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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Methodisten. Er wusste nichts über Methodisten, ging aber davon aus, dass sie Tanzen als etwas Sündiges betrachteten.
    »Tanzen«, sagte Grey bestimmt. »Tanzen ist für jeden gebildeten Mann unumgänglich, und für einen Offizier erst recht. Um einen bekannten Fachmann zu zitieren: ›Fechten verleiht einem Mann Geschwindigkeit und Kraft, aber Tanzen verleiht seiner Haltung und seinen Bewegungen Eleganz und Würde‹.«
    »In diesem Fall bin ich zum Scheitern verurteilt.«

    »Nun, Tanzen ist nichts Lebensgefährliches«, sagte Grey und rieb sich die Nase, um nicht zu lachen. »Kommt mit mir.«
    »Wohin gehen wir?« Percy sammelte die Muskete, die Dose mit den Kugeln, das Pulverhorn und das restliche Schießzubehör ein.
    »Zum Haus meines Bruders. Meine Schwägerin hat einen ausgezeichneten Tanzlehrer für ihre Söhne, und sie wird gewiss eine paar Privatstunden für Euch arrangieren.«
    Minnie war bezaubert von Percy, dem sie noch nicht begegnet war; und erst recht von der Tatsache, dass er sie um Hilfe bat. Es war nicht das erste Mal, dass Grey dieses Paradox auffiel: Frauen, die bei dem Gedanken an einen starken Mann und Beschützer weiche Knie bekamen, konnten sich gleichzeitig nichts Schöneres vorstellen, als wenn ihnen ein männliches Wesen seine Hilflosigkeit eingestand.
    Nachdem er Percy an Minnie übergeben hatte, die ihm - trotz ihrer Schwangerschaft - mit großem Geschick die wichtigsten Schritte und Bewegungen zeigte, begab er sich in die Bibliothek.
    Hal besaß eine eindrucksvolle Sammlung von Militärhistorikern, Taktikern und Theoretikern, und Grey bediente sich ohne jeden Skrupel an den Werken, von denen er glaubte, dass sie sich bei Percys militärischer Unterweisung am nützlichsten erweisen könnten.
    Flavius Vegetius Renatus - von seinen engsten Freunden kumpelhaft »Vegetius« genannt -, der irgendwann zwischen 385 und 450 nach Christus die Epitoma Rei Militaris geschrieben hatte. Einer von Hals Lieblingsautoren und ein guter Anfang.
    »Nur wenige Männer sind von sich aus tapfer; viele werden es durch Sorgfalt und die Macht der Disziplin «, murmelte Grey und klemmte sich das Buch unter den Arm.
    Mauvillons Histoire de la Dernière Guerre de Bohème in drei Bänden. Äußerst populär und ganz neu; es war erst vor zwei Jahren in Amsterdam veröffentlicht worden. Er fand nur
Band I und II - Hal musste Band III gerade lesen -, doch er nahm sich den ersten.
    Er konnte sich nicht zwischen Marc Aurel, Tacitus und Vauban entscheiden, fügte aber einem Impuls folgend Vergils Aenaeis als leichtere Lektüre hinzu. Das würde fürs Erste reichen; Percy hatte im Moment nicht viel Zeit zum Lesen - genau wie Grey selbst.
    Weil er Schritte hörte, wandte er sich vom Bücherregal ab und stellte fest, dass sein Bruder zurückgekehrt war.
    »Stiehlst du schon wieder meine Bücher?«, fragte Hal lächelnd.
    »Ich hole mir meine eigenen zurück.« Grey tippte mit dem Finger auf die Aenaeis , die tatsächlich ihm gehörte. »Den Vegetius borge ich für Percy Wainwright aus, wenn es dir nichts ausmacht.«
    »Nicht im Geringsten. Quarry sagt, er macht sich gut«, stellte Hal fest. »Wie ich sehe - oder vielmehr höre -, bringt Minnie ihm das Tanzen bei.« Er wies mit dem Kopf zum Salon, wo Gelächter und das Abzählen von Schritten darauf hindeuteten, dass die erste Stunde zufriedenstellend voranging.
    »Ja. Ich glaube, er wird einen sehr guten Offizier abgeben«, sagte Grey, der sich freute zu hören, dass Harry eine gute Meinung von Percy hatte.
    »Gut. Ich schicke ihn morgen an der Spitze einer Kompanie nach Sussex, um eine Pulverlieferung zu holen.«
    Augenblicklich verspürte Grey das Bedürfnis zu protestieren, unterdrückte es aber. Sein Widerspruch lag mehr in der Tatsache begründet, dass er und Percy für den nächsten Tag ein Rendezvous unter vier Augen vereinbart hatten, als in irgendwelchen Zweifeln an Percys Fähigkeit, eine solche Expedition zu bewältigen - oder in seinem Wissen um die Gefahren, die der Transport von Schwarzpulver durch unerfahrene Soldaten barg.
    »Oh, gut«, sagte er beiläufig.
    Genau wie Percy bekam er allmählich das Gefühl, dass er verdammt war - wenn auch nur zu unfreiwilliger Enthaltsamkeit.

    »Wo bist du gewesen?«, fragte er neugierig, denn als Hal seinen Umhang ablegte, fiel ihm auf, dass sein Bruder statt seiner Uniform Reisekleidung trug.
    Diese Frage schien Hal kurz zu verunsichern, und Grey stellte mit Interesse fest, dass er hastig erwägte, ob er die Wahrheit

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