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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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setzte sich auf die Bank am Feuer und öffnete die Schatulle. Ich konnte hören, wie es ihm den Atem verschlug, als der Feuerschein auf das kleine Bildnis in dem aufgeklappten Holzkästchen fiel.
    »Wie sie leibt und lebt«, sagte er auf französisch. »Noch erlesener als das Original. Das ist sie, wie ich sie mit eigenen Augen gesehen habe, sogar ihren Charakter erkennt man.« Der Mann mit der Maske lachte stillvergnügt und vielsagend. »Madame kann sich nichts Besseres wünschen.« Er musterte erneut das Porträt. »Gleichwohl… wie konnte es so rasch angefertigt werden? Hat sie etwa eine Kopie für einen Liebhaber machen lassen? Oder vielleicht hatte der Maler eine für einen anderen Interessenten angefertigt…?« Er schien Selbstgespräche zu führen, laut zu denken. Ich machte ein dümmliches Gesicht, so als verstünde ich ihn nicht.
    Der kleinere Franzose wandte sich an mich und fragte in Englisch: »Sagt mir, hatte Euer Mann das hier bereits gemalt?« O du liebe Zeit, wer weiß, welch ärgerliches Gerücht uns noch verfolgen würde? Warum hatte ich das nicht gleich bedacht? Was wieder einmal beweist, daß ein kleiner Betrug, das heißt eine im Haus versteckte Leiche, mancherlei nach sich ziehen kann, auf das man nie im Leben gekommen wäre. Da muß man doch tatsächlich nachträglich noch für den guten Ruf seines toten Ehemannes sorgen, wenn man für eine ehrbare Witwe gehalten werden will und nicht für jeder Achtung unwert, weil man sich mit einem schlechten Menschen verbunden hat.
    »Mein Ehemann ist ein Mann von Ehre. So etwas würde er niemals tun. Ich habe ihm gestern Abend von Eurem fürstlichen Angebot erzählt, und da hat er den ganzen Tag gearbeitet. Es war um seines Sohnes willen, der bald geboren werden soll.« Jetzt, da er tot war, fiel es mir leichter, ihn als rücksichtsvollen Ehemann hinzustellen. In meiner Phantasie war er auf einmal sehr ergeben und liebevoll und brachte mir kleine Geschenke mit, weil ich den Sohn trug, den er sich so sehnlichst gewünscht hatte. Doch selbst wenn er mir in meiner Phantasie eine goldene Kette und prächtig bestickte karmesinrote Ärmel und zahllose andere hübsche Dinge mitgebracht hatte, mußte ich sein Andenken jetzt in häßlicher schwarzer Trauerkleidung ehren, und das machte das Ganze um so tragischer, statt lediglich unvorteilhaft und ärmlich zu wirken. »Er konnte sich nicht fassen vor Freude, als sich herausstellte, daß ich schwanger war. Es war die Erhörung seiner Gebete, seiner Kerzen, die er vor der Heiligen Jungfrau in St. Vedast entzündet hatte. Ach, wie war er doch fromm, obschon er für seine hochgestellten Kunden nach außen hin den Weltläufigen, Umgänglichen spielte.« Bildete ich mir das nur ein, oder schauderte es einen der drei?
    Doch der hohe Herr drehte sich um und fragte mich mit erstaunter und neugieriger Stimme: »Habt Ihr ihn das hier malen sehen?«
    »O ja«, antwortete ich. »Den ganzen Tag hat er hier gesessen, still wie ein Geist, und hat vor sich hin gearbeitet. Ich habe nicht gewagt, ihn zu stören. Nicht einmal sein Essen hat er angerührt. Als er fertig war, ist er einfach verschwunden, ohne sich von mir zu verabschieden. Er hat dieser Tage so viel zu tun.« Bei diesen Worten erstarrte sogar der Edelmann ein wenig und schien unter seiner Maske blaß zu werden.
    »Sagt der guten Frau, sie soll ihrem Mann ausrichten, daß das hier ein Meisterwerk und das geforderte Honorar wert ist«, sagte der hohe Herr auf französisch und bedeutete dem kleinen Mann mit einem Kopfnicken, er solle übersetzen, und der sagte mir das gleiche in Englisch und zückte eine Börse.
    »Es wird mir eine Freude sein, ihm Euer fundiertes Urteil auszurichten, Mylord. Er wird Eure Meinung sehr zu schätzen wissen«, gab ich zurück. Ich umklammerte die Börse und wagte kaum zu atmen, während ich die Herren mit einem ausnehmend linkischen Knicks verabschiedete.
    »Erzählt niemandem von dieser Miniatur oder von wem sie erstanden wurde«, sagte der kleine Franzose mit dem besseren Englisch. War das eine Warnung oder Angst oder vielleicht beides, was da in seiner Stimme durchklang?
    »Aber natürlich nicht, Mylord. Ich werde absolutes Stillschweigen wahren.« Doch während Nan sie zur Tür begleitete, blieb ich am Feuer stehen und fragte mich, warum sie mich nicht gebeten hatten, auch Master Dallet zu sagen, er möge den Mund halten? Ihre schweren Stiefel polterten die enge Treppe hinunter. Ich hörte, wie die Haustür hinter ihnen zuschlug. Von

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