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Die Suche nach dem Regenbogen

Titel: Die Suche nach dem Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merkle-Riley
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Juweliere aus der Row geholt, die mußten warten, und kaum waren die Truhen aus dem Empfangszimmer geschafft, da ließ er sich schon die Preise nennen. Doch selbst er staunte über den großen Stein, den »Spiegel von Neapel«. Der von Juwelen umgebene Diamant ist so dick wie der Finger eines Mannes, und die Perle darunter hat die Größe eines Taubeneis.«
    »Eins steht fest, Cavendish, der König von Frankreich weiß, wie man Aufsehen erregt. Und Marignys Auftrag?«
    »Er soll die Prinzessin begleiten und sie in die Etikette des französischen Hofes einführen.«
    »Und was haltet Ihr von ihm?«
    »Er ist ein bedeutender Edelmann von untadeliger Höflichkeit, aber er hat einen Adlerblick.«
    »Oder den Blick eines Tugendwächters. Alte Männer, alte Männer, Cavendish. Niemand ist eifersüchtiger als ein alter Mann. Reicht mir den Gerstensaft, Cavendish, ich bin wie ausgetrocknet und fühle, daß ein neuer Anfall naht.« Cavendish erschrak wirklich, denn Wolsey wurde plötzlich aschgrau im Gesicht. Er schenkte ihm aus dem großen Silberkrug auf dem Nachttisch einen Becher voll.
    »Euer Gnaden, der Arzt…«
    »Haltet mir den Mann noch einen Augenblick vom Hals, Master Cavendish. Ich könnte schwören, er macht alles nur noch schlimmer. Da drüben. Seht Ihr die kleine Flasche? Stellt sie näher, damit ich an sie herankomme, wenn ich sie brauche.« Cavendish ordnete mit besorgtem Blick die Kissen hinter Wolseys Kopf und hielt den Becher, während sein Herr mit geschlossenen Augen in kleinen Schlucken trank.
    »Ah, das tut gut, habt Dank, Master Cavendish.« Wolsey öffnete die Augen und sah, daß Cavendish ein bekümmertes Gesicht machte. Mit einem durchtriebenen Lächeln flüsterte er: »Ha, Cavendish, Ihr denkt gewiß, ich verdiente eine unauffälligere Krankheit. Was würdet Ihr von einem Pfahl im Fleisch halten?« Belustigt beobachtete er die widerstreitenden Gefühle auf Cavendishs Gesicht: Erschrecken über den ketzerischen Vergleich mit dem Apostel, der Wunsch, ihm durch Zustimmung zu schmeicheln, und Ratlosigkeit, ob das nun ein Witz sein sollte oder nicht.
    »Euer Gnaden…«, setzte der erschrockene junge Mann an, doch dann hörte er Wolsey spöttisch lachen. Und aus Gefälligkeit lachte er mit, wenn auch bänglich.
    »Kommt, Master Cavendish, in all Euren Berichten spüre ich eine gewisse Verärgerung durch. Was hat sich heute sonst noch zugetragen? Hat Euch de Marigny beleidigt?«
    »De Marigny? O nein, Euer Gnaden, der ist ein Ausbund an Höflichkeit. Ein echter Edelmann, wenn auch Franzose. Es ist dieser – dieser gräßliche, dieser, dieser… Master Perréal, den er mitgebracht hat. Nach dem Empfang saß ich in der Falle, und wie, mein Wort darauf!«
    »Perréal, der Maler des französischen Königs?«
    »Ebendieser. De Marigny hat ihn mitgebracht. Er ist ein drahtiger, kleiner, dunkler Kerl mit einem äußerst unverschämten Lächeln. Er tut so, als ob er kein Französisch versteht, das nicht mit Pariser Akzent gesprochen wird. ›Ach?‹ sagt er und hält sich die Hand hinters Ohr, wenn ihn bei einem Wort die Aussprache stört. Und dann lächelt er so ein verhaltenes Lächeln, während derjenige, der das Wort gesprochen hat, es wieder und wieder probiert, um den Fehler wettzumachen. Ich hätte ihn erwürgen können, Ehrenwort…«
    »Dann dürfte Euer Französisch Anstoß erregt haben.«
    »Meins und das anderer, Euer Gnaden. Er soll die Garderobe der Prinzessin entwerfen und sie als Braut malen, damit sie neben dem großen, häßlichen Gemälde des französischen Königs hängen kann, das er mitgebracht hat. Da Seine Majestät wußte, daß ich Euch berichten würde, schickte er mich und einen seiner Kammerherrn, daß wir ihn zu den Hofdamen der Prinzessin brachten, um ihre Kleider anzusehen. Und dann mußten wir uns den lieben langen Nachmittag die Bemerkungen dieses gräßlichen Mannes über den Schnitt ihrer Unterärmel und den Ansatz der Nesteln für ihre Schleppen anhören. ›Oh, wie altmodisch. In einem Mieder von derart provinziellem Schnitt kann sich eine Königin von Frankreich nun wirklich nicht blicken lassen. Was, das soll ein Dekollete sein? Unmöglich, dieser Schnitt im flämischen Stil.‹ Wenn Ihr mich fragt, so versteht er viel zuviel von Damenkleidern. Das ist unschicklich, Ehrenwort. Und dann die Galerie…«
    »Ah, dann mußtet Ihr ihm auch die Galerie zeigen?«
    »Er wollte die Gemälde des Königs sehen. Der Mann war unausstehlich. ›Ganz reizend auf eine gewisse altmodische

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