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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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hatte. »Sie besteht aber nicht auf dem gelben Samt, oder?«
    »Nein, aber sie hat irgendetwas von persimonenfarbenen Westen gesagt.«
    Grey warf einen argwöhnischen Blick auf seinen Bruder, der seinen Blick mit einer perfekten Unschuldsmiene erwiderte.
    »Du würdest eine Persimone doch nicht einmal erkennen, wenn du darauf säßest«, sagte Grey, »und das Gleiche gilt für Olivia.«
    Er war schon fast zur Tür hinaus, als ihm noch etwas einfiel.
    »Diese Seite aus Vaters Tagebuch«, sagte er abrupt und drehte sich wieder um. »Hast du mit Mutter gesprochen? Hast du noch etwas darüber herausgefunden?«
    In den Augen seines Bruders flackerte etwas auf, dann war es fort.
    »Nein«, sagte Hal beiläufig und widmete sich dem Papierstapel auf seinem Schreibtisch. »Nicht das Geringste.«
     
    Grey ging nicht sofort nach Hause, obwohl sich Percy Wainwright dort aufhielt. Stattdessen überquerte er den Hof und stieg die Treppe hinauf, um nachzusehen, ob Harry Quarry in seiner Amtsstube war.
    Das war er. Er lehnte in seinem Sessel und schien zu schlafen. Ein angetrockneter Federkiel klebte an einer fleckigen Seite eines Heftes fest, das vor ihm auf dem Schreibtisch lag.
    »Übt Ihr Eure Handschrift, Harry?«, sagte Grey in ganz normalem Tonfall. Quarry öffnete schlaftrunken ein Auge, streckte die Hand aus und schlug das Buch zu, ohne den Gänsekiel herauszunehmen.
    »Nicht so laut, bitte«, sagte Quarry und presste die Hände
gegen seine Schläfen, als hoffte er so zu verhindern, dass der Inhalt seines Kopfes entfleuchte.
    »Wohl spät geworden gestern, wie?« Grey zog sich einen Hocker herbei und beugte sich über den Tisch, um seinen Freund zu betrachten.
    »Ich glaube, ich habe etwas gegessen, das mir nicht bekommen ist«, sagte Quarry würdevoll und rülpste zur Demonstration gedämpft.
    »Wirklich? Wie hieß sie denn?«
    Quarry brach in so heftiges Gelächter aus, dass seine Perücke verrutschte und sein Gesicht puterrot anlief.
    »Alter Schuft «, sagte er heiser und klopfte sich vorsichtig auf die Brust. »Was zum Teufel wollt Ihr überhaupt?«
    Grey richtete sich auf dem Hocker auf.
    »Nun, da Ihr fragt… Harry - wisst Ihr zufällig, wie ein gewisser Nathaniel Twelvetrees gestorben ist?«
    Quarry riss die Augen auf. Er holte Luft und begann wieder zu husten. Grey wartete geduldig. Quarry runzelte die Stirn, spitzte die Lippen, seufzte - und gab auf.
    »Er ist nach einem Duell mit Eurem Bruder gestorben. Das ist kein Geheimnis; es gibt eine ganze Reihe von Leuten, die es wissen.«
    »Ihr wart dabei?«, fragte Grey, der etwas in Quarrys Tonfall spürte. Harry verzog das Gesicht.
    »Ich war Meltons Sekundant. Twelvetrees hat aber zuerst geschossen. Hat Meltons Oberschenkel gestreift, aber er ist nicht zu Boden gegangen. Hat natürlich etwas geschwankt, konnte aber noch zielen und hat Twelvetrees am Oberarm erwischt. Damit war der Ehre Genüge getan, und die Sache hätte erledigt sein sollen. Nur, dass sich Twelvetrees Verletzung entzündet hat und er gestorben ist.« Harry zuckte mit den Achseln. »Pech. Dennoch hat Twelvetrees noch auf dem Sterbebett darauf beharrt, dass das Ganze Privatsache war und auch bleiben sollte. Sie sind eine ehrbare Familie. Kalt wie der Tod«, fügte er der Vollständigkeit halber hinzu, »aber ehrbar.«

    »Ich brauche wahrscheinlich nicht zu fragen, was der Grund für das Duell war.« Grey rieb sich das Gesicht, denn er fühlte sich plötzlich müde. Und er brauchte eine Rasur.
    »Nein, das braucht Ihr wohl nicht. Ich höre, Ihr habt das Wettbuch bei White’s gesehen.«
    »Wer hat Euch das erzählt?«
    »Oh, bis jetzt etwa zwanzig oder dreißig Leute.« Harry rückte sich die Perücke zurecht und betrachtete Grey. »Melton war nicht darunter.«
    »Nein, das kann ich mir auch nicht vorstellen.« Grey gab sich keine Mühe, den gereizten Unterton seiner Stimme zu unterdrücken. »Warum hat er Twelvetrees denn herausgefordert? Das Duell hat doch offensichtlich nach dem Abschluss der Wette stattgefunden. Dr. Longstreet hat mir gesagt, Hal hätte von Anfang an gern die Waffen gegen Twelvetrees und die anderen gezogen, doch die kühleren Köpfe hätten die Oberhand gewonnen - wart Ihr das vielleicht, Harry?«
    Harry zog seine dichten Augenbrauen hoch.
    »Woher wisst Ihr denn, dass er es war, der Twelvetrees herausgefordert hat, und nicht umgekehrt?«, fragte Harry.
    Grey zuckte mit den Achseln. Twelvetrees musste die Waffe gewählt haben; Hal kämpfte stets mit dem Schwert, wenn er

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