Die Suenden der Vergangenheit
diese Sache geht. Da dein Zustand nun aber stabil ist, hast du noch genug Zeit, dich in der Gesellschaft umzusehen und für dich selbst festzustellen, dass niemand dir zu nahe treten wird. Du bist eine Breed, du gehörst zu uns, wir sorgen uns um dich. Du wirst deine innere Stärke bald wiederfinden, Gloria. Du bist geschwächt und durcheinander, das ist nur zu verständlich. Es ist alles sehr viel auf einmal. Niemand erwartet von dir, dass du alles hinter dir lässt und unsere Art zu leben einfach als die deine akzeptierst. Es ist und bleibt deine Entscheidung, wir wollen nur dafür sorgen, dass sie dir nicht noch schwerer gemacht wird."
Morrigan lächelte schmerzlich, weil sie nicht mehr als Worte zu bieten hatte. Sie wünschte, es wäre nicht so weit gekommen, doch sie würde alles tun, damit Mathilda am Ende nicht triumphierte. Es war ein sehr schmaler Grat, auf dem sie gerade wanderte.
Wenn Morrigan über die Umwandlung sprach, dann klang es in der Tat nach etwas sehr Anspruchsvollem. Nach besagter heiliger Geste, wie sie es so würdevoll umschrieb. Nicht mehr nach barbarischem Austauschritus, der Gloria bis ins Mark ängstigte, da sie nicht glauben konnte, das man(n) dazu fähig sein würde, seine niederen Instinkte bei all dem Blut und dem Austausch zu beherrschen. Schon gar nicht, wenn sie vollkommen aus dem Zusammenhang die schrecklichen Worte hinzuzog, die Romy und Nico benutzt hatten, um es für Gloria sinnbildlich zu umschreiben. ... nie gekannte Lust.
Gloria zog nicht in Erwägung, diese irgendwann einmal erfahren zu wollen, aber was war, wenn ihr Partner mittendrin anders darüber dachte? Gegen ihren Willen und so stark, dass sie dann garantiert doch sterben würde? Zumal auch von Fesseln für sie die Rede gewesen war, denen sie sich ebenfalls nicht entziehen konnte.
Mit gut und ehrbar hatte sich das was, wenn man gegen den eigenen Teufel im Leib nicht mehr ankam.
Gloria seufzte. Vielleicht sollte sie anfangen, das Ganze nicht mehr so schwarz und negativ zu sehen.
Morrigan hatte gesagt, dass ihr noch genug Zeit blieb, um in Ruhe eine Entscheidung zu treffen. Niemand würde gegen ihren Willen agieren oder sie zu etwas überreden, das sie nicht wollte. Ohne sie so gut kennen zu müssen, wie ihre Mutter das getan hatte, vertraute Gloria dieser Frau. Sie war erfahren und würde garantiert recht behalten. Gloria würde lernen und sich mit den Gebräuchen der Immaculates vertraut machen. Sie würde nicht weglaufen und auf den Tod warten.
„Ich denke, Sie haben Recht, Mrs. Avery. Ich vertraue Ihnen. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, aus mir das zu machen, was sich meine Mutter und Sie sich für mich gewünscht hätten. Sie haben mich zwar nicht aufziehen dürfen, aber wenn Sie möchten, können Sie mir helfen, das zu werden, wozu ich bestimmt bin. Helfen Sie mir, meinen Weg in dieser Gesellschaft zu finden, Morrigan. Sie sind die Einzige, der ich in diesem Punkt vertraue.“
Nico und Romy meinten es sicher gut mit ihr, doch bei Morrigan hatte Gloria wenigstens die Versicherung, dass auch ihre Mutter ihr blind vertraut hätte.
„Du klingst wie deine Mutter, Gloria. Sie bat mich damals auch um meine Unterstützung mit beinahe denselben Worten. Es fiel mir auch sehr schwer, sie dazu zu bringen, mich endlich Morrigan zu nennen. Ich trage zwar diesen für dich bestimmt ominösen Titel der Patrona, doch im Privatleben möchte ich einfach nur ich selbst sein. Ich will dir gerne eine Freundin und Vertraute sein, das wäre eine Ehre für mich. Du stehst nicht allein da, ich werde an deiner Seite sein und dir helfen, dich bei uns zurecht zu finden. Aber mehr kann ich nicht leisten. Wenn es um deine Tante geht, dann werden die ehemaligen Breeds dir beistehen. In diese Seite der Angelegenheit darf ich mich nicht einmischen. Damit würde ich meine Kompetenzen überschreiten. Ich mag ein Haus anführen, doch es gibt ein oberstes Gericht, dem auch ich Folge leisten muss Wenn du tatsächlich den Ehrgeiz hast, die Pläne deiner Eltern weiter zu verfolgen, dann wirst du dich auch mit seiner Vertreterin auseinandersetzen müssen. Wir nennen sie das Orakel, weil sie unser spirituelles Oberhaupt ist. Aber das müssen wir heute nicht vertiefen. Gehen wir lieber einen Schritt nach dem anderen!“
Morrigan lächelte schon zuversichtlicher, weil sie spürte, dass Gloria willens war, sich wirklich auf die Immaculates einzulassen. Sie war nun mit ihrem Wunsch nach Unterstützung praktisch schon in ihre Mitte aufgenommen
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