Die Suche nach dem Wind
sich etwas machen. Ich denke, du wirst mir trotzdem folgen, weil ich mich sonst gezwungen sähe, deine Rhan-Freunde sehr unsanft zu behandeln. Soll ich mich erst den Kleinen im Verlies widmen, oder lieber deinen Bekannten hier?«
Aeneas kniff zornig die Augen zusammen. »Du drohst mir mit dem Tod meiner Schützlinge und Freunde? Tu ihnen etwas zuleide und du solltest in Zukunft deinen eigenen Schutz nicht vernachlässigen.«
Der Schwarzmagier lachte dunkel. »Du bist wirklich und wahrhaftig ein Ringlord geworden? Wissen die Rhan, dass sie in ihren höchsten Reihen einen Schwarzmagier haben? Zu meiner Zeit wollte man sie noch unbedingt verbrennen.«
»Ich bin kein Schwarzmagier.«
»Doch, mein Sohn. Selbst, wenn du bisher glaubtest, keiner zu sein, wirst du dich zwangsläufig daran gewöhnen müssen. Du bist der Erbe von Loth, und Loth ist gewaltiger, als du dir vorstellen kannst.«
»Du kannst mir viel erzählen. Ich kenne die Stärke der Rhan, deine Fähigkeiten sind mir gänzlich unbekannt. Ich kenne auch Loths Macht nicht. Zeige sie mir, damit ich entscheiden kann!«
Karon runzelte die Stirn. »Verstehe ich dich richtig, Sohn? Du willst einen Kampf? Ich soll dich besiegen, damit du mit mir kommst?«
Der Ringlord verschränkte die Arme vor der Brust. »Zunächst hätte ich es lieber, wenn du mich mit meinem Namen ansprächest. Ich heiße van Rhyn, Aeneas van Rhyn. Ich sehe dich bisher auch noch nicht als Vater an, sondern als Bedrohung meiner Freunde. Leider muss ich mich den Gegebenheiten stellen. Um auf deine Frage zurückzukommen: Wenn du willst, dass ich dich freiwillig begleite, besiege mich im fairen Kampf! ... Muss ich dir zuvor erklären, was das ist?«
Der Schwarzmagier wurde blass vor Wut. »Wie kannst du es wagen?«
»Schlechte Gene väterlicherseits! Triff deine Entscheidung!«
Erik stöhnte auf, weil sein Vater unbeabsichtigt die Finger in seine Schulter gekrallt hatte.
Der erklärte verlegen: »Entschuldige bitte, aber Aeneas übertreibt. Wenn er so weiter macht, bringt Karon ihn um und uns gleich mit.«
»Das wird er ohnehin früher oder später«, erklang hinter ihnen Ermas leise Stimme.
Duncan drehte sich überrascht um. »Wie kommen Sie denn jetzt hierher?«
»Es hat sich keiner für mich interessiert. Alle schauen nur auf Karon und Aeneas.« Sie starrte mit feuchten Augen auf den Rücken des Ringlords. Wie hatte er gesagt? Kein Schwarzmagier dürfte jemals wieder zur Bedrohung werden. Erst gerade war ihr klar geworden, was er damit gemeint hatte. Er hatte gar nicht die Absicht, diesen Kampf zu überleben. Ein Frösteln überlief sie.
Aeneas sah sein Gegenüber mit aufreizender Gelassenheit an und begann, auf den Füßen zu wippen.
Karon verblüffte alle Anwesenden, indem er plötzlich schallend auflachte. »Du bist gut, richtig gut. Kalt wie Eis! Die Schule deiner Großmutter ist deutlich zu erkennen. Aber was hast du vor?«
Es kostete Aeneas enorme Kraft, seine Gedanken gegen Karons permanente Angriffe abzuschirmen.
»Finde es heraus!«, entgegnete er in provozierendem Tonfall und mit einem Blinzeln. »Du bist doch der mächtige Herr von Loth.«
»Was glaubst du, wie lange du deine Barriere aufrechterhalten kannst, mein kleiner Rhan? Sie ist auch nicht nötig. Du hast bisher nur die schlimmsten Gerüchte über mich gehört, weil die Rhan schon immer Angst vor größeren Magiern hatten. Hat die Oberin, diese Hexe, dir jemals erzählt, wie sehr mich deine Mutter liebte, und wie sehr ich sie liebte? Nein, nicht wahr? Sie weiß nämlich gar nicht, was Liebe ist. Selbst ihr Ehemann floh vor ihrer Kälte. Für sie zählten nur Macht und Einfluss. Ich hatte nie die Absicht, Rhanmarú zu zerstören, schon weil es Joannas Heimat war, bis deine Großmutter herausfand, wer ich war. Sie konnte mich nie leiden, weil sie spürte, dass ich stärker war als sie. Sie allein war es, die deine Mutter durch ihre permanenten Lügen über mich dazu getrieben hat, in den Tod zu gehen, und dann hat sie mich glauben lassen, auch du wärst tot. Die Zerstörung Rhanmarús sollte meine Rache sein. Rache dafür, dass sie mir alles genommen hatte, was mir jemals etwas bedeutet hat!«
Karons schwarze Augen fixierten die seines Sohnes, saugten sich förmlich daran fest. Jetzt seufzte er tief auf und fuhr fort: »Ich war verzweifelt, Aeneas. Kannst du das nicht verstehen? Ich hatte alles verloren, meine geliebte Joanna und mein ersehntes Kind, und die Hexe hat bekommen, was sie wollte. Mich konnte sie
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