Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
Manschette seines Rockes ein wenig herunter, um seine rechte Hand zu verstecken, die keine Bekanntschaft mit den Blutegeln gemacht hatte und daher viel schlimmer aussah als sein Gesicht.
    Sie presste die Lippen aufeinander und blähte die Nasenflügel. Wie es bei Müttern so oft der Fall war, richtete sich ihre Verärgerung nun, da sie den Übeltätern, die ihren Sprössling verletzt hatten, nicht zu Leibe rücken konnte, stattdessen gegen besagten Sprössling.
    »Was in aller Welt hattest du denn in Seven Dials zu suchen, John?«
    Er versuchte, eine Augenbraue hochzuziehen, doch es schmerzte, und so ließ er es bleiben.
    »Hal und ich waren mit Percy Wainwright fechten. Ich war mit ihm auf dem Weg zum Mittagessen.«
    »Oh, Percy Wainwright war dabei? Ist ihm etwas zugestoßen?« Sie runzelte besorgt die Stirn.
    »Nein.«
    »Ich schwöre, dass mir ein Stein vom Herzen fallen wird, wenn ihr alle in Deutschland seid«, sagte sie gereizt. »Ich werde mir viel weniger Sorgen um euch machen, wenn ihr es nur noch mit Geschützbatterien zu tun habt und euch auf Schanzen voller Grenadiere stürzt.«
    Er lachte, wenn auch vorsichtig wegen seiner Rippen, und stand dann ebenso vorsichtig auf. Dabei spürte er einen kleinen harten Gegenstand in seiner Tasche und erinnerte sich.
    »Vater war doch Freimaurer, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte sie, und wieder schien Beklommenheit in ihren Augen aufzuflackern. »Warum?«
    »Ich habe mich nur gefragt - könnte das hier sein Ring sein?« Er fischte den Ring aus der Tasche und reichte ihn ihr. Es war ja möglich, dass er ihn achtlos in der Bibliothek aufgelesen hatte; dort stand ein Tablett mit allerlei Krimskrams des Herzogs,
der zur Erinnerung aufbewahrt wurde. Doch er konnte sich nicht erinnern, je einen Ring darunter gesehen zu haben.
    Bevor sie nach dem Ring griff, sah er, wie ihr Blick zu dem kleinen, mit Einlegearbeiten verzierten Sekretär huschte, der in der Zimmerecke stand. Was ihm sagte, dass der Herzog in der Tat einen solchen Ring besessen hatte - und dass sie ihn behalten hatte. So viel zu den Toten und der Vergangenheit, dachte er zynisch.
    Sie probierte den Ring mit spitzen Fingern an der linken Hand an; er hing so lose wie ein Wurfring auf einem Stock, und sie schüttelte den Kopf und ließ ihn wieder in seine Hand fallen.
    »Nein, er ist viel zu groß. Woher hast du ihn? Und wie bist du darauf gekommen, dass er deinem Vater gehört haben könnte?«
    »Kein besonderer Grund«, sagte er achselzuckend. »Ich weiß nicht mehr, wo ich ihn aufgelesen habe.«
    »Zeig ihn mir noch einmal.«
    Verwundert reichte er ihr den Ring und sah zu, wie sie ihn hin und her drehte und ihn an ihre Kerze hielt, um die Innenseite sehen zu können. Schließlich schüttelte sie den Kopf und gab ihn zurück.
    »Nein, ich weiß es nicht. Aber … John, falls es dir wieder einfällt, wo du ihn gefunden hast, wirst du es mir sagen?«
    »Natürlich«, sagte er in unbeschwertem Ton. »Gute Nacht, Mutter.« Er küsste sie auf die Wange und verließ sie, nach wie vor voller Fragen.
    Er lehnte Toms Angebot, ihm Brot und Milch zu bringen, ab, um stattdessen am Kamin der Bibliothek einen großen Whisky - oder zwei - zu sich zu nehmen, und hatte sich gerade wieder mit dem Universum versöhnt, als Brunton ihm mitteilte, dass er Besuch hatte.
    »Ich komme besser nicht herein.« Percy Wainwright lächelte ihm aus dem Halbdunkel der Eingangsveranda zu. »Ich sollte mich momentan nicht in geschlossenen Räumen aufhalten. Ich bin nur gekommen, um Euch das hier zu bringen.«

    »Das hier« war Greys Dolch, den ihm Percy mit spitzen Fingern reichte. Percy hatte nicht übertrieben, was seine Eignung für eine zivilisierte Umgebung betraf; er trug grobe Kleider, die voller Flecken waren, und seiner ganzen Person haftete ein deutlicher Geruch nach Hinterhöfen und Abfällen an.
    »Ich bin noch einmal zurückgegangen, um ihn zu suchen«, erklärte er. »Zum Glück lag er unter einem Haufen alter Kohlköpfe - ich bedaure den Geruch. Ich dachte - Ihr braucht ihn vielleicht«, schloss er sehr schüchtern.
    Trotz seines verletzten Mundes hätte ihn Grey am liebsten geküsst, hätte sich Brunton nicht im Flur herumgedrückt. So jedoch konnte er Percy zum Dank nur fest die Hand drücken.
    »Danke. Sehen wir uns morgen?«
    Percys Lächeln schimmerte in der Dunkelheit.
    »Oh, ja. Oder soll ich ›Ja, Sir‹ sagen? Denn Ihr seid doch jetzt mein Vorgesetzter, nicht wahr?«
    Darüber lachte Grey, und seine Verletzungen und das

Weitere Kostenlose Bücher