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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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freundliche Hilfe und Eure Gastfreundschaft zu tiefem Dank verpflichtet. Bitte erlaubt mir, die Bezahlung dieses Herrn zu übernehmen.« Er wies kopfnickend auf den Apotheker und hob die Hand an seinen Geldbeutel.
    »Das braucht Ihr nicht.« Grey tastete nach seinem Rock,
den ihm jemand ordentlich zusammengefaltet unter den Kopf gelegt hatte. »Ich mache das.«
    »Wirklich?« MacNab zog überrascht seine dichten Augenbrauen hoch. »Ich war sicher, dass sich das Diebesgesindel mit Eurer Geldbörse davongemacht hat.«
    »Nein, sie ist hier.« Soweit er das sagen konnte, war alles, was sich in seinen Taschen befinden sollte, noch vorhanden.
    »Äh …« Der Apotheker war rot geworden und warf einen gequälten Blick auf Nessie. »Es ist schon gut, meine Herren. Ich meine - meine Bezahlung - es ist …«
    Ein ekstatischer Schrei drang neben Greys Ohr durch die Wand.
    »Ich habe ihm eine Stunde mit Susan versprochen«, sagte Nessie mit amüsierter Miene. »Aber wenn Ihr ihre Bezahlung übernehmen möchtet, Eure Lordschaft …«
    »Mit Vergnügen.« Umständlich öffnete er seine Börse und holte eine Handvoll Münzen heraus.
    »Ahhh …«
    Er sah den Apotheker an, der jetzt eine leuchtend rote Farbe angenommen hatte.
    »Könnte ich stattdessen vielleicht Janie haben?«, entfuhr es dem Jungen.
    Grey seufzte und fügte den Münzen in Nessies Hand einen weiteren Florin hinzu.
    Erst als er sich dann zurücklegte und sich von dem Apotheker den Ärmel aufrollen ließ, begann er, sich zu wundern. Auch er war davon ausgegangen, dass Raub das Motiv des Überfalls gewesen war. Doch den Dieben musste klar gewesen sein, dass er nach dem zweiten Hieb zu keiner Gegenwehr mehr imstande war. Und dennoch hatten sie ihm nicht die Taschen geleert und die Flucht ergriffen - sie hatten auf ihn eingeprügelt, bis MacNabs rechtzeitiges Auftauchen sie verscheuchte hatte.
    Ob sie ihn ermorden wollten? Das war ein Gedanke, der so kalt war wie die Aderlassklinge, die sich jetzt in seine Ellenbeuge presste. Er verzog das Gesicht, weil ihn der Schnitt schmerzte, und schloss die Augen.

    Nein , dachte er plötzlich. Sie hatten doch ein Messer . Bei der ersten Attacke hatten sie ein Messer benutzt; das Geräusch des Metalls, das über die Ziegelmauer schabte, war unverwechselbar. Wenn sie vorgehabt hätten, ihn zu ermorden, hätten sie ihm problemlos die Kehle durchschneiden können. Und das hatten sie nicht getan.
    Er spürte Wärme, als das Blut aufquoll und ihm über den Arm lief; es fühlte sich beinahe angenehm an.
    Aber wenn sie ihn nur hatten zusammenschlagen wollen … warum? Er kannte sie doch gar nicht. Wenn es eine Warnung sein sollte … wovor?

11
    Warnungen
    In all der Aufregung war es Grey nicht in den Sinn gekommen, sich zu fragen, wie seine Mutter wohl auf sein missliches Abenteuer reagieren würde. Wenn er es getan hätte, wäre er wahrscheinlich davon ausgegangen, dass sie ihm einen mitfühlenden Blick zuwerfen und ihm einen ordentlichen Brandy einschenken würde, um dann ins Theater zu gehen. Niemals hätte er damit gerechnet, dass sie weiß wie ein Leinentuch werden würde. Nicht aus Angst um sein Wohlergehen - aus Wut.
    »Diese Schweine! «, sagte sie in einem Tonfall, der kaum mehr als ein Flüstern war - ein Zeichen außerordentlicher Rage. »Wie können sie es wagen?«
    »Ohne große Schwierigkeiten, fürchte ich.« Grey saß - mit großer Vorsicht - in ihrem Boudoir und betrachtete sich in ihrem emaillierten Handspiegel. Der Apotheker hatte Recht gehabt, was die Blutegel betraf; sein Kinn war zwar noch schmerzempfindlich, doch die Schwellung war stark zurückgegangen, und nur an einer Stelle - rings um das eine Auge bis zur Schläfe - war seine Haut durch die frische Verletzung schwach verfärbt. Doch er hatte eine Platzwunde auf der Wange, und das Blut war ihm über den Hals in sein Halstuch und den Halsbund seines Hemdes gelaufen. Dazu hatte sein Rock einen großen Riss, ganz zu schweigen vom Schmutz der Gasse; Tom würde ebenfalls verärgert sein.
    »Hast du sie erkannt?« Die Hände der Gräfin hatten sich um eine Stuhllehne geklammert. Jetzt, da der erste Schreck nachließ, ließ sie los, doch ihre Finger krümmten sich krampfhaft, als hätte sie am liebsten etwas erwürgt. Hal hatte sein Temperament von seiner Mutter geerbt.

    »Nein«, sagte er und legte den Spiegel beiseite. »Es waren ganz ordinäre Gauner. Es ist doch nicht schlimm, Mutter. Sie haben es ja nicht einmal geschafft, mich auszurauben.« Er zog die

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