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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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verborgen zu halten …
    »Der Hof der Stuarts ist löchrig wie ein Sieb, Major«, kam die Stimme leise aus dem Schatten. Fraser hatte ihm den Rücken zugewandt und sich wieder an seine Arbeit gemacht. »Wenn Euer Vater auch nur irgendwie mit den Stuarts in Verbindung gestanden hat und nichts davon bekannt geworden ist… ist er ein sehr schlauer Mann gewesen.«
    »Ja«, sagte Grey trostlos. »Ja, das ist er gewesen. Ich danke Euch, Mr. Fraser.«
    Er bekam keine Antwort außer dem Rascheln des Heus, und er verließ den Stall, gefolgt vom Wiehern der Pferde und Frasers tonlosem Pfeifen. Draußen hatte sich die Welt in ein sanftes, konturloses Weiß verwandelt.
     
    Die Tatsache, dass Fraser ihm geantwortet hatte , bestärkte Grey in seinem Verdacht, was Geneva betraf. Sie hatten ihre Begegnung in der Kapelle zwar mit keinem Wort erwähnt, doch die Erinnerung daran stand deutlich zwischen ihnen. Seine Ehre gestattete ihm nicht, sie zu erwähnen, damit dies
nicht als Drohung interpretiert wurde - doch stillschweigend war diese Drohung ohnehin da. Hätte er sie ausgesprochen, hätte Frasers Ehre - und seine Wut - wahrscheinlich in der ebenso hartnäckigen wie herausfordernden Weigerung resultiert, auch nur ein Wort zu sagen.
    So hatte er zumindest etwas. Es war zwar kein Beweis, weder dafür, dass Fraser eine Beziehung mit Geneva gehabt hatte, noch dafür, dass sein Vater unschuldig gewesen war - doch immerhin war es Stoff zum Nachdenken.
    Das tat er nun, und während er Fraser bis zu seiner Abreise nicht mehr zu Gesicht bekam, bewegten ihn diese Gedanken doch zu einem letzten Akt der Neugier.
    »Dürfte ich dem jungen Grafen meinen Respekt erweisen, bevor ich gehe?«, fragte er und hoffte, dass es so klang, als scherzte er.
    Lady Dunsanys Miene war verblüfft, doch Isobel fand natürlich nichts Seltsames an seiner Frage, weil sie einfach davon ausging, dass die ganze Welt ihre Bewunderung für ihren neugeborenen Neffen teilte, und sie führte ihn nur zu gern ins Kinderzimmer.
    Die Sonne schien - eine blasse, wässrige Wintersonne, aber dennoch Sonne -, und im Kinderzimmer schien alles friedvoll und still. Die Vorhänge im Schulzimmer hingen reglos zu Boden, und Isobel richtete den Blick nicht ein einziges Mal auf das Fenster, an dem er ihr gezeigt hatte, wie man Gegenstände zerstört.
    Der neunte Graf von Ellesmere lag in einem Körbchen, bis zum Kinn in Decken gewickelt und ein Wollmützchen über die Ohren gezogen. Doch das Kind war wach; es steckte sich nachdenklich eine Faust in den Mund und heftete die runden Augen auf Grey - oder vielleicht auch auf die Zimmerdecke; es war schwer zu sagen.
    »Darf ich?« Ohne die Erlaubnis des Kindermädchens abzuwarten, nahm er das Kind vorsichtig in die Arme. Es war ziemlich schwer. Das sagte er auch, worauf sich sowohl Isobel als auch das Kindermädchen in Begeisterungsstürmen über den
Heißhunger und das Fassungsvermögen des Säuglings ergingen - sowie diverse andere widerwärtige Details, die Greys Meinung nach kein geeignetes Gesprächsthema zwischen Männern und Frauen abgaben.
    Dennoch ließ er sie plappern, warf hier und da ein interessiertes »Ah?« ein und blickte verstohlen in das Gesicht des Kindes. Es sah aus wie Pudding, schwach feucht und glänzend. Natürlich hatte es Augen - und er hielt sie für blau, doch seine Cousine Olivia hatte ihm mitgeteilt, dass jedes Kind bei der Geburt blaue Augen hatte. Seine restlichen Gesichtszüge hatten nichts Bemerkenswertes an sich.
    Das Wollmützchen war unter dem Kinn des Kindes mit einer Schleife befestigt, und er versuchte, diese mit dem Daumen zu verschieben, um sie vielleicht über das Kinn zu drücken und dem Kind so das Mützchen abzuziehen.
    Doch dies schien das Baby zu irritieren; es verzog das Gesicht, wurde rot und stieß einen schrillen Schrei aus. Sofort riss Miss Elspeth Grey das Kind schützend aus den Armen. Sie tätschelte ihm tröstend den kleinen Rücken und sah Grey missbilligend an.
    »Ich habe mich nur gefragt - hat es auch Haare?«, fragte Grey verzweifelt. Dies hatte einen völligen Wandel bei den Frauen zur Folge; ihr Tadel verwandelte sich in Dienstbeflissenheit, und sie konkurrierten geradezu darum, dem Baby das Mützchen auszuziehen und Grey die Vorzüge seiner Kopfhaut zu demonstrieren.
    Das Kind hatte Haare. Eine weiche, dunkle Tolle, die ihm mitten über den Schädel lief wie der Aalstrich eines spanischen Esels.
    »Darf ich?«
    Das Kindermädchen sah zwar so aus, als würde sie das Kind

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