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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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fest zwischen den Ellbogen und ihr gelbes Seidenmieder geklemmt und zog ihn zielsicher auf den Tisch mit den Getränken zu, ohne das Reden einzustellen.
    Wainwright sah Grey mit aufgerissenen Augen an, und Grey erwiderte seinen Blick mit einem angedeuteten Salut, wobei er sich das Lächeln verkniff. Immerhin war Wainwright gewarnt. Und solange er darauf achtete, mit Lady Beverley in der Öffentlichkeit zu bleiben, würde sie eine angenehme Gesellschafterin sein. Schon hatte sie den Kreis, der den Ehrengast umgab, wie das Rote Meer zerteilt und ihn hineingezogen, um ihn dem französischen Philosophen vorzustellen.
    Er entspannte sich ein wenig, als er sah, dass Percy sich zu behaupten schien, und wandte ihm dann bewusst den Rücken zu, um seinen neuen Verwandten nicht durch unangemessene Neugier in Verlegenheit zu bringen.
    »Lord John!« Eine klare Stimme rief nach ihm, und als er
sich umdrehte, sah er, wie ihn seine Freundin Lady Lucinda Joffrey anlächelte. Sie hielt ein kleines, in Leder gebundenes Buch in der Hand. »Wie geht es Euch, mein Lieber?«
    »Ausgezeichnet, danke.« Er machte Anstalten, ihr die Hand zu küssen, doch sie zog ihn lachend an sich und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn stattdessen auf die Wange zu küssen.
    »Ich hätte einen Gefallen, um den ich Euch gern bitten würde«, flüsterte sie ihm ins Ohr und ließ sich dann wieder auf ihre Fersen zurücksinken, um in Erwartung seiner Zustimmung zu ihm aufzublicken.
    »Ihr wisst doch, dass ich Euch nichts ausschlagen kann«, sagte er lächelnd. Sie erinnerte ihn stets an ein Rebhuhn, klein, adrett und ein wenig rundlich mit gütigen, sanften Augen. »Was ist Euer Wunsch, Lady Joffrey? Ein Becher Punsch? Sardinen auf Toast? Oder hat es eher etwas mit Elfenbein, Affen und Pfauen zu tun?«
    »Wahrscheinlich eher mit Perlen, die man vor die Säue wirft«, sagte sie mit Grübchen in den Wangen und reichte ihm das Buch. »Aber es ist nun einmal so, dass ich einen… Verwandten … habe, der eine Reihe von Versen verfasst hat - sicherlich unbedeutend, aber … vielleicht nicht ohne einen gewissen Charme. Ich wollte Sie Monsieur Diderot überreichen -« Sie warf einen Blick in Richtung des Fensters, an welchem der bedeutende Schriftsteller Hof hielt, dann wandte sie sich zurück, und eine schwache Röte überzog ihre Wangen.
    »Aber ich muss feststellen, dass mich mein Mut im Stich lässt.«
    Grey sah sie ungläubig an. Sie mochte ja klein und unterwürfig aussehen, doch sie besaß die List einer Schlange und die Hartnäckigkeit eines Klebpflasters.
    »Ganz im Ernst«, beharrte sie, und sowohl die Grübchen als auch die Röte nahmen zu. Sie ließ den Blick umherschweifen, um sicherzugehen, dass niemand sie hörte, dann beugte sie sich dicht zu ihm herüber und flüsterte: »Habt Ihr zufällig von einem Roman mit dem Titel Les bijoux indiscrets gehört?«
    »Das habe ich, Lady Joffrey«, sagte er mit gespieltem Ernst,
»und ich bin zutiefst schockiert zu entdecken, dass eine Frau von Eurem Charakter mit solch einem skandalösen Werk vertraut ist. Habt Ihr es gelesen?«, erkundigte er sich und gab die Pose auf.
    » Jeder hat es gelesen«, sagte sie. Ihre Anspannung wich einer Miene freundschaftlicher Herablassung. »Eure Mutter hat es mir letztes Jahr zukommen lassen.«
    »Tatsächlich.« Er war nicht überrascht; seine Mutter las alles und war mit einer ganzen Reihe ähnlich wahlloser Damen befreundet, die ständig Bücher miteinander tauschten - von denen die meisten ihre Ehemänner zutiefst schockiert hätten, hätten sich diese ehrenwerten Herren je die Mühe gemacht, sich zu erkundigen, womit sich ihre Gattinnen die Freizeit vertrieben.
    »Habt Ihr es gelesen?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. Les bijoux indiscrets war ein erotischer Roman, den M. Diderot einige Jahre zuvor für seine damalige Mätresse Madeleine de Puisieux geschrieben hatte. Er war in Holland veröffentlicht worden, und eine Zeit lang hatte in England große Nachfrage nach eingeschmuggelten Exemplaren bestanden. Natürlich hatte er das Buch schon gesehen, hatte aber nur eine illustrierte Ausgabe durchgeblättert, um nach den Bildern zu suchen - die ihn eher kalt gelassen hatten. Vielleicht war der Text ja besser.
    »Wie prüde Ihr doch seid«, sagte sie.
    »Sehr. Soll ich daraus schließen, dass diese … Verse … etwas mit den Aussagen dieses besagten Buches zu tun haben?« Er wiegte das Buch in der Hand. Es war klein und schmal, wie es sich für ein Gedichtbändchen

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