Die Sünde aber gebiert den Tod
fest.
»Was ist denn hier los? Gertrud, du solltest dich doch auskurieren!«
»Wollt Ihr wieder angebrannte Grütze und Reste- Essen?«, murrte die ältere Köchin. »Dieses unzuverlässige kleine Gackerhuhn kümmert sich doch um nichts. Und anständig kochen heiße ich etwas anderes.«
»Ich habe schon für die Herzöge von Sachsen und den von Brabant gekocht. Denen war mein Essen fein genug, Frau Gertrud.«
Mit einer heftigen Drehung befreite sich Franziska aus Almuts Griff und stürzte wieder auf den Tisch zu, um eine weitere Tirade loszulassen. Almut hörte sich das Gekeife einen Moment lang an, dann nahm sie einen hölzernen Fleischklopfer und ließ ihn mit aller Kraft auf die Tischplatte krachen. Mehl stiebte in einer weißen Wolke auf, und mit einer Stimme, die sie als Baumeisterstochter zwischen Steinmetzen und Maurern ausgebildet hatte, donnerte sie die beiden Köchinnen an: »Schluss jetzt! Franziska, Gertrud hat Recht, Ihr habt Eure Pflichten hier vernachlässigt. Ihr wisst das ganz genau. Besuche im Adler und tränenselige Erinnerungen haben Euch beständig daran gehindert zu arbeiten. Und du, Gertrud, glaubst doch wohl selber nicht, du könntest schon stundenlang mit deinen gichtigen Füßen in der Küche stehen. Seid ihr beide eigentlich noch ganz richtig im Kopf, euch hier anzuspucken wie zwei verfeindete Katzen?«
»Sie will aber, dass ich Handlangerdienste für sie mache. Das lasse ich mir nicht gefallen!«, giftete Franziska unbeirrt weiter.
»Das ist meine Küche, und hier bestimme ich, wer was tut. Wer seid Ihr denn, dass Ihr Euch zu fein dazu seid, Gemüse zu putzen oder Wasser zu holen?«
Noch einmal fuhr Almut dazwischen: »Beim Kochlöffel der heiligen Sankt Marta, gebt Ruhe, ihr zweiZankhennen. Gertrud, solange wir Franziska als Köchin bezahlen, ist es ihre Küche. Und Ihr, Franziska, hört auf, Eure Nase so hochmütig kraus zu ziehen.« Etwas ruhiger fuhr sie dann fort: »Seht ihr das eigentlich nicht? Keine von euch beiden kann im Augenblick die ganze Arbeit machen.«
»Kann ich ganz gut, brauch die nicht!«, murrte Gertrud.
»Na, dann geh ich eben!«
»Wohin, Franziska? Zum Adlerwirt?«
Franziska gab einen unartikulierten Laut von sich, der nicht gerade Zustimmung ausdrückte.
Almut atmete tief durch und flehte das geduldige Herz Mariens an, ihr beizustehen. Dann fragte sie mit sanfterer Stimme: »Hört mal, ihr zwei Köchinnen. Was ist denn so schlimm daran, wenn ihr gemeinsam arbeitet? Ich bin mir sicher, Franziska, Ihr könnt von Gertrud sogar noch das eine oder andere lernen, sie ist nämlich eine ausgezeichnete Wirtschafterin. Und immerhin ist sie beinahe doppelt so alt wie Ihr.«
»Ich hab meine Ausbildung...«
»Und Gertrud, du könntest dir von Franziska die Zubereitung von den Hühnern im Kräutermantel und diese köstliche Buttersoße zeigen lassen, die sie uns zu Weihnachten gekocht hat. Ich bin sicher, sie weiß auch ansonsten noch einige Rezepte – aus Sachsen und Brabant!«
»Wenn schon.«
Beide Köchinnen starrten sich an, dann setzte sich Gertrud langsam auf einen Hocker und stöhnte leise.
»Kann wirklich noch nicht lange stehen. Und das Teigkneten ging mir auch nicht gut von der Hand.«
»Ich könnte den Pastetenteig für Euch machen, wennIhr den Kohl klein schneidet. Das könnt Ihr im Sitzen tun.«
»Und die Fleischfüllung bereiten.«
»Ja, aber die Soße...«
Almut nahm zwei Brote, einen Topf mit Schmalz und eine Blutwurst, drückte die Sachen Pitter in die Hand und ging zur Tür. Dort drehte sie sich noch einmal um und meinte: »Na also. Geht doch! Übrigens hat es schon elend lange keine süßen Wecken mehr gegeben!«
Als sie fast draußen war, glaubte sie Franziska das Wort »Zicke« murmeln zu hören, und Gertrud antwortete: »Backen wir süße Wecken, das ist das einzige Mittel, das ihre Zunge etwas entschärft.«
»Was für eine kleine Drohtböörsch!«, sagte Pitter mit bewunderndem Grinsen. »Muss eine ganz schön scharfe Soße sein, die die kocht!«
»Würzig, Pitter, sehr würzig.«
Aber mit gewisser Genugtuung stellte Almut fest, dass sich die kleine Köchin wohl inzwischen wieder vollkommen gefangen hatte. Ihre Zänkereien hörten sich ganz normal an.
26. Kapitel
M anchmal wachte Pater Ivo aus seiner Besinnungslosigkeit auf, und dann bissen Schmerzen, Hunger und Kälte zu. Doch es gelang ihm mit großer geistiger Anstrengung, sich selbst wieder in den Zustand halber Bewusstlosigkeit zu versetzen. Das Gefühl für die Zeit war
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