Die Suche nach dem Wind
Verantwortung.«
»Quatsch! Ob wir Karon und seine Kreaturen besiegen oder nicht, hängt bestimmt nicht von unseren Chaoten ab«, antwortete Aeneas, und seine Stimme klang schon leicht verwaschen.
»Sie sind viel zu jung, nicht wahr? Weißt du, ich liebe meinen Sohn. Sein Überleben ist mir wichtiger als alles andere.«
»Dann sag ihm das, bevor er geht. Vielleicht die letzte Gelegenheit!«
Es entstand eine kurze Pause, bis Duncan wieder sprach. »Hab ich schon! Ich denke, ich hab das ganz gut hingekriegt. Hab ihn auch in den Arm genommen, wie du gesagt hast. Hat ihm gefallen, glaube ich. Mir jedenfalls schon! Er hat gelächelt, hat gelächelt wie Julia. Weißt du, ich hab mich in den letzten Jahren oft gefragt, wofür ich eigentlich noch lebe. Nun weiß ich es wieder: für dieses wunderbare Lächeln, das einem zeigt, dass man geliebt wird. Ich glaubte, alles verloren zu haben, was mir jemals etwas bedeutet hat, aber jetzt habe ich einen Sohn und ich würde ihn so furchtbar gern näher kennen lernen. Dafür würde ich alles geben.«
Erik wurde warm ums Herz. Diese Gefühle hatte er seinem Vater gar nicht zugetraut, und sie ließen ihn innerlich jubeln. Er war versucht, die Tür zu öffnen, und sich ihm in die Arme zu werfen. Seine Hand lag schon auf dem Riegel, als er die Stimme seines Vaters hörte und verharrte.
Der fragte nämlich gerade: »Sei jetzt ehrlich! Meinst du, dass wir Karon eventuell besiegen könnten?«
»Warum nicht?«
Duncans Stimme klang nach dieser Antwort leicht genervt. »Tu doch nicht immer so lässig! Er ist ein verdammter Schwarzmagier.«
Aeneas kicherte, und zu Eriks Überraschung fing auch Duncan an, leise zu lachen. Wieder war Gläserklirren zu hören. »Sag mal, Aeneas, hast du dir mal Gedanken darüber gemacht, was uns erwartet, sollten wir tatsächlich siegen?«
»Warum? Das liegt doch auf der Hand. Richte dich mal auf den Turm ein. Noch einmal kommst du garantiert nicht so billig davon. Eidbrecher erfreuen sich nach wie vor keiner großen Beliebtheit auf Rhanmarú.«
»Und du? Glaubst du, du könntest irgendwie heil aus der Sache rauskommen?«
»Glaubst du an Zeichen und Wunder? Schwarzmagier erfreuen sich nach wie vor einer noch geringeren Beliebtheit – überall!«
Erik überlief eine Gänsehaut, als er die beiden Männer drinnen wieder lachen hörte. Gerade war er so glücklich gewesen, und jetzt musste er sich an der Wand festhalten, weil seine Beine nachgaben. Doch begreifen konnte er nichts. Sein Vater sollte in den Turm kommen? Und was sollte das Gerede über Aeneas und Schwarzmagier? Alles war verworren, und die Ringlords kicherten nur blöde.
Duncan sprach als Erster weiter: »Trübe Aussichten, was? Wir könnten natürlich auch verschwinden.«
»Klar! Machen wir uns vom Acker! Was gehen uns die vielen Unschuldigen an? Was haben wir mit Höhlenkindern oder süßen Babys zu schaffen? Ich kenne keinen von denen. Nach uns die Sintflut! Gehen wir zu dir oder zu mir?«
Erik schossen Tränen in die Augen, als sein Vater vergnügt fragte: »Glaubst du, wir sind verrückt?«
»In der Tat! Nur nennt man das auf Rhanmarú: Ringlord!«
»Mann, Aeneas, sind wir bescheuert - vor allem du. Sag mal, reizt dich die gewaltige Macht Loths wirklich gar nicht?«
»Doch, und wie! Die Vorstellung, dass überall, wo ich auftauche, gleich die größten und heißesten Freudenfeuer entfacht werden, finde ich nahezu unwiderstehlich.«
»Du glaubst nicht, dass schwarze Magie irgendwie ... vielleicht ... na, so umgewandelt werden könnte?«
»Nein!«
»Denkst du, du könntest sie auf Dauer abwehren?«
»Keine Ahnung! Ich kenn mich mit den verdammten Schlangen doch auch nicht aus, klingt eher unwahrscheinlich, oder?«
Seine Stimme hatte geklungen, als ob er auf Widerspruch gehofft hatte, aber Duncan entgegnete prompt: »Allerdings! Für dich wird es mit Karons Tod richtig eng. Willst du trotzdem gegen deinen Vater kämpfen?«
»Hat dieses Zeug dir dein Gehirn vernebelt? Karon wird so oder so hier sterben. Durch wen, ist völlig unerheblich. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass er nicht zu viele Unschuldige mit in sein Grab nimmt. Das ist doch eine schöne Aufgabe. Hat fast etwas Heldenhaftes!«
Erik begriff endgültig und schlug die Hand vor den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. Er bekam plötzlich kaum noch Luft. Die Wirklichkeit war schlimmer als jeder Alptraum. Aeneas war der Sohn des Schwarzmagiers? Was hatte er getan?
Duncan lachte gerade auf. »Wir zwei
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