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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ergaben sich Gelegenheiten - und im schlimmsten Fall konnten sie sich auf den Winter und die Zurückgezogenheit und Freiheit Roms freuen.
    Durch diese Gedankengänge und das gleißende Licht des Vollmonds beschwingt, dauerte es eine Weile, bis ihm auffiel, dass Hal sein Hochgefühl nicht teilte, sondern mit gesenktem Kopf neben ihm herschritt. Offensichtlich bedrückte ihn etwas.
    »Was ist los?«, fragte Grey. »Sind wir irgendwie beleidigt worden, ohne dass es mir aufgefallen wäre?«
    »Was?« Hal sah ihn überrascht an. »Nein. Natürlich nicht. Ich habe nur gerade gedacht, ich wünschte, es wäre Frankreich.«
    »Nun, Frankreich hat durchaus seine Vorteile«, sagte Grey wissend, »abgesehen davon, dass es voller Franzosen ist. Aber ich glaube, wir werden hier gut zurechtkommen.«
    »Esel«, sagte Hal noch einmal, aber ohne Erregung. »Es hat nichts mit dem Feldzug zu tun; das hat schon seine Richtigkeit - es mag zwar sein, dass wir hier in der Minderzahl sind, aber ich glaube, wir werden unter Ferdinand sehr viel autonomer agieren können als unter Friedrich. Nein«, fuhr er fort, ohne den Blick vom unebenen Kopfsteinpflaster der Straße abzuwenden,
»ich habe mir Frankreich gewünscht, weil es dort Exiljakobiten gibt.«
    »Oh?« Das Wort »Jakobit« stach ein Loch in die Seifenblase seines Rausches, und Grey streckte die Hand aus, um einen vorüberwankenden Baum abzuwehren. »Warum?«
    Er hatte Hal nichts von den Fragen erzählt, die er Jamie Fraser gestellt hatte; das war nicht nötig, es sei denn, sie führten zu einem Ergebnis. Eine Woche vor ihrer eigenen Abreise hatten sie Sir George und Lady Stanley sicher nach Havanna eingeschifft, und in der Hektik ihrer eigenen Einschiffung hatte Grey keinen Gedanken mehr an das Rätsel um den Tod seines Vaters verschwendet. Es waren keine weiteren Tagebuchseiten aufgetaucht; es hatte keine weiteren Überfälle gegeben. Die ganze Affäre schien sich genauso plötzlich, wie sie begonnen hatte, wieder in Luft aufgelöst zu haben.
    »Wahrscheinlich ohne Grund. Ich habe nur in Bath …«
    »Bath?«, fragte Grey und stolperte ein wenig. »Was zum Teufel ist in Bath?«
    Hal sah ihn mit einer resignierten Handbewegung an. »Victor Arbuthnot«, sagte er.
    Im ersten Moment sagte dieser Name Grey nicht das Geringste, doch dann fiel es ihm wieder ein.
    »Vaters alter Freund? Mit dem er Astronomie betrieben hat?«
    Hal schnaubte.
    »Er mag ja Astronomie betrieben haben, aber seine Freundschaft ist eher fragwürdig. Angeblich war er es, der Vater als jakobitischen Verschwörer denunziert hat.«
    »Er hat … was?« Grey blieb abrupt stehen und starrte Hal an. Der Mond war so hell, dass das Gesicht seines Bruders deutlich zu sehen war. Er konnte sehen, dass Hal mindestens so betrunken war wie er selbst, auch wenn er noch gehen und sprechen konnte. »Du hast ihn gefunden… und hast ihn am Leben gelassen?«
    Hal wedelte ungeduldig mit der Hand, verlor beinahe das Gleichgewicht und hielt sich an einem Baum fest.

    »Arbuthnot schwört, dass er es nicht gewesen ist. Er hat eine Aussage gemacht, ja, und das bereut er bitter. Möglicherweise hätte ich es genauso gemacht, wenn sie mir angetan hätten, was sie ihm angetan haben.« Hal schluckte, und sein Mund verzog sich ein wenig. »Er hat gestanden, selbst Jakobit zu sein und sich mit Katholiken aus Italien und Irland verschworen zu haben, weil er es für ungefährlich hielt, ihre Namen preiszugeben. Doch er schwört, keine Namen von Männern in England preisgegeben zu haben; niemanden, den man hätte festnehmen und verhören können. Und Vater definitiv nicht.«
    Grey verzichtete darauf zu fragen, warum Hal Arbuthnot glaubte. Er tat es anscheinend nun einmal, und Hal war kein Dummkopf.
    »Wie erklärt er dann -«
    »Er weiß es nicht. Er hat die Aussage nicht selbst verfasst - das konnte er nicht.« Hals Mund verzog sich. »Man hat sie ihm vorgelesen, und er hat sie unterzeichnet - wobei ihm ein Mann namens Bowles sanft die Hand geführt hat, sagt er.«
    »Bowles«, sagte Grey langsam. Beim Klang dieses Namens vollführte sein Inneres einen Satz, und er schluckte mehrmals, um sicherzugehen, dass noch alles an seinem Platz war. »Du … kennst du diesen Bowles?«
    Hal schüttelte den Kopf.
    »Harry kennt ihn. Ein kleiner Sadist mit einem Puddinggesicht, sagt er. Geheimagent. Bist du ihm schon begegnet?«
    »Einmal«, sagte Grey und zog an seinem Halstuch, um mehr Luft zu bekommen. »Nur ein einziges Mal.«
    »Nun ja, ich weiß nicht,

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