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Die Suenden der Vergangenheit

Die Suenden der Vergangenheit

Titel: Die Suenden der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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es sein würde, noch mehr Sachen zu sehen und anzufassen, die vor langer Zeit auch ihre Eltern berührt hatten. Wahrscheinlich würde es mehr sein, als sie allein ertragen konnte und ihre Tante konnte sie kaum bitten, ihr an diesem Tag Beistand zu leisten. Also tat sie das, was in diesem Augenblick das Naheliegendste zu sein schien. Sie bat Morrigan.
    „Würden Sie dabei sein wollen, wenn ich... wenn man mir... diese Dinge übergibt?“, fragte sie und fühlte sich immer noch ein klein wenig atemlos, obwohl das Mittel, das Morrigan ihr gegeben hatte, ihre Kräfte zurückkehren ließ.
    „Ich kenne Flavia noch nicht und ich werde vielleicht Fragen haben, die ich ihr eventuell nicht stellen möchte. Wobei ich damit nicht sagen will, dass ich an ihren Fähigkeiten zweifele. Wirklich nicht. Ich möchte einfach nur, dass jemand, den ich kenne, dabei ist. Würden Sie das für mich tun? – Bitte?“
    Außerdem würde sie mit Morrigan an ihrer Seite, die das Zepter in die Hand nehmen konnte, nicht wieder das Falsche tun und unangenehm auffallen. Es war eine Sache, neue Menschen kennenzulernen, aber eine vollkommen andere, wenn man sich dabei auch noch auf fremden Terrain befand, in dem strenge Regeln und wohl auch ein bestimmtes Protokoll galten, die Morrigan gerade als Formalität abtat.
Wären es nur Formalitäten, dann hätten ihre Eltern es im Kampf um das Erbe Scientias wahrscheinlich leichter gehabt.
Doch genauso wenig wie sie Flavia Halos Fähigkeiten, mit Vermögenswerten umzugehen, anzweifelte, fand sie Morrigan Avery kalt oder berechnend. Im Gegenteil, sie mochte sie. Egal, wie einschüchternd, elegant und weltgewandt die Ältere daher kam, Gloria wusste oder besser glaubte zu wissen, dass es nur aus der wichtigen Stellung, die sie unter den Immaculates einnahm, herrührte. Dahinter verbarg sich ein großes, liebendes Herz, das einem nicht verborgen blieb, sofern man sich die Mühe machte und mehr als nur das wunderschöne Äußere Morrigans wahrnahm.
Gloria war ihr sehr dankbar, dass sie sich die Zeit nahm, mit ihr zu sprechen. Sie hätte dieses Treffen auch ablehnen können.

    Morrigan lehnte sich nun endlich bequem gegen die Lehne und wandte sich mit einem müden Lächeln Gloria zu, um sich erst einmal dem dringlicheren Thema zuzuwenden. Finanzielle Formalitäten konnte sie später klären.
    „Es hört sich bestimmt kalt und berechnend für dich an, wenn ich von dem Vermächtnis deiner Eltern spreche, doch das ist das weniger heikle Thema und ich wollte, dass das Mittel zuerst seine Wirkung zeigt, bevor ich mich zu den weit aufwühlenderen Tatsachen äußere, die dir bestimmt großen Kummer bereiten. Es ist absolut nichts Verwerfliches daran, zuzugeben, dass dir das Blut geschmeckt hat. Ich weiß von dem Vorfall. Es war nicht ganz richtig von Mr. Cullen, so zu handeln, aber er wollte dir helfen. Vielleicht trieb in sein schlechtes Gewissen an, aber er wollte dir nicht schaden. Du bist eben nicht mit unseren Bräuchen aufgewachsen, sonst wärest du von klein auf an den Geschmack von Blut gewöhnt gewesen. Deine Mutter und ich als deine Patin haben es dir schon als Säugling verabreicht, immer nur ein paar kleine Tropfen. Natürlich ist die Umwandlung eine sehr einschneidende Erfahrung und auch für junge Frauen, die mit den Bräuchen der Immaculate groß geworden sind, ist es eine Zeit der Unsicherheit. Manche finden den Einen, mit dem sie ihr Leben verbringen wollen und planen diesen Schritt mit ihm, so wie deine Mutter es getan hat. Andere erwählen einen vertrauenswürdigen Verwandten oder Freund der Familie, wenn ihre Gesundheit stabil ist. In Ausnahmefällen wird sozusagen zu einer Notumwandlung gegriffen. Der Angriff hat dich beinahe deines ganzes Blutes beraubt, das ja eigentlich der Mann trinken sollte, der dich durch die Umwandlung hindurch begleitet. Nun bleibt nicht mehr genug, das er nehmen kann, um daraus Kraft für die eigene Spende zu schöpfen, wenn er nicht schon von vorneherein sehr stark ist. Aber es gibt solche Männer in unserer Gesellschaft. Gute Männer, die eine solche Rettung nicht zum ersten Mal tun. Ich selbst habe es auch schon getan. Vielleicht beruhigt es dich, wenn ich dir sage, dass es für uns eine heilige Erfahrung ist, mit jemandem das Blut zu teilen, dem wir damit neues Leben schenken dürfen. Ich tat es schon für vollkommen Fremde, ohne dass ich mich dabei schlecht gefühlt hätte. Es gehört zu unserer Kultur dazu. Du wirst also nur auf Verständnis treffen, wenn es um

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