Die Suche nach dem Regenbogen
des Bischofs bitte durch diese Tür«, setzte Ashford salbungsvoll hinzu. »Ihr werdet feststellen, daß die Täfelung ein bezauberndes Beispiel für den nördlichen Stil ist. Sehr schlicht und von der strengen Steifheit, die einem Kirchenfürsten wohl ansteht. Habt Ihr gewußt, daß Lord Wolsey ein härenes Gewand trägt?« Perréal bedachte seinen Führer mit einem haßerfüllten Blick.
Die Wände über der schulterhohen Täfelung waren reich vergoldet und mit einem religiösen Motiv bemalt: die Darstellung Jesu im Tempel. Die Figuren waren steif, hatten leuchtende Farben und zeigten den symmetrischen Gewandfaltenstil von ehemals. Im Hintergrund erblickte man einen Tempel, der eher dem Tower ähnelte. Er hatte eine vergoldete Kuppel über den Zinnen der Brustwehr und war stilisiert und nicht perspektivisch dargestellt. Ashford beobachtete Perréals Miene. Sie war ein Abbild der Verachtung. Gut, dachte Ashford, meine Strategie wirkt allmählich.
»Und welcher Meister hat das da gemalt?« fragte der französische Künstler.
»Master Brown von der Maler-und-Färber-Zunft.«
Auf der Täfelung hingen Gemälde, jedes war durch einen Damastvorhang gegen Staub geschützt. Religiöse Szenen zur Kontemplation, Porträts längst dahingeschiedener Kirchenmänner und Gönner, die übliche Ausstattung eines erzbischöflichen Kabinetts. Viele stammten offensichtlich aus einem seit langem verschwundenen Atelier, hatten flache Gesichter, die schlecht zu den schablonenhaften Körpern, den Einzelheiten der Kleidung und der aufwendigen Vergoldung paßten, mit denen die Mängel der Komposition überdeckt werden sollten.
»Lord Wolsey dürfte kein Kunstkenner sein.«
»Oh, die hier hat er von seinem Vorgänger geerbt. Sie sind vornehmlich von historischem Wert«, tat Ashford sie ab.
»Das da in der Ecke. Warum übergeht Ihr das?« Perréal hob den Vorhang. Ashford lächelte in sich hinein, als er hörte, wie es dem Franzosen den Atem verschlug. Evas Versuchung in satten Farben, die durch die fast transparenten Lasuren schimmerten, so frisch und hübsch modelliert, daß man meinte, geradewegs in das Bild hineinfassen zu können. Im Vordergrund die üppige, rosige Eva in einem blumigen Garten Eden, im Hintergrund ein bekannt aussehender Berg, in den Gottes Rachestrahl einschlug. »Faszinierend«, sagte der französische Maler. »Vor meiner Abreise aus Paris habe ich etwas ganz Ähnliches gesehen, jedoch mit dunklem Firnis übermalt und mit Kerzenrauch geschwärzt, da es als Werk unseres großen Fouquet durchgehen sollte.« Als er merkte, daß sein Führer die Zähne zusammenbiß, lächelte er.
»Mir scheint, dieser falsche Fouquet ist dem Grab entstiegen und hat die Szene noch einmal gemalt. Hmm. Der Mann kann hervorragend mit Lasuren umgehen. Die dargestellten Formen – genau, doch eher wahrheitsgetreu als anmutig. Das hier ist keine wahre Kunst. Wenn Ihr mich fragt, so ist der Mann Flame. Ein Flame mit italienischem Lehrer. Hoffentlich hat Euer Erzbischof nicht zuviel für das Werk bezahlt.«
»Es war ein Geschenk«, fuhr Ashford ihn an und wandte sich einer großen, verschlossenen Truhe zu, die auf schweren geschnitzten Füßen stand. »Die Sammlung des Erzbischofs befindet sich hier. Er hat einige seltene Münzen und bittet Euch, sie zu bestimmen und zu schätzen. Dazu besitzt er noch eine Sammlung von Miniaturporträts im neuen Stil.«
Ashford hörte Perréal tzss, tzss machen, während er die verschiedenen Medaillen und Münzen in der Hand hin- und herdrehte. »Die hier«, sagte er, »zeigt das Profil des Kaisers Nero. Die Inschrift ist zwar abgegriffen, aber wir haben einige davon in Les Tournelles. Die hier – aha. Die sind merowingisch. Aus der Zeit König Dagoberts. Wo wurden sie gefunden? Hier? Äußerst merkwürdig.« Ashford war so damit beschäftigt, den Franzosen zu mustern, daß er nicht einmal aufblickte, als eine wohlbekannte Gestalt ihn in Englisch von der Tür her ansprach.
»Ach, Ashford, gut, daß ich Euch hier antreffe. Wie läuft es mit dem Franzmann?« Ashford in der Klemme, das konnte sich George Cavendish nicht entgehen lassen. Ashford funkelte den fröhlichen jungen Mann mit den Apfelwangen zornig an. »Oh, seht nur«, bemerkte Cavendish, »er hat die erste Dallet aufgemacht.« Zusammen sahen sie zu, wie der eingebildete Franzose erstaunt die Augenbrauen hochzog. Ihre Meinungsverschiedenheiten waren vorübergehend vergessen, sie blickten sich an und grinsten.
»Wer hat das hier gemacht?« fragte
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