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Die Sünde des Abbé Mouret

Die Sünde des Abbé Mouret

Titel: Die Sünde des Abbé Mouret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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saß die Mutter Brichet als einsamer Hochzeitsgast; ihre Art
zu beten war übertrieben; sie kniete unaufhörlich unter so
lebhaftem Gemurmel, daß es schien, als kreise ein Hummelschwarm im
Schiff. Auf der anderen Seite, am Beichtstuhl, hielt Katharina ein
Wickelkind auf dem Arm; weil das Kind zu weinen begonnen hatte,
mußte sie dem Altar den Rücken zukehren und es auf dem Arm tanzen
lassen, ihm mit dem Glockenstrang, der gerade vor seiner Nase
baumelte, die Zeit vertreiben.
    »
Dominus vobiscum,
« sprach der Priester und wandte sich
mit ausgebreiteten Armen.
    »
Et cum spiritu tuo,
« antwortete Vinzenz.
    In diesem Augenblick traten drei große Mädchen ein. Sie stießen
einander, um besser sehen zu können, doch ohne sich zu weit vorzuwagen. Drei Freundinnen der Rosalie
waren es, die auf dem Wege zur Feldarbeit sich hergestohlen hatten,
um zu hören, was wohl der Herr Pfarrer den Vermählten zu sagen
hätte. Große Scheren baumelten ihnen am Gürtel. Sie versteckten
sich endlich hinter dem Taufbecken, kniffen sich, warfen sich
nichtsnutzig hin und wieder und unterdrückten ihre Lachausbrüche
unter geballten Fäusten.
    »Eins ist wenigstens gut,« bemerkte halblaut die Fuchsige, ein
kupferhaariges, kupferhäutiges Prachtmädel, »wenn es aus ist, wird
man sich nicht drängeln.«
    »Vater Bambousse hat Wohl recht,« flüsterte die zierliche
schwarze Lisa mit den Funkelaugen; »hat man Weinstöcke, muß man sie
pflegen … da der Herr Pfarrer die Rosalie durchaus unter die
Haube bringen wollte, kann er das ja allein tun.«
    Babet, die dritte, verwachsen und sehr grobknochig,
kicherte.
    »Die Mutter Brichet bleibt ihm ja,« sagte sie, »die ist fromm
für die ganze Familie … Ho! Hört doch nur, wie sie surrt! Das
wird sich schon bezahlt machen. Sie wird schon wissen wofür.«
    »Orgeln tut sie,« fing die Fuchsige wieder an. Und sie brachen
alle drei in Gelächter aus. Die Teufin drohte ihnen von weitem mit
dem Federbesen. Der Abbé Mouret am Altar kommunizierte. Als er nach
der Epistelseite schritt, um sich von Vinzenz auf Daumen und
Zeigefinger Wein und Wasser der Waschung gießen zu lassen, sagte
Lisa etwas leiser:
    »Es ist bald aus. Gleich wird er zu ihnen reden. Dann kann der
lange Fortunat noch auf sein Feld hinaus.«
    »Und die Rosalie hat keinen Tag der Weinlese
verloren,« äußerte die Fuchsige, »es ist bequem, sich früh trauen
zu lassen … Blöd sieht er aus, der lange Fortunat.«
    »Potztausend,« flüsterte Babet, »dem Bengel ist es eklig, so
lange knien zu müssen. Das ist ihm sicher seit seiner ersten
Kommunion nicht mehr vorgekommen.«
    Doch wurden sie abgelenkt durch den Knirps, mit dem Katharina
spielte. Er verlangte nach dem Glockenstrang, streckte wutblau die
Arme aus und schrie sich die Kehle heiser.
    »Ei, das Kleine ist auch da,« sagte die Fuchsige.
    Das Kindchen heulte weiter und gebärdete sich teuflisch.
    »Leg' ihn auf den Bauch und gib ihm einen Schnuller,« riet
flüsternd Babet der Katharina.
    »Das mag ich nicht,« sagte diese und schüttelte das Kind.
»Still, du kleines Ferkel! … Die Schwester hat es mir auf die
Knie geschmissen.«
    »Selbstverständlich,« begann Babet böse. »Sie konnte es denn
doch nicht dem Herrn Pfarrer zum Halten geben, oder?«
    Diesmal riß es die Fuchsige fast hintenüber, so mußte sie
lachen. Sie ließ sich gegen die Mauer fallen, stemmte die Fäuste in
die Seiten und wollte vor Lachen platzen. Lisa hatte sich an sie
gepreßt und suchte sich dadurch Luft zu machen, daß sie sie an
Schultern und rückwärts zwickte. Babet lachte wie die Buckligen,
sensenscharf drang es ihr aus zusammengepreßten Lippen.
    »Gäb' es den Kleinen nicht, könnte der Herr Pfarrer sein
Weihwasser sparen … Vater Bambousse hatte die Rosalie dem
jungen Lorenz aus der Feigerei zugedacht.«
    »Ja,« sagte die Fuchsige zwischen zwei
Ausbrüchen, »wißt ihr, was er tat, der alte Bambousse? Er warf der
Rosalie Erdstücke auf den Rücken, damit das Kleine
steckenbliebe.«
    »Trotz allem ist es ein netter Dicksack,« flüsterte Lisa. »Die
Erdklöße sind ihm gut bekommen.«
    In einem erneuten Heiterkeitsanfall bissen die drei sich die
Lippen, als die Teufe wild hinkend auf sie zukam. Sie hatte ihren
Besen hinter dem Altar aufgelesen. Die großen Mädchen bekamen
Angst, wichen zurück und nahmen sich zusammen.
    »Ihr Pack,« krächzte die Teufin, »wieder kommt ihr her mit euren
Schweinereien … Schämst du dich nicht, Fuchsige! Da drüben
gehörtest du hin, auf die

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