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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Augen.
    Himmel. Keine zwei Meter; der Mann konnte ihn kaum verfehlen. Grey sah, wie der Mann die Lippen bewegte und zählte.
    Grey machte kehrt und rannte um sein Leben. Hinter ihm erklang Gebrüll, und dann explodierte eine Granate mit einem lauten, abrupten Peng! Kleine Gegenstände prallten gegen seine Oberschenkel und seinen Rücken und versengten ihm die Beine, doch seine Lederweste durchdrangen sie nicht.
    Sie waren jetzt alle hinter ihm her. Er konnte ihr Getrampel und ihr angestrengtes Grunzen hören, als sie ihm ihre Granaten nachschleuderten. Der Schrecken verlieh seinen Füßen Flügel, und er rannte panisch im Zickzack zwischen den Bäumen hindurch. Kleine blitzende Explosionen erschütterten das Gebüsch, sodass die Amseln und Krähen kreischend aufflogen.
    Er kam rutschend zum Halten und wäre fast gefallen. Ach du Schreck.
    Eine französische Infanteriekompanie wandte ihm die überraschten Gesichter zu, und als ihnen dann dämmerte, was hier vor sich ging, schlangen sich einige von ihnen die Musketen von der Schulter und begannen hastig zu laden. Es gab keinen Weg an ihnen vorbei. Hinter ihnen… hinter ihnen marschierten Rang um Rang, dicht an dicht gedrängte, blau-weiße Uniformen.
    Ein fürchterliches Krachen schien die Bäume zu erschüttern, und eine Kanonenkugel rauschte keine hundert Meter von ihm entfernt auf der anderen Seite der Landwehr durch das Unterholz. Die Schlacht hatte begonnen.
    Lord John Grey grüßte die verblüfften Infanteristen mit einem angedeuteten Salut, wandte sich nach rechts und sprang unter dem verspäteten Hagel der Musketenkugeln und Granaten in die Landwehr.

     
    Er konnte nicht schwimmen. Nicht, dass ihm das geholfen hätte. Seine Ausrüstung war bleischwer, und er versank wie ein Stein, während ihm die Luftblasen aus der Kleidung nach oben stiegen. Landete auf dem schlammigen Grund. Ging ruckartig in die Knie und stieß sich ab, stieg aber keinen halben Meter weit auf. Fiel wieder zurück und spürte, wie seine Stiefel tief in den Schlamm einsanken. Er schlug blind im schlammigen Wasser um sich, versuchte panisch, sich aus seinem Rock zu befreien, begriff schließlich, dass er sein Schwert noch in der Hand hatte und ließ es fallen. Seine brennende Brust weitete sich in dem vergeblichen, unwiderstehlichen Bedürfnis zu atmen.
    Es gelang ihm, sich des Rockes halb zu entledigen, und er quetschte den letzten Atemhauch aus seiner Lunge in seine Luftröhre, um ihm auch den letzten Rest von Sauerstoff zu entziehen. Tastete nach seiner Gürtelschnalle, bekam sie nicht auf und zerrte abermals an seinem Rock. Konnte den kostbaren Atem nicht weiter anhalten und atmete in einer blubbernden Wolke aus Erleichterung und Bedauern aus.
    Er versuchte immer noch panisch, sich den verdammten Rock auszuziehen. Er hing an seinen Schultern fest, und er fuchtelte in der Hektik des Erstickens mit den Armen und rang mit dem Schlamm, dem Gewicht des Wassers, dem Rock, den schweren Stiefeln, seiner schmerzenden Brust, seinem gottverdammten Munitionsbehälter , dessen Riemen sich an seinem Hals verfangen hatte und ihn noch erwürgen würde, bevor er ertri … verdammt!
    Etwas Hartes berührte seine Hand. Schreckenerregende Bilder von Haien, Fischzähnen, Blut - er fuhr zurück.
    Du Idiot , dachte er mit dem letzten Rest von Vernunft in seinem schwindenden Verstand. Du steckst in einem verdammten Graben .
    Und so streckte er ergeben die Hand aus und ergriff den Gegenstand, an den er gestoßen war. Eine Baumwurzel, die ins Wasser ragte. Tastete sich vorsichtig mit der anderen Hand vor, stieß auf ein ganzes Gewirr kleinerer und verholzter Wurzeln,
Wurzeln in Hülle und Fülle. Zog sich den Munitionsbehälter über den Kopf, ließ ihn los, packte die Wurzel, zog einen Stiefel aus dem Schlamm und begann zu klettern.
    Sein Gesicht durchbrach die Wasseroberfläche, und das Gefühl der Luft, die ihm in die Lunge strömte, war so herrlich, dass es ihm gleichgültig war, ob dies sein letzter Atemzug war.
    Mehrere Minuten lang klebte er wie eine Schnecke an diesen Wurzeln. Seine Glieder zitterten, sein Herz hämmerte vor Anstrengung, und er atmete einfach nur ein und aus. Dann wurde sein Kopf klarer, und er begriff, dass er unter einer überhängenden Grasmatte zum Vorschein gekommen war; falls irgendwelche Schützen über ihm auf dem Ufer lauerten, spielte das keine Rolle; er war unsichtbar.
    Ganz in seiner Nähe ging es laut zu, jedoch nicht direkt über ihm, und soweit er das ausmachen konnte,

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