Die Suche nach dem Regenbogen
Opfer bringen. Ich möchte, daß Ihr es ihr bringt, mit ihr betet und mir ein anderes malt, das diesem genau gleicht.«
»Das ist wirklich sehr großherzig, Majestät. Aber wird man mich vorlassen?«
»Ich habe Herzogin Marguerite gebeten, ihre Mutter darum zu bitten, denn die erteilt die Erlaubnis, wer das Gemach der Weißen Königin betreten darf. Sie hat gesagt, sie kennt Euch, und hat höchstpersönlich die Erlaubnis erteilt. ›Sagt ihr, sie soll ihre ganze Galerie mitbringen. Die Weiße Königin langweilt sich.‹ Sie langweilt sich! Ach, die arme Madame d'Alençon, wie wenig versteht sie doch von schmerzlichen Verlusten.« Claudes livrierter Leibdiener begleitete mich über den Fluß und zum Hôtel de Cluny und dann durch einen Irrgarten von engen, alten Räumen zum Schlafgemach der Weißen Königin, das dem Einsperren von Königinnen vorbehalten ist und daher nicht viel benutzt wird. Vor der Tür durchsuchten Louise von Savoyens Wachtposten den Kasten, den ich mitgebracht hatte, sie wollten sichergehen, daß sich kein Heiratsvertrag mit dem König von Persien darin verbarg oder möglicherweise ein lebendiges Kindchen oder sonst etwas Verschwörerisches, was der künftige König mißbilligen könnte.
Im Zimmer waren die schweren Vorhänge zugezogen. Die Wandbehänge waren von sehr guter Qualität, obschon man sie in der Finsternis kaum sehen konnte. An den Wänden flackerten Kerzen in eisernen Haltern, und auf dem Nachttisch der Weißen Königin gab es noch eine Kerze und einen Gänsekiel und Tinte und einen angefangenen Brief. Ich näherte mich und knickste tief, und sie saß vollkommen angekleidet im Bett, ein weißes Gewand mit weißer Stickerei, und ich sagte, daß Königin Claude mich schicke, sie in ihrem Gram zu trösten, damit die alte Dame in der Ecke nicht aufmerkte.
»Ach, schon gut. Das ist nicht die Gräfin von Nevers. Es ist ihre Hofdame, und sie schläft.« Die Weiße Königin sprach englisch, als wäre ihr das eine große Erleichterung. »Ich weiß nicht, was über die arme Claude gekommen ist, daß sie Euch schickt, oder wie Ihr hier hereingekommen seid, aber ich dachte schon, ich drehe noch durch, wenn ich nicht bald mit jemandem englisch sprechen kann! Man hat meine englischen Damen fortgeschickt. Ich habe vor Zahnschmerzen geschrien, aber sie lassen nicht einmal meinen Arzt zu mir! Ich kann nichts weiter machen, als im Dunkeln sitzen und Briefe schreiben! Und die Antworten bekomme ich auch nicht! Man hält mich hier gefangen! Ich will nach Haus!« Bei diesem Ausruf schnaubte die alte Dame, und ihre Lider flatterten.
Ich antwortete auf französisch: »Königin Claude weiß, daß Ihr Euch vor Gram verzehrt, und schickt Euch zu Eurem Trost ihren größten Schatz, das Gemälde von ihrem Vater und ihrer Mutter mit den Engeln.« Der alten Dame sackte der Kopf vornüber, und sie fing wieder an zu schnarchen.
»Ach, das arme, dumme Ding. Aber laßt sehen. Habt Ihr sonst noch etwas zu meiner Erheiterung mitgebracht? Bilder? Geschichten? Man hat mir nur mein Gebetbuch gelassen. Ich bin vor Langeweile allmählich von Sinnen. Ich brauche meinen Arzt. Ich bin krank. Ich brauche meine Damen. Ich brauche geöffnete Vorhänge. Ach, das also ist Claudes Bild? Puh! Der König ist sehr ähnlich geraten. Und was Anne von Bretagne angeht, woher habt Ihr gewußt, wie Ihr sie malen mußtet?«
»Die Königin hat mir ein anderes Porträt gezeigt, aber ich mußte sie schöner malen.«
»Ja, das hört sich ganz nach ihr an. Richtet ihr bitte aus, ich weiß, wieviel es ihr bedeutet, und borge es nur, bis Ihr mir auch so eins gemalt habt, denn dann läßt man Euch wieder zu mir. Was meint Ihr, ob das klappt? Ich muß einfach englisch sprechen, sonst schreie ich noch das Haus zusammen.«
»Denen käme es doch nur gelegen, wenn Ihr das Haus zusammenschreien würdet.«
»Stimmt. Ihr hört Euch vernünftig an. Ich lasse ihr ausrichten, daß es mir zwar zuwider ist, wenn man mich in meinem Kummer stört, daß Ihr jedoch sehr zurückhaltend und ruhig seid und daß das Betrachten meines geliebten Ehegespons den Schmerz in meinem Herzen lindert.«
»Das hört sich an, als wüßtet Ihr sie zu nehmen.«
»Du liebe Zeit, ich lerne dazu. Sie haben einen gräßlichen Franzosen und zwei Hebammen geschickt, die haben furchtbar in mir herumgestochert. Aber keine englische Dame! Das reinste Fegefeuer. Was mache ich nur, wenn Franz beschließt, mich nach Blois zu schicken? Mich gefangenzuhalten, damit er Geld aus meiner
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