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Die Sünde des Abbé Mouret

Die Sünde des Abbé Mouret

Titel: Die Sünde des Abbé Mouret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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sogar der lange
Fortunat, ohne zu wissen warum, zu weinen begann.
    »Er hat sich noch nicht erholt,« sagte Lisa, »er sollte sich
noch nicht ermüden … Sieh einer an, der Fortunat heult!« »Die
Mannsleute«, schnurrte Babet, »sind weichherziger als die
Frauenzimmer… «
    »Schön hat er geredet, trotz allem,« sagte die Fuchsige
abschließend, »diesen Pfaffen fallen tausenderlei Dinge ein, auf
die nie jemand anderes kommen würde.«
    »Scht,« fauchte die Teufin, die sich schon daran machte, die
Kerzen auszulöschen.
    Der Abbé Mouret stotterte weiter und suchte nach einem
Abschluß.
    »Dieserhalb, teurer Bruder, teure Schwester, müßt ihr leben im
katholischen Glauben; er allein vermag dem Frieden eures Heimes
Dauer zu verleihen. Eure Familie hat euch sicher in der Liebe zu
Gott erzogen, euch angehalten, ihn morgens und abends anzubeten,
auf nichts anderes zu vertrauen als auf die Gaben seiner
Barmherzigkeit… «
    Er sprach nicht zu Ende, wandte sich zum Altar und nahm den
Kelch, den er gesenkten Hauptes nach der Sakristei trug, Vinzenz
voran, der um ein Haar die Kannen und Tücher fallen ließ, um
herauszubekommen, was Katharina hinten in der Kirche wohl
unternähme.
    »Oh, das Rabenherz!« sagte Rosalie, ließ ihren Mann stehen und
lief zu ihrem Kind und riß es an sich.
    Das Kind lachte; sie ordnete seine Windeln und drohte Katharina
mit der Faust.
    »Wäre es gefallen, hätte ich dir ein paar
heruntergehauen.«
    Der lange Fortunat schlenderte herbei. Die drei Mädchen verzogen
spöttisch die Lippen.
    »Jetzt kann er stolz sein,« zischte Babet den anderen ins Ohr,
»der Lump! Die Taler des alten Bambousse hat er sich im Heu
verdient hinter der Mühle … Alle Abend sah ich ihn sich mit
Rosalie davonmachen, an der kleinen Mauer entlang, auf allen
Vieren.«
    Sie lachten höhnisch. Der lange Fortunat blieb vor ihnen stehen
und lachte noch lauter. Er zwickte die Fuchsige, ließ sich von Lisa
Dummkopf schelten. Ein handfester Bursche war er, der auf die
Meinung der Welt pfiff. Der Pfarrer hatte ihn verlegen gemacht.
    »Hoppla, Mutter,« rief er mit seiner lauten Stimme. Die alte
Brichet bettelte an der Sakristeitüre. Dürr und voller
Wehleidigkeit stand sie da vor der Teusin, die ihr Eier in die
Schürzentaschen schob. Fortunat schämte sich in keiner Weise. Er
zwinkerte mit den Augen und sagte:
    »Gerissen ist sie, die Mutter! … Potzdonner! Wenn der
Pfarrer schon Leute in der Kirche sehen will!«
    Mittlerweile hatte Rosalie sich beruhigt. Vor dem Aufbruch
fragte sie Fortunat, ob er den Herrn Pfarrer gebeten hätte, am
Abend zu ihnen zu kommen, um das Zimmer zu segnen nach Ortssitte.
So lief denn Fortunat nach der Sakristei, durchmaß das Schiff auf
Poltersohlen, nicht anders, als liefe er über eine Wiese, kam
wieder zum Vorschein und rief, der Pfarrer käme. Entrüstet über das
Gelärm dieser Leute, die sich wie auf der Landstraße aufführten,
schlug die Teuse leicht in die Hände und schob sie nach der
Türe.
    »Aus ist's,« sagte sie, »macht euch fort,
geht an die Arbeit.« Als sie annahm, alle seien draußen, erblickte
sie Katharina, zu der Vinzenz zurückgefunden hatte. Beide beugten
sich besorgt über das Ameisenloch. Katharina stocherte mit einem
langen Halm in der Höhlung, so eifrig, daß eine Flut erschreckter
Ameisen sich über die Fliesen ergoß. Vinzenz meinte, man müßte bis
auf den Grund kommen, um die Königin zu fangen.
    »Ah, ihr Räuber,« rief die Teusin, »was macht ihr denn da? Wollt
ihr die Tiere wohl in Ruhe lassen! … Fräulein Desideratas
Ameisenloch ist das. Wütend wird sie sein, wenn sie euch auf die
Sprünge kommt!«
    Die Kinder verschwanden eilends.

Kapitel 2
     
    Barhäuptig und in der Sutane war der Abbé Mouret zurückgekommen
und kniete nieder vor dem Altar. Im lichten Grau, das durch die
Fenster sickerte, leuchtete die Tonsur in seinen Haaren bleichbreit
auf, und das leise Frösteln, das ihm über den Nacken lief, schien
von der Kühle herzurühren, die er dort empfand. Er betete
inbrünstig mit gefalteten Händen, so verloren in seine Anrufungen,
daß er nicht einmal die schweren Schritte der Teusin hörte, die
sich in seiner Nähe herumdrückte, aber nicht wagte, ihn zu stören.
Weh tat es ihr, ihn so niedergebrochen zu sehen. Einen Augenblick
schien ihr, als weine er. Da schob sie sich hinter den Altar, um
ihn zu beobachten. Seit seiner Rückkehr mochte sie ihn nicht mehr
allein lassen in der Kirche, nachdem sie ihn eines
Abends ohnmächtig an der Erde

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