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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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möglich, vor einer Schlacht gegenseitig Glück zu wünschen. Er wusste Hals Note umso mehr zu schätzen, als ihm klar war, dass Hal nicht an Glück glaubte.
    Herzog Ferdinands Plan war neuartig und gewagt; die Infanterie sollte ausschwenken und die linke Flanke der Franzosen einschließen, die preußische Kavallerie den so gewonnenen Vorteil nutzen, und die Artillerie sollte vorrücken, um die Divisionen zur Rechten festzunageln. Und das 46ste sollte zur Vorhut des Flankierungsmanövers gehören.
    Er hatte sich statt des üblichen Offiziersschwertes für einen Kavalleriesäbel entschieden, weil dieser ein angenehm handfestes Gewicht hatte und weil er besser zu sehen war. Jetzt
hob er ihn in die Luft und brüllte: »Kompanie, vorwärts - Marsch!«
    Brett und Tarleton trugen seinen Befehl weiter, der sich durch die Reihen hindurch fortpflanzte, und die Kolonnen begannen, sich mit erstaunlicher Geschwindigkeit zu bewegen, sodass sich der Boden in schwarzen Schlamm verwandelte.
    Nebelfetzen drifteten über das sumpfige Gelände, lösten sich aber nicht auf. Trotz der gelegentlichen Regenschauer - überall auf dem Feld hörte man in verschiedenen Sprachen die Aufforderung: »Haltet euer Pulver trocken, ihr verdammten Mistkerle!« - war es kein kalter Tag, und die Männer waren zwar feucht, aber fröhlich.
    Kurz vor der Landwehr trieb er Karolus ein wenig zur Seite, um seine Männer an sich vorbeiziehen zu lassen und auf die Geräusche zu hören, die sich jetzt vernehmbar auf der anderen Seite des Deiches formierten. Die Landwehr selbst war zwar eine formidable Barriere - zwei mit Wasser gefüllte Gräben von jeweils etwa drei Metern Breite, zwischen denen ein massiver, etwa viereinhalb Meter breiter Mittelstreifen verlief -, aber keine sehr breite. An dieser Stelle war sie von dichtem Unterholz gesäumt, sodass er den Feind durch den Nebel und das Laub zwar nicht sehen, aber problemlos hören konnte. Franzosen, dachte er.
    Befehle, Jubelrufe, das Ächzen der Caissonräder, als die Artillerie in Position gefahren wurde… und dann ging alles im Dröhnen der Trommeln unter, als Ferdinands preußische Kavallerie auf Greys Seite der Landwehr in Hörweite kam, angeführt von einem berittenen Trommler. Dragoner - Drachenreiter - nannten sie sich mit diesem typisch deutschen Hang zur Dramatik. Allerdings sahen sie auch ganz danach aus - lauter hochgewachsene Kerle, die aufrecht im Sattel saßen und deren herrlicher Anblick ihn unfreiwillig anrührte.
    Auch Karolus ließ das Geschehen nicht kalt; er fuhr zusammen, schnaubte und machte Anstalten, sich ihnen anzuschließen. Er war schließlich einmal ein Kavalleriepferd gewesen - er liebte Trommeln und Paraden. Grey zog die Zügel fest an,
doch der Hengst tänzelte weiter auf der Stelle und schlug mit dem Kopf.
    Damit steckte er die Pferde der Fähnriche an, und Grey war sich nicht sicher, ob es Brett und Tarleton gelingen würde, die Kontrolle über ihre Pferde zu behalten. Er schnalzte mit der Zunge, wendete Karolus und ritt ein Stück weit in das Wäldchen am Rand der Landwehr hinein, gefolgt von seinen Fähnrichen.
    Er konnte die Trommeln der Kavallerie zwar noch hören, doch jetzt, da die Reiter nicht mehr zu sehen waren, beruhigten sich die Pferde ein wenig. Bretts Pferd zog am Zügel, weil es aus dem Wassergraben trinken wollte, und Grey nickte Brett zu, es dem Tier zu gestatten.
    »Aber nicht zu viel«, sagte er mechanisch, weil er sich gleichzeitig auf die Geräusche in ihrem Rücken und zu ihrer Linken konzentrieren musste, wo sich die anderen britischen Regimenter jetzt sammelten, um die rechte Flanke der Franzosen anzugreifen. Der Doppelgraben der Landwehr war nach den jüngsten Regenfällen bis zum Rand mit Wasser gefüllt, eine schlammige Brühe, die zu seinen Füßen dahinfloss. Grashalme trieben in der Strömung.
    »Was ist denn das?«, hörte er Brett verblüfft sagen und blickte in die Richtung, in die sein Fähnrich zeigte. Zwischen den Bäumen auf der anderen Seite des Grabens waren undeutlich mehrere lange, spitz zulaufende Gestalten zu erkennen. Er kniff die Augen zu und begriff gerade noch, was er sah, als eine dieser Gestalten mit dem Arm ausholte und etwas in seine Richtung schleuderte.
    »Granaten!«, brüllte er. »In Deckung, in Deckung!«
    Die erste Granate traf zu seiner Rechten auf dem Boden ein, wo sie explodierte und Tonscherben in alle Richtungen verstreute. Einige davon trafen Karolus, der heftig scheute und dann buckelte und stieg, als weitere

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