Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
die sie belasteten. Es musste heraus, sonst würde sie entweder platzen oder schneller daran zugrunde gehen, als es sein müsste.
Sie rang mit ihren Händen in ihrem Schoß und wich Morrigans Blick erneut aus. Sie konnte dieses Geständnis nicht machen, während sie ihr in die Augen blickte, die sie von oben bis unten zu durchleuchten schienen.
    „Es hat mir geschmeckt. - Bevor ich es erbrochen habe, natürlich. Hinterher fand ich es widerlich und abartig, weil es eben nicht natürlich ist, als Mensch Blut zu trinken. – Mit etwas Abstand und nüchtern betrachtet allerdings nicht mehr. Es ist schließlich niemand dabei zu Schaden gekommen, nicht wahr?!“
    Man hatte keinen grausamen Überfall an einem Unschuldigen verübt, um ihr dieses Blut zu verabreichen. Nico hatte gesagt, sie würden kein Blut von gewöhnlichen Menschen trinken. Immaculates ausgenommen, aber die waren alles andere als gewöhnlich wenn auch menschlicher Gestalt.
    „Nico und Romy haben versucht, mir zu erklären wie diese... Umwandlung... funktioniert. Meine Mutter hat sich offenbar nicht davor gefürchtet, aber sie hatte auch meinen Vater. Ich habe niemanden und selbst wenn Peter sich dazu bereit erklären würde, mir helfen zu wollen, ist er nicht... mächtig... genug, es zu tun. Nico hat gesagt, ich bräuchte... also es muss...“
Die Stimme versagte ihr, weil sie trotz Morrigans Hilfsbereitschaft und keineswegs mitleidigem Blick nicht darüber sprechen konnte, was oder besser wer genau ihr helfen könnte.
    Erneut stieg Hitze in ihr auf und sie brach fast den kleinen Henkel ihrer Tasse ab, als sie danach griff und sich fest daran klammerte, als ob sie das französische Porzellan vor der Wahrheit schützen könnte. Sie nahm einen letzten Schluck, denn viel war nicht mehr vom Tee verblieben und hielt dann die leere Tasse zwischen den Fingern, um sie irgendwie zu beschäftigen.
    „Ich kann doch nicht, ich meine... mit Ihnen hier zu sitzen und Tee zu trinken, ist eine Sache, aber mit einem vollkommen fremden Mann...“
    Gloria blinzelte heftig, da sie nicht schon wieder weinen wollte.
    „...Nico und Romy sprechen darüber, als wäre es die einfachste Lösung der Welt. Aber für mich ist das nicht so. Schmerzen halte ich aus. Ganz sicher sogar. Diese Nahtoderfahrung war sehr hart, aber ich bin nicht gestorben. Doch bei diesem... diesem Ritual... ich soll mich einfach ausliefern und abwarten, was passiert... einem vollkommen Fremden. Das kann ich nicht. So stark bin ich nicht. – Sie verstehen das, oder?“
    Nico und Romy hätten es vielleicht auch verstanden, wenn sie nicht so bockig und verstockt ihnen gegenüber gewesen wäre. Da hatte Gloria sich noch darum bemüht, eine harte Schale zu präsentieren, die von den beiden natürlich sofort geknackt und durchschaut worden war. Morrigan mit denselben Worten anzulügen, wäre unfair gewesen. Zumal sie sich ebenfalls um Gloria zu sorgen schien. Eine Sorge, die Gloria diesmal spürte. Schließlich war Morrigan älter als Nico und Romy und hätte ihr außerdem die Mutter ersetzen sollen.

    Morrigan sog scharf die Luft ein und zwang sich, in Gedanken bis zehn zu zählen, doch nicht einmal die Spanne bis Tausend hätte sie wohl innerlich beruhigt. Sie hatte Gloria einfach alles sagen lassen, was ihr auf der Seele lastete, dann würde es ihr nicht merkwürdig vorkommen, wenn sie all ihre Ängste und Sorgen kannte. Trotz der jahrelangen Trennung spürte Morrigan eine besondere Verbindung zu dem Mädchen. Die Herzen der Immaculate waren treu, wenn sie sich nicht gerade auf einer selbsternannten und nicht nachvollziehbaren Mission gegen ihre eigene Rasse befanden.
    „Es ehrt dich, dass du nicht schlecht von deiner Tante sprichst, Gloria. Du bist ein gutes Kind. Aber du musst verstehen, dass weder ich noch die anderen Frauen großes Verständnis für ihr Handeln aufbringen können. Finanzielle Sicherheit ist eine Sache, doch die allein genügt nicht, um ein Kind groß zu ziehen. Es wäre etwas anderes, wenn sie selbst nur ein gewöhnlicher Mensch gewesen wäre, dem jegliches Wissen über uns fehlte, doch sie war einst die Quelle des Wissens, so dass es keine Entschuldigung für ihre Entscheidung gibt. Tut mir leid, Gloria, ich kann es nur in diesem Licht sehen. Du wirst für dich selbst entscheiden müssen, in wie weit du deiner Tante entgegenkommst. Niemand wird dir in diese Sache hineinreden, aber sie hat gegen Gesetze verstoßen und sie weiß es. Sie wird die Konsequenzen tragen müssen.“
    Morrigan

Weitere Kostenlose Bücher