Die Sünde der Brüder
drehte es sich dabei nicht um ihn. Jemand brüllte Befehle auf Französisch; die Infanteriekompanie machte sich für den Abmarsch bereit. Er drückte die Stirn in den kühlen Uferschlamm, schloss die Augen und wartete. Atmete.
Er bedauerte den Verlust des Säbels. Die Pistole steckte noch in seinem Gürtel - der Himmel wusste, wie das kam -, war aber nass und damit unbrauchbar. Blieb der Dolch als einzige brauchbare Waffe. Obwohl das angesichts seiner Position wahrhaftig keine große Rolle spielte.
Er hockte auf der falschen Seite der Landwehr nass und frierend unter einem Busch, nur wenige Meter von Tausenden feindlicher Soldaten entfernt. Nein, es spielte keine große Rolle.
Ein vorsichtiger Blick durch das Gebüsch vermittelte ihm gemeinsam mit dem, was er hören konnte, eine allgemeine Vorstellung vom Stand der Schlacht. Der Großteil der Artillerie befand sich zu seiner Linken - die rechte Flanke der Franzosen. Hin und wieder wurde auf beiden Seiten eine Kanone abgefeuert, bis jetzt jedoch nur, um die Reichweite zu justieren. Rechts von ihm herrschte in einiger Entfernung großer Lärm,
und kleine weiße Pulverwölkchen stiegen auf - dort wurden Gewehrsalven abgefeuert. Nicht viel; noch war das Kampfgeschehen nicht im vollen Gange. Ein kurzer Trommelwirbel in der Ferne. Die Kavallerie war nach wie vor auf dem Marsch.
Ferdinands Truppen waren also wie geplant dabei, die linke Flanke zu umrunden, und die Franzosen und Österreicher versuchten verwirrt, kehrtzumachen und seinem Angriff zuvorzukommen. Dort hätte er sein sollen, mitten im dichtesten Gedränge, an der Spitze seiner Männer. Er blickte frustriert hinter sich zum anderen Ufer - leer. Der Himmel allein wusste, was dort vor sich ging. Brett und Tarleton mussten sofort davongestürmt sein, um jemandem Bescheid zu sagen - wem?, fragte er sich. Bei dem Gedanken, dass Ewart Symington das Kommando über seine Männer übernahm, wurde ihm kalt. Er konnte nur hoffen, dass die beiden Fähnriche zuerst auf seinen Bruder gestoßen waren.
Er machte sich keine Gedanken, was Hal ihm antun könnte. Darüber konnte er nachdenken, wenn er überlebt hatte und seinen Bruder wiedersah.
Es gab drei Möglichkeiten: bibbernd hier sitzen zu bleiben und zu hoffen, dass niemand über ihn stolperte; sein Versteck zu verlassen und sich dem nächstbesten französischen Offizier zu ergeben, falls ihm das gelang, ohne vorher umgebracht zu werden, oder zu versuchen, sich zu einem der Übergänge über die Landwehr durchzuschlagen, um diese zu überqueren und sich seiner Truppe wieder anzuschließen.
Gut. Also nur eine Möglichkeit. Er zögerte einen Moment und fragte sich, ob er seinen klatschnassen roten Uniformrock ablegen sollte, behielt ihn am Ende jedoch an. Ohne seinen Rock lief er Gefahr, von beiden Seiten als Deserteur erschossen zu werden; trug er ihn, war es zumindest möglich, dass ihn jemand auf der englischen Seite erspähte und ihm zu Hilfe kam.
Seine Kopfhaut war empfindlich und blutete noch - seine Finger färbten sich rot, als er die Stelle betastete -, doch immerhin lief ihm das Blut jetzt nicht mehr über das Gesicht. Er
sah sich ein letztes Mal um und kroch dann aus dem Schutz seines Busches durch das dünne Geäst.
Er hätte sich so gern nach rechts gewandt, auf seine eigenen Männer zu. Doch diese waren jetzt fast eine Meile von ihm entfernt, und wenn alles nach Plan gegangen war, kämpften sie inzwischen. Links war der Übergang der Landwehr keine zweihundert Meter von ihm entfernt, und soweit er es hören konnte, herrschte dort fast nur Artilleriefeuer. Also war es in dieser Richtung weitaus sicherer für einen einzelnen Mann, der zu Fuß unterwegs war; solange er keiner französischen Kanone so nahe kam, dass ihn deren Bemannung mit ihren Pistolen erschießen konnte, war die Gefahr, von einer verirrten Kanonenkugel getroffen zu werden, relativ gering.
Abgesehen von einigen kleinen Schrecksekunden ging alles gut, bis er in Sichtweite der Brücke über den Wassergraben kam. Eine Gruppe von Frauen hatte sich darauf niedergelassen und beobachtete das Kampfgeschehen mit lebhaftem Interesse.
Ihrer Kleidung nach gehörten sie zum Armeetross, und sie sprachen Deutsch - aber er konnte nicht unterscheiden, ob mit preußischem oder österreichischem Akzent. Verdammt. Wenn es Preußinnen waren, würden sie einen britischen Offizier wahrscheinlich nicht behelligen. Österreicherinnen jedoch… er musste wieder an das Schwein und die Frauen mit den scharfen
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