Die Suenden der Vergangenheit
ewig. Er hätte weinen können vor Glück.
Nico bewegte sich als erste und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf den Mund, der ihn veranlasste, die Augen wieder zu öffnen und nicht einfach mit ihr gemeinsam in einen erholsamen Schlaf zu driften. Er erwiderte ihr Lächeln mit ebenso trägem Blick und verlagerte seine Umarmung so, dass sie es am bequemsten hatte. Damon schmiegte sein Gesicht in die Liebkosung ihrer Hand, setzte sich aber gleich darauf höchst besorgt auf Nicos plötzliche Reaktion aufrecht und stützte seinen Oberkörper auf seine Unterarme ab, weil er nicht weiter kam.
„Nico, was ist los?“
Auch er hatte gedacht, dass das Schlimmste überstanden war, doch nun saß sie auf ihm und hielt sich mit scheinbar schmerzverzerrter Miene den Bauch.
Und dann sah er es. Diese leuchtende Röte, die ihren gesamten Körper für Sekunden überzog wie heiß brennendes Präriefeuer, das genauso schnell und heftig vorüberzog, wie es gekommen war. Damon sah sie mit vor Erstaunen weit offen stehenden Augen an. Sprachlos. Er hatte keine Antwort darauf, was das gewesen sein könnte. Das hier war schließlich seine erste Umwandlung. Er wusste nur, dass alles gut gegangen war, sofern die Frau überlebte und Fangzähne hatte. Über weitere Folgen oder Nebenwirkungen wusste er nicht Bescheid.
Nico war allerdings nicht weiter beunruhigt. Sie war schon dabei, ihre bandagierten Handgelenke auf ihre Funktionsfähigkeit zu prüfen, als Damon noch darüber nachgrübelte, was das gewesen sein könnte. Als allerdings eine neue, frische Zimtwolke in seine Nasenlöcher wehte, überkam ihn neue Lust, die ihn seine Fragen vergessen machte.
„Nicht schüchtern sein, Liebste! Das hast du überhaupt nicht nötig“, hauchte er ihr entgegen und zog sie zu sich herunter, als sich auf ihren Lippen dieses verlegene Lächeln zeigte. Es störte ihn überhaupt nicht, sie auf sich sitzen zu haben. Ihr Gewicht hatte sich im verwandelten Zustand nicht geändert. Sie sah immer noch genauso zart und zerbrechlich aus wie vor einer knappen Stunde.
Doch das täuschte. Neue, noch ungebändigte Kraft schlummerte in ihr. Mit ein bisschen Geschick und Übung legte sie ihn demnächst noch viel schneller aufs Kreuz, als Mélusina das getan hatte. Sie würde ihrem Schutzgeist alle Ehre machen.
Bei diesem Gedanken lächelte Damon an ihrem Mund, bevor er sie zum wiederholten Mal schwindelig küsste. Diesmal liebte er sie behutsam und mit einem ungezügelten Fluss an Liebesschwüren, unter dem er glaubte, sie wieder erröten zu sehen. Und irgendwann schliefen sie eng aneinander geschmiegt, bedeckt von einem der seidigen Laken, in dem riesengroßen Bett ein, das Dovie so liebevoll für sie vorbereitet hatte.
Draußen schien noch immer hell strahlend der Mond. Die Nachtigallen sangen weiterhin ihre Lieder und in den Gräsern und Büschen zirpten die Zikaden. Doch in diesem romantischem Schlafzimmer in dem Sommerhäuschen auf Salamas Insel im See schien für eine ganze Weile der Nacht trotzdem die Zeit stillgestanden zu haben.
Montag, 30. Juli; nachts
Nico wachte ein paar Stunden später mitten in der Nacht auf. Es musste weit nach Mitternacht sein. Sie wusste zuerst nicht, wo sie war, doch dann spürte sie Damons warmen Körper an ihrer Seite und hörte seine ruhigen und regelmäßigen Atemzüge. Sie lagen einander zugewandt auf der Seite und so konnte sie ihm ins Gesicht sehen und es in Ruhe studieren, womit sie Stunden hätte zubringen können, wenn in ihr nicht das Verlangen aufgestiegen wäre, es mit ihren Fingerspitzen andächtig zu berühren und zu liebkosen.
Es war beinahe unfassbar, hier bei ihm zu liegen. Als Immaculate, auch wenn sich scheinbar nichts verändert hatte außer ihrer Fangzähne. Noch vor 24 Stunden hatte sie gedacht, dass ihr Leben vorbei wäre. Ohne ihn.
Tränen stiegen auf und machten ihre Sicht unscharf. Sie wagte kaum zu atmen, aber schließlich musste sie sich von ihm fortbewegen, weil sie kaum noch das Schluchzen, das in ihrer Kehle steckte, zu unterdrücken vermochte. Die ganze Angst, ihn verloren geglaubt zu haben, nicht gut genug für ihn zu sein, niemals wirklich ihren Platz in den Reihen der Immaculate zu finden, brach über sie herein und musste irgendwie raus.
Sie nutzte aus, dass er sich auf den Rücken drehte und seinen schweren Arm von ihr nahm, um zum Fußende des Bettes hin zu kriechen, wo sie sich hinkauerte, die Knie angezogen und das Gesicht in den verschlungenen Armen vergraben, um so wenig Laut wie möglich zu
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