Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
Vom Netzwerk:
in den Schornstein verirrt. Etwas Schweres schien ins Zimmer einzusickern. Hadriel beugte sich über den Kochtopf, griff zum Schürhaken und stocherte damit im Schornstein herum.
    »Master Hadriel, der uns beim Abendessen Gesellschaft leistet«, stellte Mistress Hull ihn vor. »Aber was tut Ihr denn da, Master Hadriel?«
    »Ich kann dich da oben hören«, sagte Hadriel in den Schornstein hinein. »Hebe dich hinfort.« Das Geflatter hörte auf, und Hadriel strahlte Mistress Hull an. »In Eurem Kamin hatte sich etwas verfangen, aber ich habe es verjagt. Nun, wie steht es mit dem Essen?«
    »Alles bereit, wir warten nur auf Euch. Wascht Euch die Hände, während wir die Schüsseln auftragen. Oh, wo ist das Brotmesser?« Während Nan geschäftig hin und her eilte, drehte ich mich um und sah, daß Hadriel auf der Küchenbank saß und sich die rußigen Finger an seinem alten Umhang aus rauhem Stoff abwischte. Die blassen, beinahe durchscheinenden Füße hatte er übereinandergelegt, und über sein Gesicht huschte ein ungemein liebliches Lächeln.
    »Immer stelle ich etwas an. Und dabei behaupten viele, es würde mir besser ergehen, wenn ich mir nicht die Hände schmutzig machte.«
    »Wenn sich eine Arbeit lohnt, bekommt man in der Regel schmutzige Hände. Das seht Ihr schon an mir und meiner Malerei. Als Dame mit sauberen Händen würde ich meines Lebens nicht froh.« Als ich ihm Becken und Wasserkrug brachte, blickte Hadriel mich an und lächelte schon wieder. »Nicht nur Eure Hände, Susanna. Wie seid Ihr denn an den Ockerfleck auf dem Ohr gekommen?«
    »Oh«, sagte ich und legte die Hand auf das Ohr. Hadriel lachte.
    »Laßt sehen, zwei weitere Gedecke…«
    »Da wir heute Gäste haben, laßt uns auch eine Flasche Wein aufmachen, kommt…« Auf einmal waren alle heiter und fröhlich. Das mußte an Hadriels Lachen liegen. Und aus unerfindlichem Grund lachten wir auch alle. Die Schüsseln klapperten, der Wein machte die Runde, und Cat mußte ganz schrecklich kichern, was sich zu einem Schluckauf steigerte, so daß ihre Mutter sie auf den Rücken klopften mußte.
    »Die Luft anhalten, Mistress Cat«, schlug Tom vor.
    »Bis zehn zählen«, sagte Nan.
    »Probiert es mit Wasser, das durch ein Stückchen Stoff getrunken wird«, sagte Hadriel, »es soll ein unfehlbares Mittel sein.« Sein Gesicht war vom Essen und Trinken rosig angehaucht, und das war auch gut so, denn er hatte viel zu blaß und ungesund ausgesehen.
    »Ja, probiere das Mittel unseres Gastes aus!« riefen alle, und nach mehreren Versuchen gelang es Cat, durch ein Geschirrtuch zu trinken.
    »Weg«, platzte sie heraus, doch ihr Gesicht war noch immer rot, und wir lachten alle und reichten den Wein noch einmal herum. Master Hadriel wirkte eindeutig beschwipst, und dabei hatte er kaum etwas getrunken. Mistress Hull schenkte ihm Wein nach.
    »Oh, keinen Tropfen mehr, liebe Mistress Hull, es geht nichts mehr hinein«, sagte er. »Wein steigt mir schnurstracks zu Kopfe, weil ich so selten welchen bekomme.«
    »Dann eßt noch ein wenig, lieber Hadriel«, sagte Mistress Hull, die dem Wein selbst gut zugesprochen hatte.
    »Meine Liebe«, antwortete er und neigte sich dabei gefährlich zur Seite, »ich bekomme kaum einen Bissen hinunter. Normalerweise esse und trinke ich nicht.« Bildete ich mir das nur ein, oder zitterte sein Buckel?
    »Eure Mutter sollte besser für Euch sorgen – Ihr seid viel zu dünn. Nicht essen und trinken! Und was ist nur in sie gefahren, daß sie Euch solch einen Namen gegeben hat? George wäre doch ein hübscher Name gewesen oder vielleicht Michael, aber Hadriel?«
    »Auf die Idee ist wohl eher mein Vater gekommen«, sagte Hadriel und sah ganz rosig aus.
    »Das erklärt alles!« sagte Mistress Hull. »Männer! Wenn Ihr mich fragt, so seht Ihr mir mehr wie ein Michael aus.«
    »O nein, der ist viel größer. Und ob der größer ist«, sagte Hadriel.
    »Und jetzt heraus mit der Sprache, wieso versteckt sich ein so netter Junge wie Ihr in Susannas Zimmer? Also wirklich! Ihr hättet wenigstens zur Tür hereinkommen und uns begrüßen können, wie es sich schickt!«
    »Nicht verschteckt – komme recht oft. Dasch macht ihre Kunscht. Hübsche Bilder gefallen mir. Die Adam-Bilder… ein gelungener Witz! Habe seit Ewigkeiten nicht mehr so gelacht. Aber sie sitzt ganz schön in der… Patsche… ja. Schuschanna, liebesch Mädchen, man musch sich um dich kümmern… da war doch etwasch… etwasch, wasch ich tun wollte. Jemanden beeinfluschen.

Weitere Kostenlose Bücher