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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Margarete von Österreich geschrieben und darum gebeten, sie aus ihren Diensten als fille d'honneur am niederländischen Hof zu entlassen, sie ist schon unterwegs nach Greenwich.«
    »Wie alt ist sie, sagt Ihr?«
    »Vierzehn, Mylord.«
    »Also nicht zu jung. Und zweifellos Jungfrau. Ja, Anne Boleyn. Sie geht mit. So, und was ist mit den weißen Zeltern, laßt sehen… Zaumzeug, ja, da ist es. Stallmeister…« Wolsey deutete auf einen Stoß Papiere. »Was davon segelt auf der ›Elizabeth‹?«
    »Die Ehrenjungfrauen, das Brautsilber, die Musikanten –«
    »Sind das auch alles Frauen? Der König von Frankreich will keine Männer haben.«
    »Alle bis auf die Kirchenmusiker und die Trompeter. Die Malerin reist auch mit, dazu ihre Dienerin und der Junge, der ihr die Farben zerstößt –«
    »Streicht den Jungen. Was bildet sie sich ein, wer sie ist, mit solchem Hofstaat? Die Königin von Persien? Was um Himmels willen ist nur in mich gefahren, daß ich sie mitziehen lasse? Hatte ich nicht entschieden, sie bleibt hier? Mitten in der Nacht ist mir jedoch eingefallen, es könnte so klüger sein. Nun zu den Bettvorhängen… was ist das für ein Aufruhr? Ashford, habe ich nicht gesagt, daß ich beschäftigt bin?« Wolseys zweiter Privatsekretär in seinem düsteren Grau hatte den Raum stumm wie ein Schatten betreten.
    »Mylord, ich bringe einen Brief, der soeben aus Rom eingetroffen ist. Von Sylvester de Giglis am päpstlichen Hof.«
    »Aus Rom? Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt? Was schreibt de Giglis über meinen Kardinalshut? Ist mir dieser Elende, dieser Bainbridge, noch immer im Wege?«
    »Mylord, das weiß ich nicht. Es dürfte im Brief stehen.«
    Wolsey erbrach die Siegel und las schweigend. Nach einer geraumen Weile sagte er langsam: »Der Kardinal von York ist in Rom gestorben.«
    »Mylord, welch glückhafter Zufall«, bemerkte Ashford.
    »Nicht ganz so glückhaft, aber ein Zufall immerhin«, meinte Wolsey ausdruckslos. »Bainbridge wurde von seinem Kaplan vergiftet. Ein Italiener, glaube ich. Und wie die sind, das weiß man ja.« Wolseys Blick fiel auf Ashfords stummes, blasses Gesicht.
    »Danke, Ashford, Ihr könnt gehen«, sagte er und genoß es, wie Ashfords Augen zur Seite schossen und Cavendishs selbstgefällige Miene musterten. Ein ungehobelter Klotz, dachte Wolsey. Geschickt, nützlich, aber ohne das gefällige Benehmen, das einem persönlichen Diener wohl ansteht.
    »Euer Gnaden, wollt Ihr morgen dem König aufwarten? Die Gelegenheit wäre günstig, ihn um das Bistum York anzugehen.«
    Cavendishs salbungsvolle Stimme brach das lange Schweigen.
    »Fürwahr, Cavendish, welch ausgezeichnete Idee – sie ist mir auch schon gekommen. Und York House – ein sehr bequemer Wohnsitz, auch wenn er renoviert werden muß. Ach ja. Und schickt nach der Malerin. Ehe sie aufbricht, möchte ich ein Porträt von mir im Profil malen lassen – die bessere Seite. In Purpur.«

Kapitel 12
    S usanna, was wollte der Junge?« fragte Mistress Hull, als Nan und ich ihren vollgestellten kleinen Laden durchquerten, um auf die Straße zu gelangen. Der Frühling war zum Sommer geworden, und mir war das Glück fast genauso gewogen wie meinem Gönner, der mit jedem Monat mächtiger wurde. Mistress Hull hatte sich einen Stuhl unter das Regal mit den grünen Heiligen gestellt und strickte emsig, und Cat und Tom saßen auf der langen Bank hinten im Raum. Cat wickelte ein Wollknäuel auf, und Tom hielt das Garn mit ausgestreckten Armen. Er verdrehte die Augen, als wir vorbeigingen, so langweilte und ärgerte er sich.
    »Er will, daß ich dem Erzbischof meine Aufwartung in York House mache, für ein weiteres Porträt. Was strickt Ihr denn da? Sieht das aber hübsch aus.«
    »Einen ersten Satz Strickärmel. In der Nacht, nachdem Master Hadriel fort war, ist mir eine Erleuchtung gekommen. Wenn ich zwei Farben wie die hier nehme und damit abwechsle – so –, dann ergibt das ein Muster, was wie geschlitzt aussieht. Sehr modisch, findet Ihr nicht auch?« Ich sah mir das Strickzeug genauer an. Noch nie waren Mistress Hull die Maschen so gleichmäßig geraten.
    »Wie einfallsreich. Die wird gewiß jeder haben wollen.«
    »Ich weiß auch nicht, aber letztens sprudele ich nur so über vor Einfällen. Ich träume sogar vom Stricken. Was haltet Ihr von einem Muster zwei rechts, zwei links, und das reihenweise versetzt, das müßte dann wie kleine Tropfen aussehen. Ich kann es kaum erwarten, wie es sich macht. Wirklich, seit ich den lieben

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