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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
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aufgepasst! Es ist alles meine Schuld! Alles! Alles!
     
     
    „Mutter“, rief der kleine Häwelmann, „ich will fahren!“ Und die Mutter langte im Schlaf mit dem Arm aus dem Bett und rollte die kleine Bettstelle hin und her, und wenn ihr der Arm müde werden wollte, so rief der kleine Häwelmann: „Mehr, mehr!“, und dann ging das Rollen wieder von vorne an.“
     
     
    Ich entspanne mich. Frank hat so eine schöne Stimme, so ruhig. Er liest nicht so wie Oma, aber das macht nichts. Mein Körper wird angenehm schwer.
     
     
    „Endlich aber schlief sie gänzlich ein; und so viel Häwelmann auch schreien mochte, sie hörte es nicht; es war rein vorbei.“
     
     
    Vorbei! Dieses Wort hallt in meinem Inneren nach. Rein vorbei! Den Rest der Geschichte bekomme ich nicht mehr mit. Vielleicht hat Frank auch aufgehört zu lesen.
    Warum hat die Mutter den Häwelmann nicht gehört? Er hat doch laut neben ihr geschrien! Warum weiß eine Mutter nicht, was ihr Kind sagen will, wenn es stumm zu ihr spricht? Müsste sie es nicht erahnen? Aber wie könnte sie, wenn sie nicht einmal das laute Schreien hört? Meine Gedanken drehen sich im Kreis bis mir schwindelig wird. Ich würde sie gerne abschalten, aber es geht nicht.
    Warum hat die Mutter ihn nicht gehört? Warum hat meine Mutter mich nicht gehört? Habe ich nicht laut genug gedacht? Ich durfte doch nichts sagen! Und trotzdem hat er sie alle geholt! Ich bin schuld! Sie sind alle weg, sogar Papa, sogar Tanja! Aber warum Oma? Warum hat er sie mir weggenommen? Das warme Gefühl in meinem Bauch wird zu einem schwarzen Klumpen, der herumrollt und schmerzt. Er liegt mir wie ein großer Stein im Magen. Er hat alle geholt, obwohl ich nichts gesagt habe.
    Karin zählt doch nicht, oder?
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 69
    Früher
     
     
    Die Frau hat mich in einen Raum gebracht, der ganz leer ist. Nicht mal Fenster gibt es hier und die Tür hat keinen Griff. Wenigstens ist es hell. Erst stehe ich nur herum, aber irgendwann setze ich mich in die Ecke und weine. Ich weiß nicht, was ich hier machen soll und ich muss aufs Klo. Später mache ich mir in die Hose und schäme mich ganz furchtbar dafür. Ich traue mich nicht die Hose auszuziehen und sie klebt kalt an meinen Beinen. Sicher stinke ich jetzt. Wie lange soll ich denn noch hier drin bleiben?
    Irgendwann kommt eine der Frauen und schimpft, weil der Boden nass ist. Ich muss mein T-Shirt ausziehen und die Pfütze weg machen. Ich bin so müde!
    „Zieh dich wieder an“, befiehlt sie.
    Ich ekle mich vor dem nassen T-Shirt, aber als sie auf mich zukommt, ziehe ich es mir über den Kopf. Jetzt stinken bestimmt auch meine Haare.
    „Du hattest genug Zeit darüber nachzudenken, was du falsch gemacht hast“, sagt sie.
    Ich nicke, auch wenn ich gar nicht daran gedacht habe. Ich habe nur an Mama gedacht und gebetet, dass sie mich gehört hat und dass sie mich jetzt holen kommt.
    „Komm mit.“
    Die Frau geht vor und ich trotte ihr hinterher. Hoffentlich darf ich mich waschen. Ich will so nicht in den Schlafsaal! Aber da bringt sie mich auch nicht hin. Ich erkenne erst kurz vorher, dass wir zur Krankenstation gehen.
    Wolf!
    Ich bleibe stehen. Ich will da nicht rein!
    „Was ist jetzt schon wieder?“, fragt die Frau genervt.
    „Ich bin nicht krank“, flüstere ich.
    „Das entscheidet wohl immer noch der Arzt“, meint sie.
    Als ich nicht weiter laufe, wird sie böse.
    „Du kannst meinetwegen in dem Beruhigungsraum verrotten“, zischt sie.
    Ich gehe ein Stück rückwärts, weil ich Angst vor ihr habe. Die Tür der Krankenstation geht auf und Wolf kommt lächelnd auf mich zu.
    „Da sehen wir uns ja eher wieder, als ich gedacht habe“, meint er. Ich starre ihn an und fange an zu zittern. Ich sehe zu der Frau, aber die ist nur froh, mich los zu sein.
    „An Ihrer Stelle würde ich sie mit den Klamotten in die Badewanne stecken“, meint sie noch und geht dann weg.
    Ich stehe vor Wolf und kann ihn nur anstarren.
    „Du zitterst ja“, sagt er und klingt besorgt, „komm, zieh dich erst mal aus. Ich lasse dir ein schönes warmes Bad ein.“
    Ich bewege mich nicht, aber das stört ihn kaum. Er sieht sich nach allen Seiten um, dann hebt er mich hoch, obwohl ich so nass bin und stinke. Er trägt mich in einen gekachelten Raum und setzt mich da auf einen Hocker. Während er Wasser in die Wanne laufen lässt, summt er ein Lied. Ich zittere.
    Er kommt zu mir und fängt an mich auszuziehen, ganz langsam und vorsichtig. Dabei summt er

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