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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zwei oder drei, oder nicht?«
    »Nein, nur einen«, versicherte Grey ihm und drehte sich zu ihm um. »Und ich fürchte, es ist noch nicht einmal etwas so sündhaft Exotisches wie Achilles oder Oswald - es ist ein ganz normaler William. Himmel«, sagte er, weil ihm plötzlich ein Gedanke kam. »Wie soll ich dich denn jetzt nennen? Ich kann dich doch jetzt nicht mehr Percy nennen, ohne zu lachen.« Ihm fiel noch etwas anderes ein.
    »Weiß es der General?«
    »Nein«, sagte Percy überzeugt. »Seit dem Tod meiner Mutter bin ich der Einzige, der es weiß.«
    »Kann sie es ihm nicht gesagt haben?«
    »Nein«, sagte Percy leise. »Sie wusste, wie sehr ich es… sie wusste Bescheid. Sie hat mich nie anders als Percy genannt.«
    Einen Moment lang fragte sich Grey, ob Percy gemeint hatte, dass seine Mutter Bescheid wusste, dass er… aber das war doch nicht möglich. Und selbst wenn, war dies Gesprächsstoff für ein anderes Mal. In diesem Moment begriff er die Ausmaße des Geschenks, das Percy ihm gemacht hatte.
    Er war der Einzige, der es wusste. Percy hatte Recht; es war ein großes Geheimnis, und Grey spürte das Vertrauen seines Geliebten als warmes Gewicht auf seinem Herzen.
    Er tastete nach Percys Hand und fand sie. Sie war ein bisschen kalt. Eine Weile lagen sie schweigend da, Seite an Seite, hielten sich an den Händen, während sich ihre Körper aneinander wärmten.
    Eine Kirchenglocke schlug die volle Stunde und dann die Uhrzeit. Er zählte die langen Glockenschläge mit und spürte, wie Percy neben ihm dasselbe tat. Mitternacht. Noch lange bis zur Dämmerung.
    Die Glocke verstummte, und die Luft erschauerte und kam ringsum zur Ruhe wie das Wasser in einem Teich.
    »Soll ich dir ein großes Geheimnis verraten?«, flüsterte er
schließlich. Es war zwar dunkel im Zimmer, doch ihre Augen hatten sich inzwischen daran gewöhnt; schwarze Deckenbalken durchzogen die weiß verputzte Decke so dicht über ihnen, dass er sie berühren konnte, wenn er sich hinsetzte.
    »Bitte.« Percys Hand legte sich fester um die seine.
    »Mein Vater ist ermordet worden.«
     
    »Ich habe ihn gefunden.« Die Worte gingen ihm erstaunlich leicht über die Lippen, als hätte er diese Geschichte schon oft erzählt - das hatte er wohl, aber nur sich selbst.
    »Er lag im Wintergarten. Der Wintergarten hatte Glastüren, die in den Garten hinausführten; das war die einfachste Möglichkeit, das Haus zu betreten und zu verlassen, ohne gesehen zu werden - ich habe sie oft benutzt.«
    So hatte er sie damals auch in der Nacht benutzt, um mit dem Sohn eines Wilderers einen unerlaubten Ausflug zum Fluss zu unternehmen. Er hatte die Tür des Wintergartens sorgfältig festgeklemmt, um in der Morgendämmerung unauffällig zurückkehren zu können. Und als er im sanften grauen Licht zurückkam, nass bis zu den Knien, die Taschen voller interessanter Steine und toter Flusskrebse, ein lebendes Kaninchenbaby im Hemd, war ihm die Tür unverändert vorgekommen. Er hatte sich vorsichtig umgesehen, ob vielleicht die Gärtner besonders früh wach waren, und war mit vor Aufregung klopfendem Herzen hineingeschlüpft.
    »Es war so still«, sagte er und sah in seiner Erinnerung vor sich, wie die Glasscheiben an der Decke zu leuchten begannen, während der hohe Raum darunter noch im Schlummer lag. Alles war in graues Zwielicht getaucht wie im Traum.
    »Es war noch gar nicht richtig Tag. Aus dem Haus kam kein Geräusch, die Farne, Ranken und Bäume, alle still - und doch, weißt du wie es ist, wenn Pflanzen zu atmen scheinen? So war es. Ich habe ihn - die Leiche - zuerst gar nicht gesehen. Mein Fuß ist gegen die Pistole gestoßen; sie lag direkt vor der Tür und ist mit fürchterlichem Geklapper über den Boden gerutscht.«

    Er hatte erstarrt dagestanden und sich dann hastig hinter einer Reihe mit Kübelakazien versteckt - für den Fall, dass jemand den Lärm gehört hatte. Doch das schien nicht der Fall zu sein, und er blickte vorsichtig aus seiner Zuflucht hervor.
    »Er war - er lag unter dem Pfirsichbaum. Ein reifer Pfirsich war neben ihm auf den Steinfußboden gefallen und zerplatzt; ich konnte ihn riechen.«
    Konnte den kräftigen, süßen Geruch in der Dschungelfeuchte der Pflanzen riechen, vermischt mit dem noch kräftigeren Gestank nach Blut und Eingeweiden. Das war seine erste Begegnung mit dem Geruch des Todes; auf dem Schlachtfeld hatte er ihm noch nie etwas ausgemacht, aber er konnte keine Pfirsiche essen.
    »Wie weit…? Die, äh, die… Pistole?« Percy

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