Die Suenden der Vergangenheit
Allerdings dränge ich wohl zu sehr, weil es nicht abwarten kann, deinen Antrag anzunehmen. So ehrlich sollte ich dir gegenüber schon sein. Manchmal möchte ich Bekky packen und schütteln, um sie zur Vernunft zu bringen, nur damit ich endlich Frieden finde. Dann will ich die Zeremonie einfach anberaumen und auf ihre Unterstützung verzichten.“
Romys Miene wurde weich, zeigte all die Unsicherheit und die Trauer, die ihr diese Unstimmigkeiten bereiteten.
„Aber sie ist meine Schwester, meine Familie! Ich möchte nicht auf ihre Anwesenheit verzichten und ich möchte nicht, dass sie dabei steht und meine Entscheidung, dich zu heiraten, mit saurer Miene untermalt. Und bitte werd jetzt nicht wütend auf sie, das macht es mir nicht gerade leichter, auch wenn ich deine Reaktion gut nachvollziehen kann. Ich muss endlich aufhören, sie vor allem und jedem beschützen zu wollen. Rebeka ist kein Kind mehr. Ich habe Gloria auch nicht besonders mit der Wahrheit verschont, ich bin dazu verpflichtet, Bekky ebenfalls diese Offenheit angedeihen zu lassen.“
Rebeka.
Rys' strahlende, selbstzufriedene Miene verdüsterte sich wieder. Ein wenig resigniert, da er Romys kleine Schwester im Grunde genauso wenig außen vor lassen wollte wie sie selbst, strich er seiner Soulmate mit einer Hand über das Haar und spielte mit einer dunklen, noch leicht feuchten Strähne.
„Gloria versucht aber wenigstens, sich den neuen Umständen anzupassen. Sie wurde vollkommen aus ihrer alten Umgebung herausgerissen und wohnt sogar hier, ohne bei der kleinsten Gelegenheit auszurasten und ihr Apartment zu verwüsten. Sie ist von allein auf Morrigan zugegangen und obwohl sie eine Heidenangst vor uns allen hat, versucht sie, zurechtzukommen. Bekky dagegen... Romy, versteh mich nicht falsch, aber du weißt selbst, dass sie mit ihrem Verhalten irgendwann selbst deine Unterstützung verliert. Ich bin nicht wütend auf sie, aber ich werde es, weil ich nicht mit ansehen kann, wie sehr du dich um sie bemühst, nur um hinterher wieder zurückgewiesen zu werden. Sie tut dir weh, Romy. Sie tut dir nicht gut. Zumindest im Moment nicht. Sie weiterhin mit Samthandschuhen anzufassen, wird nichts bringen. Gerade weil sie kein Kind mehr ist.“
So offen durfte er bestimmt auch zu ihr sein. Im Gegensatz zu Bekky meinte er es ja nicht boshaft oder mit dem Willen, die jüngere von der älteren Schwester abzugrenzen. Bekky hatte diese Grenze selbst gezogen und baute die Mauer immer höher. Allerdings wurde nur Romy dabei krank, während Rebeka weiterhin ungehindert Pläne zu schmieden schien und ihre Schwester dabei zu sehen und zurückstecken ließ.
„Schon gut, ich halte mich zurück. – Versprochen.“
Chryses drückte Romy ebenfalls fest an sich, als sie ihn umarmte. Er verstand ja, was in ihr vorging und dass sie nur das Beste für alle Beteiligten wollte.
Romy ließ ihren Kopf gegen seine Schulter sinken und umarmte ihn so fest sie konnte. Die Vergangenheit konnte erst ruhen, wenn man diese verarbeitete. Sie beide hatten nun einiges erfahren, was ihnen ordentlich zu schaffen machen würde.
„Ich muss dir gestehen, dass ich schon längst ein Kleid ausgesucht habe, Rys. Es hängt im Schrank in meinem Zimmer im Castle Harpyja. Ich bin gern vorbereitet, du verstehst…? Ich hätte wohl noch ein paar Monde verstreichen lassen, bis ich endlich zu Rebeka durchgedrungen wäre... oder auch nicht, aber ich kann mein und dein Leben ihretwegen nicht aufs Abstellgleis stellen. Jedenfalls nicht, wenn sie die ganze Wahrheit kennt. Sie hat mir in der Nacht der Umwandlung hoch und heilig versprochen, mich zu unterstützen und den Immaculate eine Chance zu geben… Ich werde ihr ebenfalls noch eine Chance geben, ihr Wort doch noch zu halten. Ich möchte gern das Grab meines Vaters besuchen, gemeinsam mit dir und Bekky und Theron… und den anderen Kriegern, wenn sie das möchten. Ich möchte richtig Abschied von ihm nehmen und danach… würde ich mich sehr freuen, wenn wir unsere Verbindung öffentlich mit einer Zeremonie besiegeln würden“, bat ihn Romy mit erstickter Stimme, weil ihr nun doch die Tränen in die Augen geschossen waren. Eine verrückte Mischung aus Entschlossenheit, Trauer, Einsicht und Glück.
Aber auch sie meinte jedes Wort ernst, weil sie sich nichts Besseres vorstellen konnte, als sich mit Rys zu verbinden. Sie verschwendete keine Gedanken an die Zeitspanne, die sie sich kannten, das war nicht wichtig. Nur er war wichtig und dass sie ihn in ihrem
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