Die Sünde der Brüder
und Percy hielt inne. Grey wandte sich um und sah, wie er die Katze mit beiden Händen gepackt hielt, das Gesicht kreidebleich
»Es ist aufgeplatzt. Das tut mir leid.«
Er konnte die Schwiele spüren, eine brennende Linie, die an seinem rechten Schulterblatt begann und sich dann an der Mitte seines Rückens hinunterzog. Es fühlte sich an, als hätte ihm jemand einen glühenden Draht auf die Haut gedrückt.
»Das braucht es nicht«, sagte er. »Ich habe dich schließlich darum gebeten.«
»Ja, aber -« Percy hatte sein Hemd aufgehoben und legte es ihm um die nackten Schultern. »Ich hätte nicht damit anfangen sollen. Ich - ich wollte nicht - es tut mir leid.«
»Das braucht es nicht«, sagte Grey noch einmal. »Du wolltest es wissen. Und ich auch.«
Er träumte davon, in der Nacht vor ihrem Aufbruch.
Spürte, dass er gefesselt war, und fürchtete die Beschämung. Schmerz, Entstellung - vor allem aber Beschämung. Dass sich ein Herr in einer solchen Situation wiederfand, entblößt.
Die Männer waren auf dem Platz aufmarschiert, Augen geradeaus. Allmählich begriff er, dass sie nicht ihn ansahen. Löste sich irgendwie und empfand tiefe Erleichterung, dass er nicht derjenige war.
Und spürte doch die Hiebe, stöhnte jedes Mal auf wie ein Tier.
Sah, wie man den Mann schließlich losband, wie er von zwei Männern fortgeschleppt wurde, die sich seine Arme über die Schultern gelegt hatten, während seine eigenen Füße stolperten, als sei er betrunken. Sah ein Gesicht mit klaren Zügen, vor Erschöpfung erschlafft, die Augen geschlossen, und das Wasser lief, tropfte, das Gesicht glänzend, sein Haar fast schwarz, so sehr war es mit Schweiß und Regen getränkt.
Trug Salbe auf die zerplatzte, zerfurchte Haut auf, hatte sie dick auf den Fingern, um ihn so leicht wie möglich zu berühren. Der Rücken des Mannes strahlte Gluthitze aus, obwohl die Haut seiner Arme kühl war und feucht, während der Schweiß darauf trocknete. Ergriff ein Leinentuch, um dem Mann den Schweiß vom Hals zu tupfen, löste den Riemen, der sein nasses Haar zusammenhielt, und begann, es trockenzureiben.
Er spürte das Summen einer Melodie in Kehle und Brust, empfand große Freude bei der Arbeit. Der Mann sagte nichts; das erwartete er auch nicht. Er strich die langen, dichten, halbtrockenen Haarsträhnen zwischen seinen Fingern glatt und wischte ihm über die Ohren, die ihn an die eines kleinen Jungen erinnerten, so zerbrechlich, dass es ihm das Herz brach.
Dann begriff er, dass er rittlings auf dem Mann saß und dass sie beide nackt waren. Der Hintern des Mannes erhob sich vor ihm, glatt und rund und kraftvoll, perfekt im Kontrast zu seinem blutigen Rücken. Und warm. Sehr warm.
Erwachte mit einem furchtbaren Gefühl der Scham tief in seinem Inneren. Das Geräusch tropfenden Wassers in den Ohren.
Tropfender Regen. Tropfender Schweiß, tropfendes Blut, tropfender Samen. Keine Tränen. Der Mann hatte nicht geweint, selbst unter diesen extremen Umständen nicht.
Und doch war sein Kopfkissen nass. Es waren seine Tränen.
Während des ganzen Tages, auf seinem Ritt an der Spitze der marschierenden Kolonne, durch die Straßen Londons und
dann weiter zum Ort ihrer Einschiffung, hielt er sich hin und wieder sacht die Finger unter die Nase, und jedes Mal rechnete er damit, einen Hauch von Heilsalbe zu riechen.
23
Das Rheinland
Tom Byrd war in seinem Element. Er umkreiste Grey wie ein Geier, der ein besonders schmackhaftes Stück Aas im Visier hat, und seine beinahe hämische Freude war nicht zu übersehen.
»Sehr schön, Mylord«, sagte er beifällig und streckte die Hand aus, um hier eine kleine Falte am Kragenaufschlag von Greys bester Paradeuniform glattzustreichen, dort die Kante einer zwanzig Zentimeter langen Manschette gerade zu rücken oder den Fall einer Epaulettenkordel neu zu arrangieren. »Findet Ihr nicht auch, dass er gut aussieht, Sir?«, richtete er sich flehend an Percy, der an die Wand gelehnt stand und Greys Verherrlichung beobachtete.
»Ich bin von seinem Glanz geblendet«, versicherte Percy Tom ernst. »Ich bin sicher, dass er Euch alle Ehre machen wird.«
»Nein, das wird er nicht«, sagte Tom und trat seufzend zurück. »Er wird sich Sauce über den Rüschenkragen schütten, noch bevor der Abend vorüber ist. Entweder das, oder er schließt mit jemandem eine Wette ab und springt mit verschränkten Armen auf diesem riesigen weißen Bastard von einem Pferd über eine Mauer und fällt in den Schlamm. Schon
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