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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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unzüchtig, Nan.«
    »Dann hast du also die Tür zugesperrt, damit dich niemand beim Zeichnen sehen kann? Du bist mir ein komisches Mädchen, auch wenn ich dich selbst aufgezogen habe«, sagte sie.
    »Nan, hast du gewußt, daß der Fuß genauso lang ist wie der Unterarm?« fragte ich, denn meine wunderbaren Entdeckungen ließen mich nicht los.
    »Genau das habe ich gemeint«, gab sie zurück.

    Es stellte sich heraus, daß der Besuch bei der Gattin des Bürgermeisters nicht so leicht zu bewerkstelligen war, wie es anfangs aussah, denn erst mußten meine neuen Trauerkleider aus der guten Wolle fertiggestellt sein, damit mich die Dienerschaft nicht für eine Bettlerin hielt und fortjagte. Daher verbrachten wir die halbe Nacht mit Zuschneiden und Nähen, und ich gab dem bescheidenen alten schwarzen Kleid noch eine persönliche Note, damit es ungewöhnlich wirkte, was jedoch schwieriger zu nähen war als ein schlichtes Kleid. Die viele Arbeit erboste Cat, die in Wirklichkeit Catherine Hull heißt und keinerlei Heiratsaussichten hat. Sie weinte und tobte und sagte, sie sehe gar nicht ein, warum sie helfen müsse, weil doch ich ein neues Kleid bekäme, und immer bekäme ich alles und brauchte nie in der Küche zu helfen, da ich mich jetzt nur noch mit der albernen Malerei beschäftigte, und alles wäre so ungerecht. Ihre Mutter erwiderte, ich sei eine gramgebeugte Witwe, und da sagte Cat, auch das wäre ungerecht, denn immerhin sei ich einmal verheiratet gewesen, und sie bekäme nie einen Mann. Und ich sagte, sie hätte es verdient, mit Master Dallet verheiratet zu sein, denn der sei so gemein wie eine Schlange gewesen. Darauf gebot Nan uns Schweigen, und wir blieben die ganze Nacht auf und weinten und versöhnten uns, denn mittellose Frauen haben es schwer, selbst wenn Aussicht auf Wohlstand besteht.
    All die Schwierigkeiten bedeuteten zweierlei: Erstens, wir brauchten mehr Zeit, bis das Kleid fertig war, und zweitens, Cat durfte mich zum Bürgermeister begleiten, damit sie die Sehenswürdigkeiten zu sehen bekam, und ihre Mutter schärfte ihr ein, was sie sagen sollte, damit sie keinen Fehler machte und alles verdarb. Sie trug das Gemälde, da ich die gramgebeugte Witwe spielte und angeblich zu schwach zum Tragen war, doch das war nicht weiter beschwerlich, da es nicht groß und ein Tafelbild war, das heißt, ein Bild, das auf einer Holzplatte gemalt war und zu dem paßte, was der Bürgermeister von sich hatte malen lassen und was ihm ausnehmend gefiel. Ein Lakai in prächtiger Livree führte uns in die Diele des Bürgermeisters, wo wir uns auf eine harte Bank setzten und lange unverrichteter Dinge warten mußten. Dann kam die Gattin des Bürgermeisters in Begleitung von zwei Damen herein, die ihr ihre Aufwartung machten, und sie war eine mächtige, hochfahrende Dame mit genau dem Doppelkinn, das Master Dallet gemalt hatte, aber mit noch grimmigerem Blick. Ich erzählte ihr von dem letzten Wunsch meines Mannes, ausgerechnet sie mit ihrem Porträt zufriedenzustellen, und enthüllte es, und schon liefen ihr die Tränen.
    »Er hat mein wahres Ich eingefangen«, sagte sie, wischte sich die ganze Feuchtigkeit ab und tat so, als hätte sie nicht geweint. »Ich sehe jetzt ein, daß ich mich in ihm getäuscht habe. Ich fand ihn hart und zynisch, doch nun begreife ich, daß er Vollkommenheit anstrebte. Was für ein entsetzlicher Verlust für Euch.«
    Und da wischte auch ich mir die Augen und sagte, der Gram brächte mich fast um, doch wenigstens hätte er mir so schöne Dinge wie das Bild hier hinterlassen, und das wäre mir ein Trost. Und die ganze Zeit über empfand ich tatsächlich tiefen Gram, denn mir war aufgegangen, daß ich wirklich ein Vermögen machen könnte, wenn ich reiche Damen von häßlichem Aussehen wie die hier verschönte, da es davon weitaus mehr gibt als hübsche. Und es ist ja nicht ihre Schuld, daß sie unansehnlich sind, und jede Frau sollte sich einmal im Leben hübsch vorkommen. Und wenn sie dann ein Bildnis von sich betrachten, das schöner und durchgeistigter ist, so könnte sie das vielleicht milder und gütiger stimmen, und davon hätte die Welt einen Nutzen, ohne daß es geradeheraus gelogen wäre.
    Und so verabschiedeten wir uns mit einem hübschen Sümmchen, und Cat ging wie auf Wolken, weil der Lakei, der jung war und gut aussah, ihr schöne Augen gemacht und ihr die Hand gedrückt hatte, als er uns hinausbegleitete, und ich wollte am liebsten tanzen, weil ich meine Rolle wirklich sehr gut

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