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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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gespielt hatte. Als wir heimkamen, hätten Mistress Hull und Nan am liebsten auch getanzt. Also faßten wir uns bei der Hand und tanzten ein Weilchen, und Mistress Hull sagte die Schritte an.
    »Uff«, sagte Mistress Hull und wischte sich die Stirn, als sie sich hinsetzte. »Es ist lange her, daß ich getanzt habe. Ach, wie war ich früher leichtfüßig! Aber eine Witwe kann in dieser bösen Welt nicht vorsichtig genug sein. Habe ich Euch schon gesagt, daß sich während Eurer Abwesenheit ein ungemein gutaussehender junger Mann in samtener Livree nach Master Dallets Lehrjungen erkundigt hat?«
    »Nach einem Lehrjungen? Was habt Ihr gesagt?«
    »Die Wahrheit, daß er keinen hatte.«
    »Und dann?«
    »Hat er mich so sonderbar angesehen, und dann hat er gesagt, er würde der Sache auf den Grund gehen, auch wenn ich ihm nicht helfen wollte.«
    »Dann hat er nichts Gutes im Schilde geführt. Vielleicht dient er jemandem, der versucht, etwas von Master Dallets ausstehenden Schulden einzutreiben.«
    »Das war auch mein Gedanke. Für mich hörte sich das sehr verdächtig an, und so habe ich ihm erzählt, mir wäre plötzlich eingefallen, daß es vor langer Zeit einmal einen Lehrjungen gegeben hatte, der wäre jedoch nach Antwerpen gegangen, um bei einem Meister in die Lehre zu gehen, dessen Namen ich vergessen hätte.«
    »Lehrjunge, ha!« rief Nan. »Ohne Zweifel eine List von jemandem, der Geld haben will. Auf was die Leute nicht alles kommen!«
    »Wenigstens war er nicht von der Zunft. Dann säßen wir nämlich schön in der Patsche«, sagte Mistress Hull. »Und nicht vergessen, meine Damen, jedes Gemälde in diesem Laden ist von toten Zunftbrüdern gemalt worden.«
    »Rücksichtsvoll von ihnen, daß sie uns so viele hinterlassen haben«, sagte ich etwas anzüglich.
    »Ungemein rücksichtsvolle Herren«, lachte Mistress Hull. »Sagt, Susanna, habt Ihr schon ganz vergessen, wie man die Laute schlägt? Zu einem Abend wie diesem gehört Musik.«
    »Ich glaube nicht, daß ich es vergessen habe, aber sie ist verstimmt. Seit meiner Hochzeit habe ich nicht mehr gespielt.« Also ging ich und holte meine Laute und stimmte sie, obschon es lange dauerte, da sich die Saiten schrecklich verziehen, wenn man sie lange Zeit nicht stimmt, und dann sangen wir alte Weisen, bis die Kerzen heruntergebrannt waren.

    Vermutlich hat es sich angehört, als wäre es, abgesehen von den Körpern, bei denen ich mogelte, ein Kinderspiel gewesen, Adam und Eva im Garten Eden badend zu malen. Aber bei dieser Art Bild gibt es noch einen anderen Haken. Ich meine, wer weiß schon, wie der Garten Eden ausgesehen hat? Wie England kann man ihn nicht malen, denn er sollte fremdländisch und schöner als alles hier auf Erden sein, sonst wäre er ja nicht der Garten Eden. Nun fand ich Landschaften ohnedies schon immer langweilig, und der Garten Eden ist viel Landschaft. Mancher Maler malt Adam und Eva sehr groß und läßt die Landschaft weg, doch dann müßte ich die Körper besser malen und dürfte nicht soviel mit Blattwerk und Ranken schummeln, denn nur weil es für mich bequemer ist, können sie nicht einfach aus dem Nichts kommen, sondern müssen in Beziehung zu Pflanzen und Bäumen gesetzt werden, und schon sind wir wieder bei dem Problem mit dem Garten Eden.
    Nun war mein seliger Vater zu seinen Lebzeiten ein gestrenger Lehrmeister und ließ mir nichts durchgehen. Er sagte, ich solle aufhören, Phantasiedamen mit prächtigen Kleidern zu zeichnen und mir statt dessen Schädel und tote Kaninchen und häßliche Dinge vornehmen, daß sogar meine Mutter weinte und sagte, das wäre nicht nötig, denn wozu wäre das Ganze überhaupt gut? Aber ich wollte Vater gefallen, und obendrein war mein Bruder jung gestorben, und zeichnen konnte der ohnedies nicht, doch nun stellte sich heraus, daß Vater am Ende doch recht behielt, denn ich saß in der Patsche. Zu den Dingen, in denen mein Vater mir nichts durchgehen ließ, gehörte nämlich das Malen von Landschaften, also mußte ich wieder und wieder eine von seinen kopieren, die er auf Reisen gemacht hatte, daran sollte ich Bäume und Farbperspektive und obendrein Felsen und Berge üben, was nun wirklich am allerlangweiligsten ist, und so etwas sollte niemand malen müssen. Ich weinte, und er sagte, ich würde es ihm eines Tages noch danken, und jetzt hätte ich das wirklich gern getan. Ich griff einfach auf seine Landschaft von früher zurück, weil die nicht wie England aussah, und verschönte sie mit vielen Blumen,

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