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Die Sünde aber gebiert den Tod

Die Sünde aber gebiert den Tod

Titel: Die Sünde aber gebiert den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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fragen konnte, der sich nicht nur in den Straßen der Stadt prächtig auskannte, sondern auch mit den Machenschaften der mehr zwielichtigen Gruppierungen vertraut war, den Bettlern und Badern, Dirnen und Dieben, die ihre eigenen Zünfte bildeten. »Sag, Pitter, kennst du den Hans von der Schmiergass? «
    »Was habt Ihr denn mit dem avjeleckte Herringsstetz zu schaffen, Frau Begine?«
    »Ich möchte nur ein bisschen mehr von ihm wissen. Er ist doch der Schellenknecht von Melaten, nicht wahr?«
    »Ist er, und reicher als manch ehrliche Händler!« »Das habe ich mir fast gedacht. Was weißt du von ihm?«
    »Je nun, er sammelt die Almosen ein. Er hat seine festgelegten Wege. Jeden Tag geht er durch ein anderes Stadtviertel. Nachmittags bringt er die Sachen nach Melaten – das heißt, die, die er nicht als seinen Anteil behält, der Raafalles. Den verhökert er an einige Trödler. Seine Freunde.«
    Pitter grinste anzüglich, und Almut dachte sich ihren Teil. Es waren sicher nicht die Lumpen, die er weiterverkaufte. Aber dann tippte sie sich plötzlich mit dem Zeigefinger an die Nase.
    »Pitter, er geht jeden Tag in ein anderes Viertel? Wann ist er denn auf seiner Runde beim Adler vorbeigegangen?«
    »Och, das letzte Mal gestern. Aber da war nix zu holen.«
    »Und davor?«
    »Den Donnerstag davor natürlich!«
    »Mh.«
    »Ach nee, nee, Frau Begine, das war doch die Weihnachtswoche, da ist er bestimmt ganz anders gegangen. Da gibt es Stellen, wo mehr zu holen ist.«
    »Klopft er auch an die Klosterpforten?«
    »Klar. Da gibt es oft extra Brot und Käse. Frisst er fast immer selbst. Die in Melaten sehen davon wenig. Außer seinem Liebchen, die ist Magd dort.«
    »Etwa die Evvi?«
    »Die kennt Ihr auch? Mobbelich Pöllche, was? Lebt nicht schlecht mit ihrem Lohn und den kleinen Liebesgaben vom Hans.«
    »Ein blaues Seidenkleid hatte sie an, als ich sie das letzte Mal sah!«
    »Wird schon von ihm sein. Glaubt Ihr, die Frau Clara könnte mir das Lesen beibringen?«
    »Die Mädchen lernen es sehr schnell bei ihr.« »Ja – äh, die Mädchen.«
    »Soll ich die Meisterin fragen, ob du morgens bis zur Terz dazukommen darfst?«
    »Bis zur Terz?«
    »Die Mädchen sind bis zur Sext hier, aber in der Zeit lernen sie, feine Handarbeiten zu machen. Ich denke, das wird dich nicht so sehr begeistern! Aber wenn du gerne Sticken lernen möchtest, lässt sich darüber auch reden.«
    Pitter kicherte und zeigte seine schmuddeligen, von harter Arbeit rauen Hände vor.
    »Besser Päckelches tragen und Holz hacken als sticken.«
    »Gut, dann gehen wir jetzt mal in die Küche und sehen, was Franziska für dich übrig hat.«
    »Au ja.«
    »Und, Pitter – könntest du wohl mal die Ohren spitzen und versuchen herauszufinden, wer den Hans von der Schmiergass beauftragt hat, das Kind von uns zu entführen?«
    »Hat er das versucht?«
    »Sieht so aus, als ob er und zwei Freunde es waren. Einer hatte eine Mönchskutte an, und sie hatten einen Weinschlauch dabei, aus dem sie sich zuvor Mut angetrunkenhaben. Der Wein stammte wahrscheinlich aus Groß Sankt Martin. Die Kutte wohl auch.«
    »Oha! Na, ich stell die Lauscher mal auf, Frau Almut.«
     
    Als sie die Tür zu dem warmen, nach frischem Brot duftenden Raum öffneten, gerieten sie in eine denkwürdige Szene. Auf den bemehlten Tisch stützte sich mit beiden Händen Franziska und blitzte mit geröteten Wangen die Köchin Gertrud an, die sie, knochig und groß, wie sie nun einmal war, vom anderen Ende des Tisches von oben herab musterte.
    »Ich habe die Aufgabe übernommen, das Essen zuzubereiten! Ich bin eine ausgebildete Köchin! Ich habe schon für anspruchsvollere Esser gekocht als für zwölf betende Beginen! Ich bin nicht Eure Küchenhilfe, die Ihr zum Kohlputzen abstellen könnt! Und ich lasse mir von Euch schon gar nicht vorschreiben, welche Gerichte ich zur Vesper vorbereite!«
    Mit jedem Satz war ihre Stimme lauter und schriller geworden. Gertrud zuckte nur verächtlich mit den Schultern.
    »Ihr mögt zwar angemietet sein, für uns zu kochen, aber Euren Lohn habt Ihr nicht verdient. Zwei Tage den gleichen Reste-Eintopf, weil die junge Dame lieber durch die Stadt bummelt. Damit braucht Ihr Euch nicht als Köchin zu brüsten.«
    »Wenn Ihr mit Euren Gichtklauen die ganze Arbeit machen wollt, dann kann ich ja gehen!«, fauchte Franziska und wollte aus der Küche stürmen. Dabei rannte sie beinahe Almut und Pitter um, die noch in der Tür standen. Die Begine fing sie auf und hielt sie

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