Die Sünde in mir
versucht, um Ihrer Frau zu helfen und das werden wir auch weiterhin tun. Es ist gut, dass Sie gekommen sind, denn wir haben vor eine spezielle Therapie bei ihr anzuwenden. Da sie selbst die Zustimmung dazu nicht geben kann, brauchen wir Sie dafür. Aber jetzt gehen wir erst einmal rein. Bitte erschrecken Sie nicht, wenn ihre Frau nicht auf Sie reagiert. Nicole kann alles hören, was wir sagen, das wissen wir von Aussagen, die ehemalige Patienten getätigt haben. Also seien Sie bitte vorsichtig. Machen Sie ihr keine Vorwürfe. Nicole erinnert sich nicht an die Tat. Es würde ihren Zustand nur verschlechtern, wenn Sie damit anfangen.“
Herr Schütz nickte. Sie standen bereits vor der Zimmertür, hinter der Nicole lag, die Liebe seines Lebens.
Kapitel 65
„Was hat sie an der Stirn?“
„Nur ein Pflaster. Sie hat sich gestoßen. Den Gips mussten wir allerdings erneuern. Der war gebrochen.“
Ich kenne die Stimmen! In mir wird etwas wach. Ich fühle, wie es sich reckt und wie sich Wärme in meinem Bauch ausbreitet. Mein Herz schlägt schneller. Da ist der Mann. Ich dachte, er sei böse, ist er aber nicht. Konzentriere mich auf die andere Stimme. Vertraut und doch fremd.
„Hallo, Nicky.“
„Sie können sie ruhig anfassen.“
Jemand nimmt meine Hand. Kribbelnd breitet sich das Gefühl aus. Süßer Schmerz.
„Reden Sie ruhig mir ihr. Sie kann Sie hören.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
„Es ist egal. Irgendwas Belangloses.“
Ich lausche gebannt. Je mehr die zweite Stimme sagt, desto deutlicher wird ein Bild in meinem Kopf.
„Du hast viel Post bekommen. Ich … habe sie aufgemacht, weil ich nicht wusste …“
„Es ist egal, was Sie sagen. Wichtig ist, dass sie Ihre Stimme hört.“
„Nicky. Ich bin so durcheinander. Was ist denn nur passiert?“
„Denken Sie bitte daran, was wir besprochen haben.“
Ich möchte, dass er weiter spricht. Seine Stimme bringt etwas in mir zum Klingen. Schlafende Erinnerungen werden wach. Ich höre sie murmeln, aber sie sind wie Nebel. Ich kann sie nicht fassen. Er soll weiter reden!
„Weißt du noch, wie wir uns kennengelernt haben? Du hast in einem Café gejobbt und ich war dort Gast. Ich habe einen Kamillentee bestellt, weil es mir nicht gut ging und du hast gesagt, wenn ich den trinken würde, würde es mir noch viel schlechter gehen. Dann hast du mir ein Spezialgetränk gemischt, von dem du meintest, dass das den müdesten Jockey wieder aufs Pferd bringt. Du hattest recht. Es ging mir an diesem Tag viel besser. Von da an bin ich öfter gekommen und habe den Nicky Spezial bestellt.“
Eine Träne läuft mir über die Wange. Ich kann sie fühlen, wie sie sich ganz langsam ihren Weg bahnt und eine Spur zieht. Dann kommt noch eine und noch eine. Ich glaube, ich weine. Dabei will ich gar nicht weinen. Ich habe gerade ein sehr schönes Bild gesehen. Eine Familie sitzt unter einem Weihnachtsbaum. Die Kinder sind klein und es gibt ganz viele Geschenke. Kerzen spenden warmes Licht. Es sah so friedlich aus uns so schön. Am liebsten wäre ich in das Bild gesprungen.
„Habe ich was Falsches gesagt?“
„Nein, ich glaube, es war genau das Richtige.“
Kapitel 66
Früher
Ich bin so traurig wegen meines Engels, dass nicht mal Karin mich aufmuntern kann. Zwar versuche ich das Essen herunter zu würgen, aber am liebsten würde ich die ganze Zeit nur im Bett liegen und weinen. Als eine der Frauen nach dem Mittagessen auf mich zukommt, werde ich ganz nervös. Was will die von mir? Es ist doch noch gar nicht Abend. Sie will mich doch wohl nicht jetzt schon zu Wolf bringen? Ich kann kaum noch an etwas anderes denken, als daran, dass Wolf mich heute Abend abholen will. Mir ist ganz schlecht vor Angst, aber ich weiß nicht, was ich machen soll.
„Die Frau Direktor will dich sehen“, bekomme ich Bescheid und werde aufgefordert mitzugehen. Karin muss zurückbleiben. Wieder mal bin ich ganz alleine. Die Frau bringt mich in einen Flur, in dem ich noch nie gewesen bin. Alles ist hier ganz still und es riecht anders als in unseren Räumen. Nach Zitrone, glaube ich.
„Du wartest hier, bis du hereingerufen wirst.“
Ich bleibe neben den Stühlen stehen, weil niemand gesagt hat, dass ich mich setzen darf. Ein Fenster geht auf den Innenhof hinaus und ich sehe eine Bank, einen Holztisch und
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