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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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zerbarst; eine Schockwelle durchlief seinen Arm und lähmte ihn kurz. Die Hand des Franzosen hieb mit den Fingernägeln nach seinem Gesicht, traf ihn im Auge, und als er zurückzuckte, verdrehte sich der Mann unter ihm, ergriff seinen Arm und warf ihn ab.
    Er prallte mit der Hüfte und dem Ellbogen auf dem Boden auf. Mit tränenden Augen wühlte er einhändig nach seinem Dolch und stieß mit aller Kraft blind zu. Stoff rieb über seine Hand, und er spürte Körperwärme und Schweißgeruch, während er die Klinge durch den reißenden Stoff drückte, so fest er konnte, auf Muskeln hoffte und den Ruck eines Knochens fürchtete.
    Der Mann stieß einen gurgelnden Schrei aus und stolperte rückwärts. Grey hielt sich die Hand vor das verletzte Auge, und durch den Tränenschleier machte er den Franzosen aus, der vornübergebeugt dastand und mit den Händen seinen Schritt umklammerte, wo sich ein dunkler Fleck ausbreitete. Hinter ihm stand Percy mit offenem Mund, die Pistole in der Hand.
    »Kannst du den Mistkerl endlich erschießen, verdammt?«, brüllte Grey.
    Wie ein Automat hob Percy die Pistole und tat es. Beim Klang des Schusses blinzelte er, dann stand er mit großen Augen da und sah zu, wie der Franzose langsam vornüberkippte, die Hände immer noch an seinem Schritt, und sich dann zusammenrollte wie ein vertrocknetes Blatt von einem Baum.

    »Danke«, sagte Grey. Dann schloss er die Augen und presste sich die Handwurzel fest in die verletzte Augenhöhle. Bunte Feuerräder drehten sich hinter seinem Augenlid, doch der Schmerz ließ nach.
    Kurz darauf zog er die Hand wieder fort und rappelte sich auf die Hände und Knie hoch. So verharrte er einen Moment, um sich zu sammeln, bevor er aufstehen konnte.
    »Gut«, sagte er zu Percy, als er endlich aufgestanden war. Er nieste und räusperte sich. »Das war gut.«
    »Wirklich?«, sagte Percy schwach.
    Grey lief das Wasser aus beiden Augen, und das verletzte Auge ließ sich nicht öffnen. Er konnte jedoch genug sehen, um die Männer zurückzurufen und mit einer Bestandsaufnahme zu beginnen. Die Franzosen waren geflohen und hatten sechs Tote zurückgelassen. Die Verletzten waren einschließlich des Korporals entweder ins Unterholz gekrochen oder von ihren Kameraden mitgeschleppt worden; er hatte nicht vor, nur eine einzige Minute mit der Suche nach ihnen zu vertun. Er ließ Brett rasch durchzählen; keine Verletzten, abgesehen von einer kleinen Wunde, die der Gefreite Johnston im Oberschenkel erlitten hatte - der herumhumpelte und die Taschen der gefallenen Franzosen durchsuchte.
    Grey erteilte zügig den Befehl zum Rückzug. Es war nicht zu sagen, wie weit die Proviantsucher von ihrem eigentlichen Regiment entfernt gewesen waren oder wie schnell sie möglicherweise mit Verstärkung zurückkehren würden. Sie sammelten deshalb rasch die Waffen ein und traten den Rückweg ins Feldlager an.
     
    Es war schon fast dunkel, als Grey endlich in sein Zelt zurückkehrte, nachdem er Kundschafter ausgesandt hatte, die Berichte der Regimentshauptmänner entgegengenommen hatte, auf den Bericht der Kundschafter gewartet hatte, sich mit Ewart Symington beratschlagt hatte, Fähnrich Brett mit einem gesalzenen Kommentar zum Quartiermeister geschickt hatte, ein Fass betreffend, das angeblich gepökeltes Rindfleisch enthielt, bei
welchem es sich jedoch um die Überreste eines extrem betagten Pferdes zu handeln schien, und nachdem er seinerseits Hal Bericht erstattet und die Tagesbefehle für den nächsten Tag verfasst hatte. Während all dieser Vorgänge hielt er sich ein Stück nasse Ladewatte vor das verletzte Auge. Sein Kopf dröhnte, seine Hand schmerzte, und er war ausgehungert, fühlte sich aber dennoch glücklich.
    Das gleiche Gefühl der Vorfreude und Erregung, das sich in seiner Brust erhob, durchströmte das ganze Lager ringsum; man konnte es am Kratzen der Wetzsteine, dem Scheppern der Wasserkessel und am Gesang der Männer hören. Soldaten im Feldlager sangen beinahe ohne Unterlass, es sei denn, sie waren völlig erschöpft oder entmutigt. Und was sie sangen, war unterschiedlich und ließ gute Rückschlüsse auf ihre Stimmung zu. Sentimentale Balladen und verunstaltete Couplets gehörten zum Standardrepertoire im Lager. Auf dem Marsch - kaum überraschend - Marschlieder.
    Doch wenn sie eine Schlacht witterten, wurden die Lieder komisch und derb, und die Bruchstücke, die er auf seinem Weg durch das Lager aufschnappte, hätten einen Seemann zum Erröten gebracht. Es hatte sich

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