Die Sünde der Brüder
herumgesprochen. Die Franzosen waren nicht mehr weit, und die Männer rochen den nahenden Kampf. Er pfiff beim Gehen vor sich hin.
Er traf Tom Byrd und Percy bei einer freundschaftlichen Unterhaltung in seinem Zelt an. Beide sprangen gleichzeitig auf, als sie ihn sahen, und machten großes Aufsehen um den Zustand seines Auges - zumindest Percy - und den Zustand seiner Uniform - natürlich Tom, der sich zwar zunächst überzeugte, dass ihm das Auge nicht ausgestochen worden war, sich dann aber mehr für einen langen Riss im Schoß des Uniformrocks interessierte, den er gerade ausgezogen hatte.
»Seht Euch das an!« Tom schob drei Finger durch den Riss und wackelte damit, während er Grey einen anklagenden Blick zuwarf. »Durch das Futter. Was ist das gewesen, Mylord - ein Schwert?«
»Ich weiß nicht - oh, doch. Es war ein Bajonett.«
Tom holte Luft, als wollte er etwas sagen, verzichtete dann aber murmelnd darauf und legte den Rock beiseite.
»Setzt Euch hin, Mylord«, sagte er resigniert. »Ich hole Euch eine Schüssel Gerstenwasser für Euer Auge.«
Grey ließ sich auf einen Feldhocker sinken und war überraschend froh darüber, sich setzen zu können. Appetitanregende Düfte nach Eintopf und warmem Brot wehten durch das Zelt, und sein Magen knurrte; er hatte seit der Morgendämmerung nichts mehr zu sich genommen. Er hoffte, dass Tom ihm etwas zum Abendessen mitbringen würde; das Auge konnte noch ein wenig warten.
»Deine Männer«, begann er, doch Percy unterbrach ihn mit einem Schnauben.
»Gefüttert, getränkt, gestriegelt und gebürstet, das Langhaar ordentlich eingeflochten und aufgestallt … oder vielmehr, sie sitzen an den Feuern und betrinken sich - ich habe eine Sonderration Bier für sie geordert, war das richtig? - oder treiben sich mit den hiesigen Huren im Gebüsch herum, aber sie sind versorgt. Hast du gedacht, ich würde sie vergessen?«
Möglich, dass Percys Worte einen gereizten Beiklang hatten, doch sein Tonfall war unbeschwert, und Grey lächelte und legte den Kopf schief, um Percy mit seinem gesunden Auge anzusehen.
»Ich bin mir völlig sicher, dass du dich bis zur letzten Kleinigkeit um ihr Wohlergehen gekümmert hast. Ich wollte eigentlich sagen, dass sie ihre Sache heute gut gemacht haben. Sie haben dir alle Ehre gemacht.«
Jetzt errötete Percy, sagte aber nur beiläufig: »Oh. Nun ja. Es sind ordentliche Kerle.« Er räusperte sich; er war immer noch heiser. »Zum Glück ist keiner von ihnen ernsthaft verletzt worden.«
»Nein. Und du?«
Percy sah ihn an und wandte den Blick rasch wieder ab.
»Ich höre einfach nicht auf zu zittern«, sagte er leise. »Sieht man das?«
»Nein«, sagte Grey, fügte aber bewusst nicht hinzu, dass es ihm angesichts seiner derzeitigen Sehfähigkeit wahrscheinlich nicht einmal aufgefallen wäre, wenn Percy gewackelt hätte wie ein Eierpudding bei Sturm. Doch er streckte eine Hand aus und legte sie Percy auf den Arm, der ihm ganz solide vorkam. »Nein«, wiederholte er mit mehr Nachdruck. »Du zitterst nicht. Zumindest merkt man es nicht.«
»Oh«, sagte Percy und holte tief Luft. »Dann ist es nur innerlich. Gut. Was hat Melton gesagt?«
Hals Kommentare ließen sich zum Großteil nicht wiederholen, doch Hal konnte Percy am Morgen seine Meinung selbst kundtun. Bis dahin würde er sich beträchtlich beruhigt haben, und Percy würde nicht mehr zittern.
»Nicht viel«, sagte Grey. »Nichts, was mehr als Fleischwunden hinterlassen hätte. Mach dir deswegen keine Sorgen.«
Danach unterhielten sie sich nur noch über Belanglosigkeiten und waren einfach nur froh, in der Gesellschaft des anderen zu sein - bis Tom zurückkehrte und eine Flasche Brandy und eine Schüssel mit einer milchigen Flüssigkeit mitbrachte, die seinen Angaben nach Gerstenwasser mit Salz enthielt, ein Wundermittel bei Augenverletzungen.
Beides reichte er Percy und verschwand erneut, um etwas Essbares aufzutreiben.
Grey beugte sich über die Schüssel und schnüffelte daran. »Meinst du, ich soll das trinken? Oder es mir über den Kopf schütten?«
»Es ist mir gleichgültig, was du damit anfängst; ich empfehle dir nur dringend, dir den Brandy nicht ins Auge zu schütten. Ich nehme an, das würde brennen. Außerdem brauche ich ihn.« Percy schüttete eine großzügige Dosis der genannten Flüssigkeit in einen Becher, den er über den Tisch schob. Er bemühte sich gar nicht erst, sich selbst auch einen Becher zu suchen, sondern trank direkt aus der Flasche, was Grey
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