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Die Suche nach den Sternen

Die Suche nach den Sternen

Titel: Die Suche nach den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Kapp
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Selbst wenn das eiserne Schiff in diesem Moment eingetroffen wäre, hätte der Leuchtturmwärter nicht gewußt, wie man Menschen und Ladung hätte sicher von Bord schaffen können.
    Aber jetzt wurde es dunkel, und nur einige wenige schwache Lampen erleuchteten den Landungssteg. Yena, seine liebste Yena, würde das eiserne Schiff steuern. Sie war eine der besten Steuerfrauen und kannte die Stürme des Remos-Meers, warum war sie also noch nicht eingetroffen? Immer wieder kämpfte sich Aanabis den Leuchtturm hinauf und duckte sich hinter der steinernen Brüstung, damit der Wind ihn nicht packte und wegwirbelte. Er beobachtete genau, in welche Richtung der Sturm die Gischt trieb, und stellte fest, daß sie im großen und ganzen mit der für die Tageszeit üblichen übereinstimmte. Selbst wenn niemand das Ruder des eisernen Schiffs übernommen hatte, hätte es nach Hause finden müssen. Dort draußen in der Dunkelheit, zwischen den wütenden Wassermassen mußte etwas Schreckliches passiert sein.
    Die Stunden zogen sich dahin und mit ihnen stieg seine Besorgnis. Der irrationale Drang stieg in ihm auf, sich dem Wind und dem Wasser entgegenzuschleudern, um einen Durchlaß für das eiserne Schiff und seine Geliebte zu erzwingen. Aber ihm blieb nur, immer wieder die Spitze des Leuchtturms zu erklimmen, wo er eine bessere Sicht hatte, zwischen den Dämpfen der heißen Lampen zu sitzen und in die Dunkelheit zu starren, in der der Sturm wütete.
    So saß er fast bewegungslos da, nur die wächsernen Dämpfe der Lampen ließen ihn gelegentlich husten. Plötzlich sah er ein Licht, und sein Herz machte einen Satz, als er für einen Moment glaubte, Yenas Schiff würde einfahren. Dann ging ihm auf, daß das weit entfernte Licht zwar fiel, aber zu hoch stand, um zu einem Schiff zu gehören. Aanabis hatte noch nie ein solches Notsignal gesehen, und er vermutete, daß etwas vom Himmel gefallen war. Aber was immer es auch gewesen sein mochte, das Licht erlosch abrupt, und damit war bewiesen, daß es ins Meer gefallen war.
    Eine halbe Stunde später sah er das Licht zum zweitenmal, und wieder glaubte er die Umrisse eines eisernen Schiffs zu sehen. Aber er irrte sich. Es war ein kleineres Fahrzeug, und es trug zu viele und zu helle Lichter. Dazu wehte der Sturm Brocken eines lauten, volltönenden Geräuschs herüber, das ihn an das Heulen des Winds im Kamin unten in dem kleinen Wärterhäuschen erinnerte. Das Fahrzeug kam geradewegs durch die Felsspalte; die großen Wellen schienen ihm nichts anzuhaben, da es nicht in ihrem Rhythmus stieg und fiel. Dann sah Aanabis das Unglück kommen. Das Schiff konnte offensichtlich nicht rechtzeitig den Anker werfen und schoß mit der Geschwindigkeit des Sturmwinds auf den steinernen Landesteg zu.
    Aanabis, der einen katastrophalen Schiffbruch befürchtete, zog seinen Mantel fest um den Körper, damit ihn die Lampen nicht versengten, und kletterte eilig das mit Knoten besetzte Tau hinunter in das Wärterhäuschen. Die Reflektionen der Lampe in den Fenstern behinderten seine Sicht, aber er gewann den sonderbaren Eindruck, daß das Schiff den Landesteg nicht gerammt hatte, sondern auf ihn hinauf gehoben worden war, möglicherweise durch eine große Welle. Doch kein Schiff, ob hölzern oder eisern, konnte einen solchen Vorgang ohne die schlimmsten Schäden überstehen, und Aanabis, der einzige Wächter in dieser Nacht, kannte seine Pflichten: Zuerst mußte er herausfinden, was geschehen war, und dann mußte er so schnell wie möglich Hilfe holen.
    Als er am Fuß des Leuchtturms ins Freie trat, packte ihn eine Böe und schleuderte ihn rückwärts die abgetretenen Steinstufen herunter. Sein Kopf schlug auf das Pflaster. Er verlor für einige Sekunden das Bewußtsein, dann setzte er sich wimmernd auf. Die Gischt durchnäßte seine Kleidung, und der Wind kühlte seinen Körper sofort aus. Aber das Pflichtbewußtsein besiegte seine Leiden. Der Leuchtturmwächter kämpfte sich wieder auf die Beine und stieg – zwischen die Wände geduckt, um sich vor dem Wind zu schützen – die lange Treppe zum Landungssteg herunter.
    Der Steg lag in fast völliger Dunkelheit, da der Sturm zwei der drei Lampen weggeweht hatte, aber im Licht der verbliebenen Lampe am anderen Ende des Stegs bot sich ihm ein verblüffender Anblick. Jemand schien mitten auf dem Landungssteg ein sonderbares Haus gebaut zu haben, aus dessen Fenstern grelles Licht drang.
    An diesem Punkt hätte ihn die Angst vielleicht veranlaßt kehrtzumachen, aber

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