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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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aus hellem Licht über den Hügeln zurückgelassen. Die Temperatur war gefallen, und das Schneegestöber hatte zugenommen; schon waren die höchsten Felsen in Weiß gehüllt, und große weiße Flocken landeten auf Greys Rock und blieben schmelzend in seinem Haar und seinen Wimpern hängen, während er auf die Stallungen zuhielt.
    Er hatte gesehen, wie die beiden anderen Stallknechte mithalfen, die Pferde der abreisenden Gäste anzuspannen, doch von Fraser war keine Spur zu sehen. Das war nicht überraschend; wenn er Gäste hatte, war es Lord Dunsany lieber,
wenn sich »MacKenzie« nicht zeigte. Seine Körpergröße, sein Aussehen und vor allem sein Highlandakzent schienen manche Menschen nervös zu machen. Grey hatte zwar einige Bemerkungen über den hochgewachsenen, rothaarigen Bediensteten gehört, der Ellesmeres Sarg trug, doch den meisten war nicht klar gewesen, dass er ein Dienstbote Dunsanys war, nicht des Grafen von Ellesmere - und soweit er wusste, hatte kaum jemand bemerkt, dass er Schotte war, ganz zu schweigen von einem verurteilten Jakobiten.
    Wie erwartet entdeckte er Fraser im Stall, wo er die Pferde mit Heu fütterte.
    »Kann ich mit Euch sprechen, Mr. Fraser?«
    Der Schotte drehte sich nicht um, zog aber eine Schulter hoch.
    »Ich wüsste nicht, wie ich Euch daran hindern sollte, Major«, sagte er. Trotz seiner Wortwahl klang dies nicht unfreundlich, sondern nur argwöhnisch.
    »Ich würde Euch gern eine Frage stellen, Sir.«
    Er hatte Frasers Gesicht genau im Blick und sah im Schein der Laterne, wie er seinen breiten Mund ein wenig zusammenkniff. Doch Fraser nickte nur und stieß seine Heugabel in das wartende Heu.
    »Bezüglich einiger Herren, die eng mit der Sache der Stuarts in Verbindung stehen«, sagte Grey und erntete einen plötzlichen, verblüfften Blick - in den sich ein unleugbarer Eindruck von Erleichterung mischte.
    »Die Sache der Stuarts?«, wiederholte Fraser und wandte Grey den Rücken zu. Seine Schultern krümmten sich, als er erneut mit der Heugabel zustieß. »Auf welche … Herren … bezieht Ihr Euch da, Major?«
    Grey war sich der Tatsache bewusst, dass sein Herz heftig schlug, und er achtete sorgfältig darauf, seine Stimme an diesem delikaten Punkt eisern zu beherrschen.
    »Meines Wissens wart Ihr ein enger Freund des …«, fast hätte er gesagt »des jungen Prätendenten«, doch er verkniff es sich und sagte stattdessen: »von Charles Stuart.«

    »Das -«, begann Fraser, brach aber genauso abrupt ab, wie er begonnen hatte. Er gabelte sein Heu zielsicher in eine Krippe und holte erneut mit der Gabel aus. »Ich habe ihn gekannt«, sagte er ausdruckslos.
    »Natürlich. Dann kann ich davon ausgehen, dass Euch auch die Namen wichtiger Anhänger des Prätendenten in England bekannt sind?«
    Fraser sah ihn an, das Gesicht unergründlich im Laternenschein.
    »Viele von ihnen«, sagte er leise. Er richtete den Blick auf die Heugabel in seinen Händen und bohrte sie in das Heu. »Spielt das jetzt noch eine Rolle?«
    Für Fraser sicher nicht. Ebenso wenig für Hector oder die anderen Toten von Culloden. Doch für die Lebenden…
    »Wenn auch nur einige von ihnen noch am Leben sind, dann denke ich schon, dass es eine Rolle spielt«, sagte er. »Diejenigen, die sich damals nicht zu erkennen gegeben haben, werden jetzt auch kaum wünschen, dass ihre Verbindungen bekannt werden.«
    Fraser atmete mit einem leisen Geräusch der Verachtung durch die Nase aus.
    »Oh, aye. Und ich soll sie wohl denunzieren und so die Vergebung Eures Königs erlangen?«
    »Er ist auch Euer König«, sagte Grey betont. »Das ist durchaus möglich.« Mehr als möglich. Die anti-jakobitische Hysterie der Jahre vor dem Aufstand hatte zwar inzwischen nachgelassen - doch Hochverrat war ein Verbrechen, dessen Schandfleck nie verblasste; er hatte allen Grund, dies zu wissen.
    Fraser richtete sich auf. Er ließ die Gabel sinken und sah ihn direkt an. Das Blau seiner Augen war so dunkel, dass sie Grey an die Bodenplatten einer Kathedrale erinnerten - vom Alter und von vielen Füßen verdunkelt, im Schatten beinahe schwarz, aber so beständig, dass sie die Füße, die auf ihnen herumtrampelten, um Längen überdauerten.
    »Wenn ich bereit wäre, meine Ehre gegen mein Leben einzutauschen
- oder meine Freiheit -, hätte ich es dann nicht schon bei meiner Gerichtsverhandlung getan?«
    »Vielleicht konntet Ihr es damals nicht; Ihr wärt durch die Jakobiten gefährdet gewesen, die noch in Freiheit waren.«
    Dieser Versuch,

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