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Die Sünde der Brüder

Die Sünde der Brüder

Titel: Die Sünde der Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Haupttor mit einem dumpfen Gefühl.
    Henry Fielding hatte es in einem seiner jüngeren Romane als »Prototyp der Hölle« beschrieben, und Grey empfand diese Beschreibung als bewundernswert treffend.
    Der Raum, in den man ihn führte, war trostlos; nichts als ein Kartentisch und ein leerer Kamin zwischen farblosen Steinwänden, die Kritzeleien in vielen Handschriften trugen und den einen oder anderen beunruhigenden Kratzer aufwiesen, der die Vermutung nahelegte, dass schon mehr als ein Verzweifelter - oder eine Verzweifelte - versucht hatte, sich mit bloßen Händen zu befreien. Außerhalb des Raumes jedoch erinnerte das Gefängnis an den Abfallhaufen eines Metzgers, in dem es vor Maden wimmelte.
    Er hatte ein Fläschchen Terpentinessenz dabei, die er sich in Abständen auf sein Taschentuch träufelte. Dies betäubte seinen
Geruchssinn, was ein Segen war, und vielleicht bewahrte es ihn gleichzeitig vor Krankheiten. Gegen den Lärm - eine Kakophonie aus Jammerlauten, Flüchen, manischem Gelächter und Gesang, wie es sie sonst nur im Irrenhaus gab - half es jedoch genauso wenig wie gegen die Anblicke, die sich ihm boten.
    Durch das vergitterte Fenster konnte er über einen kleinen Innenhof hinweg eine große Öffnung sehen, die anscheinend eine unterirdische Zelle mit Licht und Luft versorgte und ebenfalls vergittert war. Eine Frau stand von innen auf dem Fenstersims dieser Öffnung und klammerte sich mit einer Hand an die Gitterstäbe, während sie mit der anderen ihre zerlumpten Röcke an ihrer Taille gerafft hielt.
    Sie hatte ihr Geschlecht durch die Lücke zwischen den Gitterstäben gepresst, damit der Wachtposten, der wie ein Käfer von außen an der Vergitterung klebte, es erreichen konnte. Sein Rock war zwar so lang, dass er seinen verkrampften Hintern bedeckte, doch seine tief hängende Hose und seine rhythmischen Hüftbewegungen sagten alles.
    Die Gefangenen, die über den Hof schritten, ignorierten dies und gingen gesenkten Blickes vorüber. Auch die anderen Wachtposten ignorierten es, obwohl ein Mann vortrat und etwas sagte, offensichtlich eine Frage, denn die Frau wandte ihm den Kopf zu und machte anzügliche Kussgeräusche. Dann ließ sie ihren Rock los, um die Hand durch das Gitter zu stecken und ihre Finger verlockend - oder fordernd - zu krümmen.
    Beim Geräusch der Tür, die sich hinter ihm öffnete, riss Grey seinen faszinierten Blick von dieser Szene los.
    Bates war ordentlich mit einer sauberen Uniform bekleidet, trug aber schwere Eisen. Er schlurfte durch die Zelle und ließ sich auf einen der Stühle fallen, ohne eine Begrüßung oder Einladung abzuwarten.
    »Gott sei Dank«, sagte er und seufzte tief. »Ich habe seit Wochen auf keinem anständigen Stuhl mehr gesessen. Mein Rücken bringt mich beinahe um.« Er räkelte sich und stöhnte genüsslich, dann lehnte er sich zurück und richtete den Blick auf Grey.

    Seine Augenfarbe war ein lebhaftes, helles Blau, und er war perfekt rasiert. Grey betrachtete ihn langsam von oben bis unten und nahm sein makelloses Leinenhemd, seine ordentlich frisierte Perücke und seine manikürten Fingernägel zur Kenntnis.
    »Ich wusste gar nicht, dass man hier auch einen Kammerdiener bekommen kann«, sagte Grey, weil ihm keine bessere Vorstellung einfiel.
    »Ich nehme an, es ist so wie überall sonst; man kann fast alles bekommen - solange man es bezahlen kann.«
    »Und das könnt Ihr.« Eigentlich war es keine Frage, und Bates verzog ein wenig den Mund. Er hatte ein kräftiges, gut aussehendes Gesicht und den dazu passenden Körperbau; Hunger litt er im Gefängnis offenbar auch nicht.
    »Es gibt ja sonst nicht mehr viel, wofür ich mein Geld ausgeben kann, nicht wahr? Und man kann es schließlich nicht mitnehmen - sagt mir zumindest dieser lästige Prediger. Wusstet Ihr, dass man hier nicht nur gezwungen wird, sonntags zur Kirche zu gehen, sondern dass man zudem ganz vorn neben seinem Sarg sitzen muss?«
    »Ja, davon habe ich gehört. Es soll wohl Reue auslösen, oder?« Eine weniger reumütige Erscheinung als den Hauptmann konnte er sich kaum vorstellen.
    »Ich weiß nicht, was es bewirken soll «, sagte der Hauptmann ungerührt. »Bei mir bewirkt es jedenfalls furchtbare Langeweile und Rückenschmerzen. Es gibt ja nicht einmal anständige Sitze, sondern nur dreckige Bänke ohne Rückenlehnen.« Er presste die Schultern gegen seine Stuhllehne, als sei er fest entschlossen, die gegenwärtigen Umstände so gründlich auszukosten wie möglich.
    Grey nahm sich den

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