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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Abendzeit, wenn Ihr versprecht, zu helfen und ihren Ruf zu wahren.«
    »Sie möchte, daß Ihr wiederkommt.«
    »Wirklich?« fragte ich.
    »Ja, wir haben bereits einen Brief von ihr. Das ist natürlich eine Ausrede, aber warum nicht. Wie wäre es in zwei Tagen um die Abendzeit? Ihr tut damit ihr einen Dienst und mir auch.«
    Mein Herz klopfte schneller. Ich muß blaß um die Nase ausgesehen haben. »Mit so etwas habe ich keinerlei Erfahrung. Ich male lieber.«
    »Oh, Ihr sollt das nicht allein machen. Wir haben bereits Hinweise, daß sich etwas tut, es war nur nicht klar, wann. Nun wissen wir Bescheid, und ich möchte von Euch nichts weiter, als daß Ihr zur Stelle seid und mir über alles berichtet, was danach gesagt wird.« Ich machte den Mund auf, aber es kam kein Ton heraus. »Ach, kommt, kommt. Geschichten kann ich überall zu hören bekommen, aber keiner ahmt Stimmen so drollig nach wie Ihr. Ich versichere Euch, niemand wird bis zu ihr vordringen. Der gute Name unserer Familie steht auf dem Spiel.«
    »Ich bin Euch für Eure Schirmherrschaft äußerst dankbar und bin in allen Dingen Eure treue Dienerin.« Marguerite reagierte mit einem vielsagenden Lächeln.

    Das Hôtel de Cluny ist von Mauern umgeben, doch wer sich auskennt, der weiß, daß es von einer Nebengasse aus einen Geheimgang zu den Kellern gibt, den man bei einem früheren Umbau des alten Hauses vergessen hatte. Hier stapften zwei Männer im Schnee auf und ab und fröstelten in der früh einsetzenden winterlichen Dämmerung.
    »Wo bleibt sie?« flüsterte der eine. »In einer Viertelstunde geht Madame de Nevers, und Maître B…«
    »Schsch. ›Der Fuchs.‹«
    »Der Fuchs sollte jeden Augenblick mit dem Ei hier sein.«
    »Pssst. Da ist er.« Doch es war nicht Maître Bellier, der Erzverschwörer. Eine dick vermummte Frau, ärmlich und mißgebildet, mit einem Kind im Steckkissen im Arm, humpelte von der Straße her durch den Schnee. Eine schäbige Kapuze verdeckte ihren Köpf fast bis zu den Augen; ihr Gesicht war weiß, sie wirkte todkrank.
    »Wahres Blut«, flüsterte die Frau und gab damit das Losungswort.
    »Auf ewig«, erwiderten die Verschwörer, denn das war die Gegenparole.
    »Der Fuchs schickt mich. Hier ist das Ei«, flüsterte die Frau. Das Kind in ihren Armen verhielt sich sehr ruhig. »Lebt es?« fragte einer der Männer und hob die Decke, die das Gesicht des Kindes bedeckte. Er blickte in lebendige braune Augen, die viel zu klug und wissend für ein Neugeborenes wirkten. »Ah, hübsch und gesund. Ist es ein Junge?«
    »Natürlich«, flüsterte die Frau mit matter Stimme. »Mein teurer, soeben geborener Sohn, dessen Geburt mich das Leben kosten wird.« Hmm. Das erklärt, warum sie so blaß ist, dachten die Verschwörer.
    »Der Himmel möge es Euch vergelten. Euer Sohn wird es besser haben, als Ihr Euch träumen laßt. Seid beruhigt, man wird sich gut um ihn kümmern. Wie um einen König, um die Wahrheit zu sagen.«
    »Den tausendfachen Segen des Himmels über Euch, Ihr guten Herren.« Die Frau schwieg und wischte sich eine Träne ab.
    »So leb denn wohl, mein Sohn, sei lieb und schweig schön still.« Stumm wandte sie sich ab, und ihr Gesicht war ganz verquält, so mußte sie das Lachen unterdrücken, dann humpelte sie theatralisch das Gäßchen entlang und zurück zur Straße. Die Ärmste, einen Buckel hatte sie auch noch.
    Die Geheimtür öffnete sich einen kleinen Spalt, und ein Auge spähte heraus. »Wahres Blut«, flüsterte es.
    »Auf ewig«, flüsterten die Verschwörer, und ein draller Frauenarm öffnete die Tür weiter. Im Flur waren Schritte zu hören. Ein Mann beleuchtete das schlafende Bündel mit einer Fackel.
    »Es ist so still, lebt es?«
    »O ja, und wie. Es schläft.« Das Kind machte einen sehr komischen Hickser und schlief weiter. Fast hörte es sich wie ein Lachen an, nur daß Neugeborene noch nicht lachen können.
    »Ja, jetzt höre ich es. Hier, haltet die Pfanne. Ja, es paßt genau hinein.« Die stämmige Frau hatte eine riesige Bettpfanne in der Hand, die, war sie mit glühenden Kohlen gefüllt, die Kälte aus den Laken vertreiben sollte. Die große Pfanne hatte einen eisernen Deckel und einen Holzgriff und war der einzige Behälter, der groß genug für ein Kind war und nicht durchsucht werden würde. Jeden Abend wurde er, mit heißen Kohlen gefüllt, ins Schlafgemach getragen. Kein Wachtposten würde es wagen, das Ding mit der Hand anzufassen. Die Verschwörer schoben das schlafende Kind hinein und klappten den

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