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Die Sünde in mir

Die Sünde in mir

Titel: Die Sünde in mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alegra Cassano
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Kaninchen sind viel größer und schwarz weiß. Sie heißen Deutsche Riesen. Emma ist ein Blauer Wiener, sagt Papa. Ihr Fell ist viel weicher und nicht wirklich blau, aber auch nicht richtig grau.
    „Du darfst sie aber nicht schlachten“, bettelt Sabine. Papa lacht nur und schüttelt den Kopf.
    Wir fahren jetzt oft mit dem Fahrrad zum Schrebergarten und besuchen Emma. Sabine nimmt sie immer sofort aus dem Stall, denn sie meint, dort sei es viel zu eng. Papa hat das nicht so gerne, denn wenn die Kaninchen zu viel rumlaufen, werden sie nicht fett. Sabine guckt ihn ganz böse an, als er das sagt. Emma soll doch gar nicht fett werden.
    Irgendwann kommt Papa zum Abendessen nach Hause und sagt, er hätte eine Überraschung für Sabine. In den letzten Tagen hatte sie sich schlecht gefühlt und wollte nicht mal Emma besuchen. Jetzt hält Papa ihr etwas hin, das an einer schwarzen Lederschnur baumelt. Ich erkenne blau – graues Fell, weiß aber nicht, was das ist. Sabine starrt lange darauf, dann steht sie so heftig auf, dass ihr Stuhl umfällt und rennt ins Bad. Ich höre, wie sie würgt, weil sie die Tür nicht zugemacht hat.
    Mama schüttelt nur den Kopf.
    Papa zuckt die Schultern und steckt das Geschenk wieder ein. Er setzt sich an den Tisch und will Abendbrot essen. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Zu fragen, was er da mitgebracht hat, traue ich mich auch nicht.
    Sabine kommt nicht wieder in die Küche. Sie geht sofort ins Bett. Vielleicht ist sie krank.
    Ich will mit ihr reden, als ich auch schlafen gehen soll, aber Sabine weint so heftig, dass sie nicht sprechen kann. Also lege ich mich einfach hin und versuche einzuschlafen.
    „Das waren Emmas Pfoten“, schluchzt Sabine irgendwann. Der Schreck fährt mir durch alle Glieder. Die Farbe des Fells! Natürlich!
    „Er hat sie geschlachtet!“, würgt Sabine hervor. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, so geschockt bin ich. Ausgerechnet Emma! Warum konnte er nicht ein anderes Kaninchen nehmen?
    „Ich hasse ihn! Ich hasse ihn so sehr!“, schreit Sabine. Ich halte mir die Ohren zu und hoffe, dass Papa sie nicht gehört hat.
    „Ich werde weggehen. Ich kann hier nicht mehr bleiben!“, sagt Sabine. Ich höre sie nur ganz leise, weil ich immer noch die Hände über den Ohren habe. Vielleicht habe ich mich ja verhört.
     
     
     
     
     
     
     
     

Kapitel 82
     
     
     
     
    „Es geht gleich los“, sagte Professor Wieland und klopfte seinem Assistenten auf die Schulter. Frank wollte bei der EKT dabei sein, hielt sich aber im Hintergrund. Nicole war schon hereingebracht worden. Sie lag auf einer schwarzen OP – Liege.
    „Sie hat keine Angst“, erklärte der Professor, „gestern Abend hat sie ein Beruhigungsmittel bekommen.“
    Der Anästhesist legte einen Zugang in den Handrücken der Patientin und schloss eine Infusion mit Kochsalzlösung an. Frank sah genau, wie Nicole zuckte, als die Nadel durch die Haut gestochen wurde. Am liebsten wäre er hingelaufen und hätte ihre Hand gehalten und sie beruhigt. Stattdessen heuchelte er medizinisches Interesse.
    „Wir schließen jetzt die Elektroden für das EEG an“, erklärte Professor Wieland sowohl Nicole als auch den anwesenden Ärzten. Außer dem Narkosearzt befand sich auch noch Dr. Sanders, der Intensivmediziner im Raum.
    „Mit dem EEG überwachen wir die Hirnströme und zeichnen die Länge des epileptischen Anfalls auf, den wir gleich auslösen werden, nachdem die Patientin in Narkose ist.“
    Er beugte sich dicht über Nicole: „Du brauchst keine Angst zu haben. Gleich wirst du schlafen und danach geht es dir besser“, erklärte er ihr.
    Franks Herz krampfte sich zusammen. Er hatte in den letzten Stunden alles gelesen, was er im Internet über die Elektrokonvulsionstherapie finden konnte. Dort wurde von einer hohen Rückfallquote geschrieben, was ihm gar nicht gefiel. Davon hatte der Professor natürlich nichts erwähnt.
    „Leiten sie jetzt die Narkose ein“, sagte Wieland in Richtung des Anästhesisten. Frank ließ seinen Blick über die Monitore schweifen, die Nicoles Vitalfunktionen überwachten. Der Puls war leicht erhöht, aber das war sicher doch die Aufregung.
    „Sind die Muskeln relaxiert?“, fragte der Professor. Der Anästhesist nickte und Dr. Sanders gab ebenfalls grünes Licht, nachdem er die Muskelspannung überprüft hatte.
    „Es ist wichtig, dass die Muskeln schlaff sind, damit sie sich während des Krampfes nicht zusammenziehen. So vermeiden wir Verletzungen“, erklärte der

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