Die Suche nach dem Wind
du Zeit hattest, sie zu zersägen?«
Der sah ihn durchbohrend an und sagte leise: »Ich durchschaue dich: Du beleidigst mich, um mich abzulenken. Du schirmst deine Gedanken gegen mich ab. Du forderst mich zu einem Kampf heraus, obwohl du weißt, dass du ihn nicht gewinnen kannst. Du hast etwas vor. Was willst du, Aeneas? Dich auf den Kampf konzentrieren oder auf deine Abschirmung? Beides kannst du nicht. Das gibt eure armselige Magie nicht her. Ich kann das aber sehr wohl. Du hast nicht die geringste Chance. Überleg es dir noch einmal und komm zu mir! Wir beide können die Welt beherrschen.«
»Mit Prahlereien konnte ich nie viel anfangen. Können wir kämpfen, bevor es dunkel wird?« Aeneas hatte es nun wirklich eilig, wollte die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen und auf keinen Fall noch über etwas nachdenken.
Eine schmale Schnur legte sich um sein linkes Handgelenk. Das andere Ende der Schnur war um das Handgelenk des Magiers gewickelt. »Wir wollen uns ja nicht mehr trennen, nicht wahr«, erklärte der. »Wo immer ich auch hingehe, da kommst du mit. Und vor allem wird es den Kampf verkürzen.«
»Na, wenn du meinst«, erwiderte sein Sohn trocken.
Karon grüßte formvollendet und griff an. Der Ringlord tauchte unter dem ersten Angriff weg, den Zweiten parierte er. Der Schlag vibrierte bis in die Schultern. Sein Vater erwies sich umgehend als ein extrem kräftiger und schneller Kämpfer. Aeneas hatte zunächst nur damit zu tun, dem wirbelnden Schwert Karons auszuweichen. Die Schnur hinderte ihn zudem daran, sich so zu bewegen, wie er es gern getan hätte, und es war ein weiter Weg bis zum Schacht, zumindest wenn man ihn kämpfend zurücklegen musste. Er hatte sein erstes Schwert mit vier Jahren bekommen und unzählige Kämpfe und Turniere bestritten, aber noch nie zuvor hatte er so harte Schläge in so rascher Folge parieren müssen. Er war im Moment nur froh darüber, dass Karon scheinbar ein schnelles Ende des Kampfes suchte und permanent angriff. So war es ihm zumindest möglich, immer weiter in die Defensive und Richtung Schacht auszuweichen.
Zirka dreißig Minuten dauerte der Kampf jetzt schon und lief immer nach demselben Schema ab: Karon griff an und Aeneas parierte oder wich aus. Dabei gelang es natürlich nicht immer, die Richtung zu Karons Grab zu halten.
»Du bist ja geschickt, mein Sohn, aber kann ich auch einmal mit einem Angriff rechnen?«, höhnte Karon. Er wirkte kein bisschen erschöpft.
»Ich hab´s nicht eilig, lass mir gern Zeit«, antwortete Aeneas und war froh, den Satz ohne Keuchen herausbekommen zu haben. Die aneinandergereihten Angriffe des Magiers ließen keine Verschnaufpause zu, und ihm tat, trotz der noch nicht einmal langen Kampfdauer, bereits jeder Muskel weh. Wo nahm sein Gegenüber nur diese enorme Kraft her und die Luft zum Lachen?
»Gib schon auf und schließ dich mir an«, forderte Karon und attackierte noch schneller, was dem Ringlord einige Meter brachte. »Du kannst neben mir herrschen. Was glaubst du, was du ohne mich bist?«
»Ein van Rhyn! Das war ich immer gern«, brachte Aeneas heraus.
Das schien Karon noch mehr anzustacheln. Wie ein Feuerwerk prasselten die Schwertattacken auf den Ringlord ein. Der hatte das Gefühl, ihm würden die Schultern aus den Gelenken gerissen, konnte das Schwert oft kaum halten und schaffte weitere Meter. Ein gutes Stück durfte mittlerweile geschafft sein, aber das war lediglich seine Vermutung.
»Du verschwendest deine Energie zu sehr auf die Abschirmung deines Geistes. Konzentriere deine Magie lieber auf den Kampf! Dann hättest du zumindest den Hauch einer Chance. Warum sollte es so wichtig sein, dass ich nicht weiß, was du denkst?« Karons Stimme klang immer noch völlig ruhig.
Sein Sohn musste demgegenüber erst einmal Kraft zum Antworten sammeln. »Beunruhigt dich das? Nie wirst du wissen, was ich denke.« Er ging zum Angriff über. Karon würde zwangsläufig misstrauisch werden, sollte er merken, dass er in eine bestimmte Richtung gezogen wurde. Finten und Attacken wurden mechanisch aneinandergereiht. Die Schwertmeister seiner Großmutter und die Schattenkrieger hatten dafür gesorgt, dass er längst ohne große Überlegung kämpfen konnte.
Der Magier war sichtlich überrascht, als er sich plötzlich in die Defensive gedrängt sah. Noch überraschter war er, als ein Schwertstreich die Deckung durchbrach und seinen Arm traf. Das erste Blut floss, aber der Ringlord hatte etliche Meter wieder
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