Die Suche nach den Sternen
Masten und die Takelage waren verschwunden. Aanabis starrte in den Kasten und wußte im selben Moment, daß ihm seine Phantasie das Bild vorgaukelte. Die Nacht war pechschwarz, und selbst ein Vogel konnte nichts mehr sehen.
Der Löwenmann blieb aber hartnäckig. »Ist es das?« Er verstellte etwas an dem Kasten, und das Bild wurde deutlicher. »Ist das dein eisernes Schiff?«
Manaou Aanabis nickte, er traute sich noch nicht, wieder zu sprechen. Das Ganze erinnerte ihn an Hexerei.
»Hm, das Schiff ist in großer Bedrängnis; der Sturm nimmt immer noch an Heftigkeit zu. Wenn es sich in einem dieser Wellentäler auf den Kopf stellt, sinkt es wie ein Stein. Ich hoffe, wir können helfen.« Er wandte sich mit gerunzelter Stirn ab und beriet sich mit den übrigen Hausbewohnern, dann kam er zurück. »Wenn wir es schaffen, ein Tau an dem Schiff zu befestigen, haben wir eine Chance. Dann können wir es so steuern, daß es durch die Wellentäler kreuzt, anstatt daß es seine Breitseite hinhält. Wir werden es versuchen, aber ich kann dir nichts versprechen.«
Das heulende Geräusch ließ nach, und Aanabis hatte das unbehagliche Gefühl, daß sie fielen. In der Zwischenzeit führten Sine Anura und Maq eine Diskussion, die mit einem Entschluß endete, den Aanabis im Leben nicht erraten hätte. Maq öffnete eine der Türen des Hauses, und einen Augenblick lang fegte der wütende Sturm ungebremst durch das Innere. Dann tat die grüne Frau etwas völlig Aberwitziges: Sie zog sich aus, schulterte eine Rolle dünnen Seils, legte einen Gurt mit kleinen Behältern um, winkte ihnen fröhlich zu und sprang hinaus in die tobende See.
Kapitel 10
Manaou Aanabis lähmte das Grauen. »Sie wird sterben«, schrie er.
Maq bedachte ihn mit einem aufmunternden Lächeln. »Das glaube ich nicht. Sines Vorfahren stammen teilweise aus dem Meer, und es gibt nichts dort unten, was ihr Angst einjagen könnte. Komm mit, wir sehen uns auf den Schirmen an, wie sie vorankommt.«
Ancors Worte entsprachen der Wahrheit. Lediglich das leichte Seil hatte Sine bei ihrem Zwanzig-Meter-Sprung etwas behindert, aber jetzt war sie in das Meer eingetaucht und bewegte sich, als ob sie ihr eigentliches Element gefunden hätte. Wie vereinbart schoß Tez eine Leuchtkugel über das eiserne Schiff, um ihr die Sicht zu erleichtern, und sobald der Sturm die Kugel wegtrug, feuerte er jeweils ein weiteres Leuchtgeschoß. Sine schoß einen Augenblick lang aus den schäumenden Wogen, bestimmte ihre Position und tauchte wieder unter. Dann begutachtete sie aus sicherer Entfernung das schlingernde Schiff und suchte eine Stelle, an der sie die Leine anbringen konnte.
Sie hatte Glück. Während des Sturms hatte man einen Buganker abgelassen, der dann durch eine heftige Bewegung des Schiffs abgerissen wurde. Deshalb trieben jetzt ungefähr zehn Faden Ankertau im Wasser, die an einer Winde auf dem Schiff hingen. Sollte es der Shellback gelingen, das in der See treibende Ende aufzunehmen, würde es wahrscheinlich ein vorzügliches Schlepptau abgeben. Sie befestigte ihr Seil an dem Tau. Am anderen Ende des Seils brachte sie eine Ballon-Boje an, die sich automatisch entfaltete und rasch an die Oberfläche stieg. Dann schwamm sie zur Seite.
Eine Minute später fegte die Shellback über die Wellenkämme, faßte die Boje und zog das Seil ein. Jetzt stand Sine der schwierigste Teil ihrer Aufgabe bevor: Sie mußte an Bord des eisernen Schiffs gelangen, um sicherzustellen, daß das Ankertau sicher am Schiff befestigt war, und um der Mannschaft zu erklären, was vor sich ging. Das Schiff zu entern war sehr gefährlich, aber sie vertraute darauf, daß die See ihr helfen würde.
Die Mannschaft des eisernen Schiffs, die aus den Kabinen durch die Überreste der Takelage starrte, konnte hinterher nicht genau sagen, was geschehen war. Eine Welle spülte über das Schiff, und plötzlich hing ein grünes Meereswesen, das wie eine Frau aussah, in den Seilen und Spieren des Vordecks. Nur wenige Augenblicke später stand sie auf dem Deck und untersuchte die Ankerwinde.
Dann rannte das Wesen auf die Kabinen zu und nahm etwas aus seinen Gürteltaschen. Es hämmerte gegen die Tür, aber Yena hatte Angst vor der furchtbaren Erscheinung. Die Steuerfrau glaubte, daß sie sich bereits im Fegefeuer befänden und weigerte sich, die Tür zu entriegeln. Verblüfft drehte sich Sine um, dann sah sie eine Stelle, an der ein umfallender Mast eine Ecke der Kabine zum Einsturz gebracht hatte. Mit einer
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