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Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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in sechzig Jahren. Der Tod und alles was mit ihm zu tun hatte, machte ihr Angst. Das lag vielleicht daran, dass man nie mit ihr über ihre Eltern gesprochen und sie darüber aufgeklärt hatte, wie genau sie umgekommen waren. Es war ein Mysterium und Alptraum zugleich. Etwas, das nicht hätte sein müssen, wenn man ehrlich zu ihr gewesen wäre.

    Morrigan starrte eine Weile lang nachdenklich in die tanzenden Flammen, bevor sie sich wieder ihrem Besuch zuwandte.
    „Du willst nicht sterben, Gloria, sonst hätte dein Geist nicht eine Möglichkeit gesucht, hier auf Erden einen Halt zu finden. Wir können dir einen Zeitaufschub verschaffen, indem wir dich, soweit unsere Mittel reichen, behandeln, bis du für dich selbst eine Entscheidung getroffen hast. Du hast gerade erst von all dem hier erfahren… Du wirst nach und nach Menschen kennen lernen, die dir in deinem Kampf beistehen werden. Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du Fragen hast oder dich ein anderer Kummer bedrückt. Meine Tür steht dir immer offen. Nico und die anderen Frauen stehen genauso bereit, sie wissen schließlich aus eigener Erfahrung, was du gerade durchmachst.“
Morrigan hob die Tasse an die Lippen, um einen kleinen Schluck zu nehmen, so dass Gloria nun Gelegenheit hatte, sich mit ihrem neu erworbenen Wissen auseinander zu setzen und eventuell aufkommende Fragen zu formulieren.

    „Nein, ich will nicht sterben.“, bestätigte Gloria leise, während sie ein weiteren Schluck des warmen Tees in sich aufnahm, der ihr das angenehme Gefühl von eben, als sie im Schein der Flammen gedöst hatte, zurückbrachte.
    „Nico und Romy waren sehr nett zu mir. Catalina mag mich nicht besonders, aber wir haben uns ja auch nur einmal gesehen. Ich glaube, sie fand es nicht gut, dass ich das hier trage.“
    Gloria löste eine Hand von ihrer Tasse, ohne Morrigan anzusehen und zog die Kette mit dem Kreuzanhänger aus dem Poloausschnitt ihres Kleides.
    „Nico hat es mir geliehen, damit ich keine Angst vor dem nächsten Angriff haben muss. Ich will es ihr sobald wie möglich zurückgeben. Ich hatte bisher nur keine Gelegenheit, einkaufen zu gehen.“
    Außerdem war Gloria in den Sinn gekommen, dass es nicht einfach nur ein Anhänger war, sondern mit Sicherheit gegen böse Mächte geweiht, um diese Ghouls auch wirklich in die Flucht zu schlagen.
    „Ich weiß auch nicht, ob es so gut ist, auf die Straße zu gehen. Nach dem Angriff letzte Woche. Nico sagt, ich würde... ich rieche nach... also, auf jeden Fall würde ich sie anlocken, wenn ich rausgehe. Davor habe ich Angst und der Mann, der auf mich aufgepasst hat, war wohl auch nicht sonderlich begeistert von mir.“
    Das war verständlich, denn Gloria hielt sich nicht für besonders attraktiv. Wobei sie an Malcolm nicht einmal ansatzweise persönliches Interesse gezeigt hatte, sondern lediglich zu Mrs. Avery gebracht werden wollte.
    „Ich mache nicht gern Umstände, wissen Sie?! Es ist mir in diesem Moment bereits sehr unangenehm, Sie in Ihrem Tagesablauf gestört zu haben. Ich bin nur meinem Gefühl gefolgt. Meinem Gefühl und der Stimme meiner Mutter, die so große Stücke auf Sie gehalten hat. Und wenn es eine höhere Macht gibt, die dafür sorgt, dass die Toten tatsächlich noch im Guten unter uns weilen, dann tut sie es heute noch.“
    Gloria nahm noch einen Schluck Tee und stellte dann das feine Tässchen zurück auf den Unterteller. Ihre Hände zitterten schon merklich weniger und sie fand den Mut, Morrigan wieder ins Gesicht zu sehen.
    „Mathilda hat mich niemals schlecht behandelt, Mrs. Avery. Sie hat mir vielleicht die Wahrheit verschwiegen, was in Ihren Augen eine nicht wiedergutzumachende Verfehlung sein muss, aber sie hat mir so viel Liebe zukommen lassen, wie ihr möglich war. Ich hatte viele Freunde und war eine sehr gute Schülerin und Studentin. Mathilda hat mir viele Dinge ermöglicht, die sie als Tante hätte verweigern oder als beinahe mittellose Frau für verschwenderisch hätte halten können. Genauso verhält es sich mit Onk...Peter Cullen. Wobei ihm offenbar genauso die Hände gebunden waren, wie Ihnen. Ich weiß, dass er ein Enforcer ist und vielleicht hat Nico Ihnen schon gesagt, dass er... ich... er hat mir sein Blut gegeben.“
    Gloria machte eine unsichere Pause, um Atem zu schöpfen und ihre Offenheit gegenüber Morrigan noch einmal zu überdenken. Aber die Sanftheit und das Wohlwollen auf dem Gesicht ihres Gegenübers machten es ihr leicht, sich die Dinge von der Seele zu reden,

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