Ich wäre ja gegangen, aber ich mußte warten, weil ich bezahlt werden wollte. In diesem Augenblick wurde Herzog Franz gemeldet, und da war er auch schon, mit Bonnivet und Fleurange und anderen Freunden. Er kam wie in einer Gewitterwolke hereinstolziert, beugte sich über die Hand seiner Frau und sagte ihr Lebewohl, weil er in irgendwelchen Geschäften nach Blois wollte. Als er die Königin erblickte, warf er ihr einen Blick zu, als wäre sie eine intrigante Verräterin, und sie blickte erschrocken, als er seiner »Mutter«, das heißt der Königin, so überaus kalt Lebewohl wünschte, daß wiederum ich erschrak, wenn man bedachte, wie er letztens um sie herumscharwenzelt war. Aber Claude bekam gar nichts davon mit, sie war sehr gerührt über sein ritterliches Benehmen ihr gegenüber und redete noch davon, als er schon längst gegangen war.
    »Oh, Ihr seid ja noch immer da«, sagte sie nach einem Weilchen, als sie bemerkte, daß ich wartete. »Ich habe kein Geld bei mir, aber Monsieurs Schatzmeister soll Euch auszahlen. Euer Werk gefällt mir sogar noch besser als das Gebetbuch, das ich mir im letzten Frühling in Paris habe machen lassen, Ihr sollt die gleiche Summe bekommen.« Sie rief einen der wartenden Lakaien herbei, und während ich innerlich jubilierte, begleitete er mich, damit ich das Geld bekam, das ich so dringend brauchte. Der Schatzmeister des Dauphins, ein Ritter, gab sich mit derlei Geschäften nicht ab, sondern hatte einen Schreiber, der sich mit anderen Haushaltsbeamten in der Nähe der Küchen niedergelassen hatte. Drinnen klapperte es gewaltig, und es duftete nach Braten, die Köche brüllten, und alle nasenlang kam jemand herausgestürzt, als ob es brannte. Doch während ich auf einer Bank saß und draußen vor der kleinen Tür des schatzmeisterlichen Schreibers wartete, bekam ich mit, daß sie sich darüber unterhielten, wie wütend Herzog Franz wäre.
    »Ich sage Euch, der war vielleicht fuchsteufelswild.«
    »Das überrascht mich nicht. Ich habe sogar ihren Kammerherrn sagen hören, daß man in dieser Sache etwas unternehmen muß. Der sagte gestern zu Madame Louise, daß Monsieur d´Angoulême, falls er so weitermacht, noch den Erben zeugt, der ihn enterbt. Dieser Riesendummkopf kann sich einfach nicht beherrschen. Wie kann man eine Frau nur so begehren, daß man sich dabei selbst enterbt? Aber seine Mutter, oha, das ist die einzige, die ihn zur Vernunft bringen kann.«
    »Gottlob, daß wir Madame Louise haben, sonst würde sich diese intrigante, schamlose Engländerin noch zur Regentin machen.«
    »Leiser. Da draußen ist noch so eine.«
    »Die ›Witwe‹? Die soll ja die Mätresse von Erzbischof Wolsey sein, und er hat sie nach Frankreich geschickt, weil er sie loswerden wollte.«
    »Vom Erzbischof auch? Ich habe gehört, daß sie die Mätresse des Almosenpflegers der Königin ist.« Pfui, das wurde ja immer schlimmer. Man sagt, der Lauscher an der Wand hört seine eigne Schand, aber ich hatte doch gar nicht lauschen wollen. Und die hier waren wirklich die schändlichsten Klatschmäuler überhaupt. Königin Marie tat mir leid, denn die nahmen sie besonders aufs Korn, und sie hatte nur einen alten Ehemann, um die Leute in Schach zu halten, und der dachte vermutlich so hehr und hoch, daß er nicht begriff, wie die Menschen sind. »Sag mal, stimmt es, daß sie sich einen Liebhaber hält, der ihr die Bilder malt, und dann ein höheres Honorar fordert, weil sie die als etwas ganz Neues und von einer Frau gefertigt ausgibt?«
    »Ehem… keine Ahnung. Ich habe sie zeichnen sehen.«
    »Aber hast du auch gesehen, wie sie das Gemälde beendet hat?«
    »Nein, das nimmt sie fast immer mit nach Haus.«
    »Ha, so läuft der Hase.«
    Ich war sehr ärgerlich und stampfte mit den Füßen, damit sie sich daran erinnerten, daß ich noch da war, und sie riefen mich hinein, als hätten sie überhaupt kein Wörtchen gesagt.
    »Ihr habt ein Livre von meinem Honorar einbehalten«, sagte ich, leerte die Börse aus und zählte ihnen das Geld noch einmal vor.
    »Oh, ehem, das ist so Sitte. Eine Gefälligkeit. Das schuldet Ihr dem Kontor des Haushofmeisters.«
    »Leider ist es Sitte, ausländischen Malern dieses Livre auszuzahlen. Damit sie den Mund halten. Und das ist wiederum eine alte englische Sitte.«
    Sie warfen sich einen Blick zu und hoben die

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